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#Fossile Alge mit modernen Merkmalen

„Fossile Alge mit modernen Merkmalen

In Südchina haben Paläontologen dreidimensional erhaltene Fossilien einer 541 Millionen Jahre alten Grünalge gefunden. Detaillierte Untersuchungen der äußeren und inneren Struktur offenbarten, dass die neu entdeckte präkambrische Algengattung zu einem bekannten Stamm moderner Algen gehört und erstaunliche Ähnlichkeit mit den heute lebenden Exemplaren aufweist. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Diversifizierung der Algen und der Vorfahren der Landpflanzen bereits früher begann als bisher angenommen. Überdies werfen sie ein neues Licht auf weitere Fossilfunde aus der Epoche.

Die meisten heutigen Tier- und Pflanzenstämme entstanden im Kambrium, das vor rund 541 Millionen Jahren begann. Doch schon lange vor der sogenannten kambrischen Artenexplosion wimmelte es in den Ozeanen von Leben. Von der Epoche vor dem Kambrium, dem Ediacarium, das vor 635 Millionen Jahren begann, zeugen unter anderem Fossilien in der Dengying-Formation in der südchinesischen Provinz Shaanxi. Dieser Fundort bietet außergewöhnliche Bedingungen, die dazu beitragen, dass auch Organismen erhalten bleiben, die anders als beispielsweise Muschelschalen und Knochen keine Mineralien aufnehmen. Bei diesen Organismen wurde das ursprüngliche organische Material im Laufe der Jahrmillionen durch Phosphat ersetzt und so in seiner ursprünglichen Struktur erhalten.

Protocodium sinense
Protocodium sinense im Elektronenmikroskop (A) und unter Röntgentomographie. © Shu Chai, Cédric Aria und Hong Hua

Dreidimensional erhalten

Ein solches außergewöhnlich gut erhaltenes Fossil aus dem Ediacarium beschreibt nun ein Forschungsteam um Shu Chai von der Northwest University im chinesischen Xi’an: eine kugelförmige, einzellige Alge mit einem Durchmesser von rund einem halben Millimeter. Während alle zuvor bekannten Algenfossilien aus dieser Zeit lediglich als zweidimensionale Abdrücken erhalten sind, weist das neu entdeckte Fossil eine gut konservierte dreidimensionale Struktur auf.

Mit Hilfe von Röntgen- und Elektronenmikroskopie machten Shu Chai und seine Kollegen die inneren und äußeren Strukturen des Fossils sichtbar – und stellten fest, dass die mehr als 541 Millionen Jahre alte Grünalge überraschende Ähnlichkeit zu heute verbreiteten Codium-Algen aufweist. Diese kommen in vielen Meeren weltweit vor und breiten sich invasiv in neue Lebensräume aus. Dabei profitieren sie vom globalen Handel und verbreiten sich zum Beispiel im Schlepptau kommerziell gezüchteter Muscheln.

Moderne Struktur

In Anlehnung an ihre modernen Verwandten gaben die Forscher der neu entdeckten fossilen Gattung den Namen Protocodium und benannten die Art nach ihrem chinesischen Fundort als Protocodium sinense. „Protocodium gehört zu einem bekannten Stamm von Grünalgen und weist eine überraschend moderne Architektur auf, die zeigt, dass diese Algen bereits vor dem Ende der Ediacarium-Periode gut diversifiziert waren“ sagt Chais Kollege Cédric Aria.

Die fossilen Algen liegen als kleine Kügelchen vor, die auf der Außenseite eine Vielzahl kleiner Kuppeln aufweisen. Die 3D-Untersuchungen enthüllten, dass vielfach gewölbte Oberfläche jeder Kugel Teil einer einzigen komplexen Zelle ist, die mehrere Zellkerne enthält und von dünnen Strängen, sogenannten Siphons, durchzogen ist. Diese Morphologie gilt auch bei modernen einzelligen Algen als typisch. „Es ist sehr aufschlussreich, dass ein solcher Organismus über mindestens 540 Millionen Jahre praktisch unverändert geblieben ist“, sagt Aria. „Bis zum Ediacarium hatte die Evolution ihn in eine stabile Anpassungszone getrieben, in der er sich seither wohlfühlt, und das sogar recht erfolgreich.“

Älter als gedacht

Den Forschern zufolge ist die Entdeckung bedeutsam für die Datierung der Ursprünge des gesamten Pflanzenreiches. „Wir wissen, dass algenartige Fossilien mindestens eine Milliarde Jahre alt sind“, sagt Chai. Diese zeitliche Zuordnung muss nun womöglich weiter in die Vergangenheit verschoben werden. Denn wenn bereits vor mehr als 541 Millionen Jahren eine Alge vorkam, die sich einem modernen Stamm zuordnen lässt, ist es wahrscheinlich, dass der letzte gemeinsame Vorfahr von Algen und Landpflanzen noch deutlich früher existierte.

Das Wissen um die Verbreitung und Diversifizierung der Grünalgen im Ediacarium kann auch dabei helfen, andere Fossilien, die lediglich zweidimensional erhalten sind, besser zu bestimmen. „Die Details der dreidimensionalen Morphologie laden dazu ein, die Identifizierung anderer Ediacarium-Algen neu zu bewerten, um besser zwischen Ein- und Mehrzelligkeit unterscheiden zu können“, schreiben die Forscher. „Zudem legen sie nahe, dass einzellige Codium-ähnliche Formen viel älter und weit verbreitet sein könnten.“

Quelle: Shu Chai (Northwest University, Xi’an, China) et al., BMC Biology, doi: 10.1186/s12915-022-01394-0

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