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#Frau Schaller und die Angst der Hausbesitzer

Derart gefragt zu sein ist neu für Christine Schaller. Auch, dass die Politik in ihrem Job plötzlich eine so große Rolle einnimmt. Über Fördertöpfe und Bauvorschriften musste die Energieberaterin schon immer Bescheid wissen, aber gerade sind die Themen ein paar Nummern größer. Der Krieg in der Ukraine, die steigenden Gaspreise. Dazu noch der Kampf gegen den Klimawandel: In Berlin verbieten sie faktisch Öl- und Gasheizungen, in Brüssel diskutieren sie eine Dämmpflicht für Gebäude. Da suchen viele Schallers Rat.

Als sie vor zwanzig Jahren als Energieberaterin für die Verbraucherzentrale Nürnberg anfing, wurde Schaller oft noch belächelt. Jetzt erzählt sie wie viele andere in der Branche von langen Wartelisten und Kunden, die sie mit Onlinekursen vertrösten muss. „Die Leute rennen uns seit dem Krieg die Bude ein, wir können den Andrang kaum bewältigen.“ Die Geschichten, die Schaller gerade erlebt, geben einen Eindruck davon, dass das mit der Wärmewende komplizierter werden könnte, als sich die Bundesregierung das vorstellt.

Christine Schaller will, dass es gelingt. Das mit der Energieberatung macht sie aus Überzeugung. Schaller, die als freie Architektin arbeitet, wenn sie nicht gerade als Honorarkraft für die Verbraucherzentrale unterwegs ist, fährt ein E-Auto und engagiert sich ehrenamtlich in einem Eine-Welt-Laden. Als sie 2007 in Schwaig bei Nürnberg ein Haus aus den Fünfzigern kaufte, dämmte sie erst einmal ordentlich, verlegte eine Fußbodenheizung und baute sich eine Photovoltaik- und eine Solaranlage aufs Dach. Bald will sie sich eine Wärmepumpe anschaffen. „Mir geht es schon darum, dem Klimawandel entgegenzuwirken“, sagt sie.

Seit zwanzig Jahren Energieberaterin: Christine Schaller im Garten der Familie Kuhl, deren Haus sie vom Keller bis in die Dachspitze untersucht.


Seit zwanzig Jahren Energieberaterin: Christine Schaller im Garten der Familie Kuhl, deren Haus sie vom Keller bis in die Dachspitze untersucht.
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Bild: Tobias Schmitt

Was die Politik zurzeit macht, verfolgt Schaller dennoch mit Befremden. „So wie das gerade läuft, schafft das nur Verunsicherung“, glaubt sie. Als Schaller das sagt, ist die Diskussion über die Idee aus dem Wirtschaftsministerium, von 2024 an den Einbau von Öl- und Gasheizungen zu untersagen, gerade in vollem Gange. Seit dem Beschluss des Kabinetts am Mittwoch ist vieles klarer, aber die Unsicherheit damit nicht verschwunden. Wozu diese Verunsicherung führt, merkt Schaller immer wieder. Im vergangenen Jahr etwa hatten viele ihrer Kunden noch Angst, ihre Rechnungen nicht mehr zahlen zu können, und wollten so schnell wie möglich weg vom Gas – jetzt wollen plötzlich viele noch schnell eine Gas- oder Ölheizung einbauen, bevor es verboten wird.

Verunsicherung spürt man auch bei Familie Kuhl im Nürnberger Stadtteil Thon, deren Haus Schaller an einem wolkenverhangenen Morgen vom Keller bis in die Dachspitze inspiziert. Im Jahr 2020 haben Dana und Johannes Kuhl die Immobilie gekauft: ein Reihenendhaus, vom Vorbesitzer relativ frisch saniert, mit kleinem Garten. Das, wovon viele junge Familien träumen, findet Dana Kuhl zurzeit „schon auch belastend“, erzählt sie mit Blick auf die vielen Krisen und Debatten. „Man weiß nicht, wo das alles hingeht“, sagt sie. „Auch für uns sind das große finanzielle Belastungen.“ Ihr Mann arbeitet als Ingenieur in der Autobranche, sie ist Ärztin, nach der Geburt der gemeinsamen Tochter gerade aber in Elternzeit.

Dana und Johannes Kuhl haben sich nicht wegen Wirtschaftsminister Habeck an die Verbraucherzentrale gewandt, sie wollten sich schon länger einfach mal informieren, was sich an ihrem Haus noch so machen ließe. Er ist technikbegeistert und hat in Gedanken schon das Dach und die Garage mit Photovoltaik-Modulen zugedeckt. Sie nennt sich selbst die „Bremserin“, und jetzt wollen sie einfach mal den Rat einer Fachfrau.

Soll erst mal bleiben: Kuhl zeigt Schaller die Gastherme im Keller.


Soll erst mal bleiben: Kuhl zeigt Schaller die Gastherme im Keller.
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Bild: Tobias Schmitt

Von einer Photovoltaikanlage rät Christine Schaller den Kuhls dann nach wenigen Minuten ab. Nach einem kurzen Blick in die Unterlagen der Familie weiß die Energieberaterin, dass die drei deutlich weniger Strom verbrauchen als der Durchschnitt. „Bei ihrem niedrigen Verbrauch wird sich eine Photovoltaikanlage nicht rentieren“, sagt sie. Die Anschaffung, die Fixkosten, das müsste man erst mal wieder reinholen. „Aber so was kann sich schnell ändern, vielleicht wächst die Familie ja noch mal, und mit einem Teenager verbraucht man gleich viel mehr.“

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