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#Frauen in der Politik: Hass auf Politikerinnen

Frauen in der Politik: Hass auf Politikerinnen

Wiebke Winter bekommt manchmal Penisfotos zugeschickt. Die 25 Jahre alte Nachwuchspolitikerin aus Bremen sitzt im Bundesvorstand der CDU. Ein Kommentator wollte die Gaskammern von Auschwitz wieder eröffnen, nur für sie. Ein Mann wollte sie vergewaltigen, bis sie stirbt.

Justus Bender

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Morten Freidel

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Ein anderer schrieb: „Niemand wird dich je lieben. Du bist so eklig. Ich hasse dich von ganzem Herzen. Einsperren und aushungern lassen sollte man dich zusammen mit Hitler, Stalin, Mortler“, gemeint war in dieser Aufzählung kurioserweise Marlene Mortler, die frühere Drogenbeauftragte der Bundesregierung. „Männer kriegen das so nicht“, sagt Winter. Erzählt sie befreundeten Politikern vom Inhalt ihres Postfachs, sagen die oft: „Dein Ernst?“ Oder: „Boah, so krass war es bei mir nicht.“

Dorothee Bär von der CSU hatte ein richtiges Aha-Erlebnis. Sie saß in der Parlamentarischen Gesellschaft, und einige Männer aus der Unionsfraktion erzählten im Plauderton, wie viel Hass sie gerade für ein Gesetz geerntet hatten, wütende E-Mails, Anrufe, solche Sachen. Bär kannte das als Digitalbeauftragte der Bundesregierung aus ihrem eigenen Postfach, mit nur einem Unterschied.

Sie fragte die Männer, ob sie auch ständig sexualisierte Beleidigungen erhielten. Sie nannte explizite Beispiele, die sie in der Öffentlichkeit nicht wiederholen will. Die Abgeordnete waren schockiert. Das habe „noch einmal eine andere Dimension, die sie sprach- und fassungslos macht, sagen mir meine männlichen Kollegen“.

„Ich lebe in einer ganz anderen Realität“

Einmal wurden die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages gefragt, ob sie weiterhin dafür seien, dass ihre Privatadressen auf den Wahlzetteln stünden. Die Vizepräsidentin des Landtages, Aminata Touré, stand dabei und hörte, wie viele ihrer männlichen Kollegen sagten, dass sie damit kein Problem hätten, sie wollten doch bürgernah sein. „Ich dachte, okay, das mag deine Realität sein. Ich würde meine Bürgernähe auch gerne durch das Offenlegen meiner Adresse darstellen, aber ich lebe in einer ganz anderen Realität.“ Touré ist schwarz, jung und grün. Sie kennt viele Formen von Hass.

Staatsministerin Dorothee Bär im Bundestag im Oktober 2020


Staatsministerin Dorothee Bär im Bundestag im Oktober 2020
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Bild: dpa

Bär kann sich noch an ihre erste Morddrohung erinnern, das war im Jahr 2002, sie war gerade neu im Bundestag. Jemand aus dem Wahlkreis hatte ihre einen langen Brief geschrieben, ganz altmodisch, darin stand, wie er sie töten wolle. Heute kommen solche Schreiben öfter und über das Internet, manchmal schon, während Bär noch eine Rede hält. „Der Hass und die Gewaltbereitschaft gegenüber Politikerinnen haben sich wesentlich potenziert über die Jahre“, sagt sie.

Hilfe für Menschen, die im Internet bedroht werden

Bei HateAid haben sie damit Erfahrung. HateAid hilft Menschen, die im Internet bedroht werden. Wer Hassnachrichten bekommt, wird beraten, in schlimmen Fällen gibt es eine Prozesskostenbeihilfe. Zur Beratung kommen sechzig Prozent Frauen, vierzig Prozent Männer. Unter den schlimmen Fällen, die vor Gericht landen, steigt der Frauenanteil auf 73 Prozent. Die Chefjuristin von HateAid, Josephine Ballon, sagt: „Das bestätigt uns sehr stark in unserem Gefühl, dass das, was Frauen erhalten, sehr viel häufiger justiziabel ist.“

Die BBC analysierte vor zwei Jahren zusammen mit einer Denkfabrik die Seiten von europäischen Politikerinnen in sozialen Netzwerken und kam zu dem Schluss, dass Frauen in der Politik stärker von Hassrede betroffen sind als Männer. Die BBC nannte allerdings keine Zahlen.

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