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#Frieden mit oder ohne Waffen?

„Frieden mit oder ohne Waffen?“

Olaf Scholz hat Post. Zwei offene Briefe sind ihm zugegangen. Im ersten fordern 28 Prominente aus Kultur und Gesellschaft den Bundeskanzler auf, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern, weil das die Gefahr eines Atomschlags und des dritten Weltkriegs erhöhe. Die Ukraine solle den Kampf gegen die russische Invasion besser aufgeben. Die 57 Erstunterzeichner des zweiten Briefs (unter anderem Gerhart Baum, Marieluise Beck, Mathias Döpfner, Daniel Kehlmann, Igor Levit, Herta Müller, Armin Nassehi, Karl Schlögel und Marina Weisband) raten zum Gegenteil: Nur wer die Ukraine mit Waffen unterstütze, könne dem Vernichtungswillen des russischen Machthabers Wladimir Putin begegnen.

Die einen, deren Brief die Zeitschrift „Emma“ veröffentlicht hat, hoffen auf Verhandlungen, einen Waffenstillstand und dass alles gut wird, wenn die Ukrainer sich nicht mehr verteidigen. Die anderen, deren von dem früheren Grünen-Politiker Ralf Fücks angeführter Appell am Mittwoch auf die Plattform change.org ging, sagen, jeder Tag zähle – angesichts „der Konzentration russischer Truppen im Osten und Süden der Ukraine, der fortgesetzten Bombardierung der Zivilbevölkerung, der systematischen Zerstörung der Infrastruktur, der humanitären Notlage mit mehr als zehn Millionen Flüchtlingen und der wirtschaftlichen Zerrüttung der Ukraine infolge des Krieges“.

Putins Ziel: „die Vernichtung der Ukraine“

Man brauche keine „Militärexpertise, um zu erkennen, dass der Unterschied zwischen ,defensiven‘ und ,offensiven‘ Rüstungsgütern keine Frage des Materials ist: In den Händen der Angegriffenen sind auch Panzer und Haubitzen Defensivwaffen, weil sie der Selbstverteidigung dienen.“ Putins „erklärtes Ziel“ sei „die Vernichtung der nationalen Eigenständigkeit der Ukraine“. Habe sein „bewaffneter Revisionismus in der Ukraine Erfolg“, wachse die Gefahr, „dass der nächste Krieg“ auf Nato-Territorium stattfindet. Komme eine Atommacht damit durch, „ein Land anzugreifen, das seine Atomwaffen gegen internationale Sicherheitsgarantien abgegeben hat, ist das ein schwerer Schlag gegen die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen“.

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Worauf die Friedenshoffnung der Unterzeichner des ersten Briefs gründet, ist nicht leicht zu verstehen, schaut man auf Putins Kriegsplan und darauf, wie ihn die russische Armee umsetzt. Sie führt den Vernichtungskrieg, dessen Verbrechen sich zu dem verdichten, was Wladimir Klitschko „Völkermord“ nennt: Massenhinrichtungen, Massenvergewaltigungen, Massendeportationen, Versklavung, Auslöschen der Identität. Endet das, wenn die Ukrainer sich nicht wehren? Was für einen „Waffenstillstand“ ergäbe das, worüber würde verhandelt? Was befördern wir, wenn wir den Angegriffenen nicht mit Waffen beistehen?

Was geschieht, wenn die Ukraine kapituliert, sieht man in den Gebieten, welche die russische Armee erobert: Menschen, die aus Mariupol herausfinden, werden „filtriert“. Wer verdächtig ist, der ukrainischen Armee oder dem Widerstand anzugehören, wird erschossen oder gefoltert und verschleppt. Nur wenige kommen durch, Tausende verschwinden. Die Kreml-Generalität sagt, sie habe 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine „gerettet“. Unterdessen zerstört die russische Armee die Infrastruktur, nach ukrainischen Angaben hat sie 400.000 Tonnen Getreide geraubt.

Der Kreml, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu der Einlassung des russischen Außenministers Sergej Lawrow, die Juden seien an den Menschheitsverbrechen der Nazis schuld, habe „alle Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg vergessen“ oder „sie vielleicht nie gelernt“. Zu befürchten ist, dass Putin sehr wohl gelernt hat. Er wiederholt den Stalinismus, er wiederholt den Holodomor, er gibt seine Verbrechen als Taten der Opfer aus. Kaum war bei uns die Debatte im Gange, man solle der Ukraine keine Waffen liefern, sagte Putin dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der Westen müsse Waffenlieferungen sofort einstellen und könne so „dazu beitragen, diese Gräueltaten zu beenden“. Die Verantwortung für „Gräueltaten“ weist Putin selbstredend den Ukrainern zu.

Den „Emma“-Brief zu unterzeichnen sei ein Fehler gewesen, schreibt die Schriftstellerin Katja Lange-Müller in der SZ. Sie stehe zu ihrer Angst vor Russland. Aber musste der Brief die „grund- und schuldlos Angegriffenen, also die Ukraine, quasi zur Kapitulation auffordern“ und belehren? Bemäntele der moralische Furor nicht die eigene, berechtigte, selbstsüchtige Angst? Katja Lange-Müller war drei Tage in Estland. Von Menschen dort erfuhr sie, dass sie die Ukraine unterstützen. Gerade weil sie die Russen fürchten.

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