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#Großprojekte in Deutschland: Voll verplant

„Großprojekte in Deutschland: Voll verplant“

Deutschland hat in den nächsten Jahren viel vor: Neue Windparks, LNG-Terminals und robuste Autobahnbrücken müssen her, und das möglichst kostensparend und in Rekordgeschwindigkeit. In Zeiten explodierender Baukosten und einem notorischen Fachkräftemangel ist das schwierig genug. Aber darüber hinaus müssen auch die Belange von Haselmaus und Rotmilan berücksichtigt werden. Das Planungsrecht mitsamt den europäischen Vorgaben zur Ausschreibung, zum Natur- und Artenschutz ist reich an Fallstricken.

In Zeiten der Krise kann das keine Ausrede mehr sein, deshalb hat die Bundesregierung versprochen, aufs Tempo zu drücken. Sie will das Planungsrecht verschlanken, damit die Modernisierung kein uneingelöstes Versprechung mehr bleibt. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat dazu jetzt ein Maßnahmenpaket vorgestellt, das da ansetzt, wo das Problem besonders sichtbar wird: an deutschen Verwaltungsgerichtsprozessen. Dort landet früher oder später noch jedes Großprojekt und wird vor den Augen einer interessierten Öffentlichkeit auseinandergenommen. Änderungen in diesem Stadium können sich also einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein. Zu diesem Zeitpunkt ist das Kind aber längst in den Brunnen gefallen. Um wirklich etwas zu ändern, müsste wesentlich früher angesetzt werden: im Genehmigungsverfahren.

Fachkräftemangel in Behörden

Da mahlen die Mühlen der Bürokratie besonders langsam, weil es in den Behörden an Fachleuten und der notwendigen Ausstattung fehlt, weil Formulare ausgedruckt und Protokolle von Anhörungen abtippt werden müssen. Der Tesla-Milliardär Elon Musk soll beim Bau seiner Gigafactory in Brandenburg weniger an den Klagen bayerischer Umweltverbände verzweifelt sein als am Zustand der Verwaltung. Immerhin hatte er das nötige Geld und die Risikobereitschaft, um sich über langwierige Genehmigungsprozesse hinwegzusetzen. Er baute seine Fabrik ohne Genehmigung im Wissen, im Notfall alles wieder zurückbauen zu müssen. Der „Tesla-Weg“ gilt deshalb als Nonplus-Ultra im deutschen Planungswesen, als pragmatische Lösung für eigentlich unhaltbare Zustände. Aber die öffentliche Hand ist nicht Tesla, und auch private Bauträger dürften sich fragen, warum sie ins millionenschwere Risiko gehen sollten, nur weil der Staat kein effizientes Verfahren bereitstellen kann.

Buschmann will im Gerichtsverfahren mehr Pragmatismus walten lassen. Das ist schon mal ein guter Ansatz. Nicht jeder Mangel sollte ein Großprojekt in die Länge ziehen. Die Fehlertoleranz zu erhöhen, kann da helfen. Weniger überzeugend ist, die Gerichte anzuhalten, bedeutende Projekte vorzuziehen. Schließlich mangelt es Verwaltungsrichtern auch bisher nicht an der Erkenntnis, dass Großprojekte eine gewisse Dringlichkeit besitzen. Woran es mangelt sind Richterstellen, einheitliche Standards und klare Vorgaben.

Auch das Eilverfahren soll an Effektivität gewinnen, indem es künftig seltener den Planungsprozess aufhält. Für die Kläger, allen voran die Umweltverbände, wird das Eilverfahren damit unattraktiver. Gut möglich, dass das trotzdem wenig bringt. Sie können sich überlegen, ob sie lieber in Ruhe auf das Hauptsacheverfahren warten und an ihren Argumenten feilen. Nur wenige Projektträger dürften so mutig sein, in Elon-Musk-Manier schon die Millionen auf den Tisch zu legen, wenn der Ausgang des Verfahrens ungewiss ist.

Artenschutz contra Energiewende

So geht es nicht gerade in Siebenmeilenstiefeln voran. Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Frühsommer seine Gesetzesänderungen zum „naturverträglichen Windkraft-Ausbau“ gefeiert, die den großen Durchbruch ermöglichen sollen. Dazu sollen im Artenschutz bundeseinheitliche Standards gesetzt werden, damit nicht mehr jedes Land den Rotmilan nach eigenen Maßstäben behandelt. Auch beim „LNG-Beschleunigungsgesetz“ hat die Ampel die Zügel angezogen. Die Einspruchsfristen wurden verkürzt, die Umweltverträglichkeitsprüfung teilweise ausgesetzt. Das immerhin geht deutlich über das hinaus, was in Deutschland bisher üblich war. Nun müssen die Regeln den Praxistest bestehen.

Damit stellt die Ampelregierung erst einmal ihren klaren Willen zum Wandel unter Beweis. Natürlich hilft auch das auf dem weiten Weg. Doch werden die kleinen Stellschrauben die praktischen Probleme nicht beheben, vor denen Gerichte und Behörden Tag für Tag stehen. Auf ihren Schreibtischen türmen sich die Aktenberge zu Genehmigungsverfahren, deren rechtliche und tatsächliche Bewertung immer schwieriger wird. Hinzu kommen zahllose Beschwerden, mal von betroffenen Bürgern, mal von weniger betroffenen Umweltverbänden, selbst gegen Projekte, die für die Zukunft essentiell sind. Dass in Deutschland jeder Einwand akribisch geprüft wird, macht die Sache nicht einfacher. All das müsste angepackt werden. Nur geht das nicht alles per Gesetz.

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