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#Haben wir alles dabei: Geld, Messer, Trinkflasche, Amulett?

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Haben wir alles dabei: Geld, Messer, Trinkflasche, Amulett?

Das Römerlager Gelduba hat eine bewegte Geschichte. Auf dem Gelände am Rhein, im Gebiet des heutigen Krefeld gelegen, wurde zwei Jahre nach der blutigen Bataverschlacht 71 nach Christus ein Auxiliarlager errichtet, das später mehrfach zerstört und neu erbaut worden ist, was archäologische Forschungen aus den letzten Jahren weiter ausgeleuchtet ha­ben. Siedlungen um das eigentliche Lager entstanden oder wurden vergrößert und verstetigt, Werkstätten und Herbergen entstanden, Fachwerkbauten und Straßen. Irgendwann kam es im nördlichen Teil der Siedlung zu massiven Zerstörungen. Und ein gewisser Barsemias, Sohn des Barlaha, ritzte seinen Namen auf ein Tongefäß – in aramäischen Schriftzeichen.

Die Terra-Sigillata-Scherbe aus der Nähe von Gelduba ist Teil einer Ausstellung, die sich dem „Leben am Limes“ verschrieben hat und wiederum in einem größeren Zusammenhang steht: Unter dem Titel „Roms fließende Grenzen“ sind in Detmold, Xanten und Bonn bereits Ausstellungen zum Niedergermanischen Li­mes zu sehen, der im vorigen Sommer zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt worden ist (F.A.Z. vom 28. Juli 2021), zwei weitere, in Haltern am See und in Köln, öffnen im März und April. Sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte, inhaltlich und in der Wahl ihrer Methoden, etwa was die angestrebte Partizipation der Besucher angeht. Aber sie alle müssen sich fragen, wie man das eigentlich ausstellt, eine nasse Grenze des Römerreichs?

Fast zu schade zum Schneiden:Das Klappmesser mit Bernsteingriff in Form einer Herkulesfigur stammt aus einem in Zülpich entdeckten Sarkophag des dritten Jahrhunderts.


Fast zu schade zum Schneiden:Das Klappmesser mit Bernsteingriff in Form einer Herkulesfigur stammt aus einem in Zülpich entdeckten Sarkophag des dritten Jahrhunderts.
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Bild: LVR-LandesMuseum Bonn

Dass der Limes in der Realität nicht nur als starre Grenze angesehen werden kann, die Römer und Barbaren räumlich voneinander trennte und diesen Zu­stand konservieren sollte, liegt auf der Hand – die Bandbreite seiner Funktionen, besonders was die Stützpunkte betrifft, reichte zu unterschiedlichen Zeiten von der Basis für militärische Operationen zu weiterer Eroberung über die Regulierung von Handelsbeziehungen bis hin zum Kulturtransfer in Richtung unterworfener Gebiete. Das gilt auch auf jenem Limesabschnitt am Rhein, der zugleich als natürlicher Handelsweg genutzt wurde. Zugleich konzentrierte sich, wie durch archäologische Feldforschung der letzten Jahre immer deutlicher wird, am linken Rheinufer ein beachtliches militärisches Aufgebot der Römer, zudem unterstützte ein eigener Schiffsverbund auf dem Rhein, die Classis Germanica mit Sitz im heutigen Köln-Marienburg, die Legionen.

Die Ausstellung in Bonn ist anhand von drei Schwerpunkten strukturiert, die eng miteinander verwoben sind: Es geht den Kuratorinnen Tünde Kaszab-Olschewski und Susanne Willer um das militärische und das zivile Leben der Bevölkerung unter der Römerherrschaft im Bonner Raum sowie um deren Mobilität zu Wasser und zu Land. Sie schöpfen dabei aus den reichen Beständen des Museums, ergänzt durch Leihgaben. Und während viele Exponate in ihrem Typus nicht einzigartig sind, überraschen sie doch in ihrem besonders guten Erhaltungszustand, in ihrer Schönheit oder auch darin, dass sie wie unmittelbar aus dem Leben genommen erscheinen, wie etwa gleich zu Beginn eine nicht mehr fertiggestellte Kalkstein-Sonnenuhr aus Bonn.

Wer braucht schon Multimedia?

Tatsächlich ist das der größte Trumpf der geschickt inszenierten Ausstellung, die auf Multimedia weitgehend verzichtet: So, wie das archäologische Material hier ausgewählt und angeordnet worden ist, entsteht schon durch den Kontext und die Abfolge der einzelnen Abteilungen beim Besucher das seltsam ahistorische Gefühl, wie durch einen Türspalt in den Alltag von vor knapp zweitausend Jahren zu blicken. Es stellt sich noch am wenigsten im ersten Teil der Ausstellung ein, der dem Militär gewidmet ist und Waffen und Helme enthält – darunter allerdings ei­nen, der für die spezielle Anatomie seines Trägers modifiziert worden ist –, medizinisches Werkzeug wie Skalpellgriffe, Pinzetten oder Wundhaken, Schreibwerkzeug, das Grabmal eines germanischen Reiters namens Reburrus, der im römischen Militär diente, oder auch ein kleiner Mithras-Altar mit Eingriff von der Rückseite, um die Beleuchtung im Inneren zu ermöglichen.

Während dieser Bereich im großen Treppenhaus des Gebäudes gezeigt wird, geht es in den eigentlichen Ausstellungsräumen, die fließend miteinander verbunden sind, um den Alltag derer, die im jeweiligen Militärlager lebten oder sich in dessen Umfeld angesiedelt hatten, die für das Militär arbeiteten oder produzierten. Sie trieben Handel und nutzten dafür den Rhein, was hier etwa durch Amphoren, aber auch durch fein ausgeführte Be­schläge von Schiffsbalken gezeigt wird, oder sie waren auf den Römerstraßen unterwegs und passierten langgestreckte Siedlungen, Entfernungssteine, Heiligtümer am Wegesrand oder Grabmäler. Eine fünfköpfige Tonfigurengruppe aus dem zweiten Jahrhundert, gefunden im Be­reich des heutigen Mülheim-Kärlich, zeigt eine solche Reise, und Utensilien wie Geld, Messer, Amulette oder eine Trinkflasche aus Ton stehen für das, was man sinnvollerweise mit sich führte, während den heutigen Besucher vor allem die Qualität der Exponate verblüfft, die der großen Schreibtafeln, der mit Gesichtern verzierten Gewichte, der gläsernen Grabbeigaben.

Sah so das Bonner Legionslager aus?


Sah so das Bonner Legionslager aus?
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Bild: Mikko Kriek

Die letzte Station der Ausstellung ­widmet sich dem Leben auf dem Land. Gezeigt wird Werkzeug, ein prächtiger Mosttopf aus Blei, eine Kornschwinge aus einem Brunnen in Erkelenz-Borschemich oder hölzerne Bade­uten­silien, die wundersamerweise trotz ih­rer organischen Materialien die Zeiten überdauert haben. Spek­takulär aber ist die große Fensterscheibe aus getöntem Glas, deren Scherben im Bereich einer Villa rustica in ­Garzweiler gefunden wurden. Es muss sie überall gegeben haben, wo sich römischer Wohlstand in dieser Zeit konzentrierte, auf uns gekommen sind nur wenige. Das Bild jedenfalls, das sich dem Barsemias im Rheinland ge­boten haben könnte, be­kommt in solchen Momenten un­erwartete Konturen.

Roms fließende Grenzen: Leben am Limes. LVR-Landesmuseum Bonn; bis 29. Mai. Der gemeinsame Katalog aller fünf Ausstellungen kostet 40 Euro.

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