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#Historische Erfahrung sitzt tief

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Historische Erfahrung sitzt tief

Die Diskussionen um russische Forderungen nach Sicherheitsgarantien seitens der Nato sind nicht nur für die Existenz der Ukraine lebenswichtig. Auch am Fin­nischen Meerbusen, geostrategisch ex­poniert, sorgen sie für Unruhe. Am Heiligen Abend informierte die Presseabteilung des russischen Außenministeriums, dass Wladimir Putins Forderungen, die Ost-Erweiterung der Nato zu stoppen, auch Finnland und Schweden betreffen. Schweden erhöhte am Tag darauf seine Gefechtsbereitschaft. Die Nachricht schlug auch in Finnland ein: Vor allem die traditionellen Medien diskutierten die Forderungen alarmiert, in den sozialen Medien zeigte sich indes Toleranz gegenüber Putin.

In Estland aber blieb es still. Nur spärlich tauchten politische Analysen auf. Aktivität findet, das verraten wenige Indizien, auf den Korridoren der Macht statt. Die wenigen Stimmen, die in Estland hörbar wurden, lassen ein Schwanken zwischen Trotz, Mut und Angst erkennen. Marko Mihkelson, langjähriger Moskau-Korrespondent für die führende Tageszeitung „Postimees” und Vorsitzender der außenpolitischen Kommission des Parlaments, äußerte Besorgnis. Der Rest der Funktionäre lobte derweil die gute Zusammenarbeit mit der Nato und hielt Putins Position für haltlos.

Finnland hat mit mehr als 1300 Kilometern die längste Grenze eines EU-Staates zu Russland und eine lange Geschichte der Besorgnis: Nach dem Angriff Stalins im Winterkrieg 1939 versuchte es, seinen östlichen Nachbarn so wenig wie möglich zu irritieren. Estlands Weg war dies nie: Sobald es Mitglied der EU und der Nato geworden war, erlaubte Estland sich eine kühne Kommunikation gegenüber Russland. Die zaghafte politische Strategie der Finnlandisierung gilt heute in beiden Ländern als Schande.

Hoffnungsträger Finnland

Zugleich ist erkennbar, dass Putins Botschaft keine Überraschung war. Die Staatsoberhäupter hatten längst Vorkehrungen getroffen: Noch bevor Deutschland seine neue Verteidigungsministerin nach Litauen schickte, hatten estnische Regierungs- und Parlamentskreise An­fang Dezember signalisiert, angesichts der Lage in der Ukraine die Unterstützung Finnlands zu suchen. Dieser Schritt ist insofern beredt, als Finnland kein Mitglied der Nato ist und für Estland allenfalls ein Nachbarland in der Euro­päischen Union. Allerdings dürfte die politische Klasse Estlands keine großen Hoffnungen in die Finnen setzen. Der Staat hat, Hunderttausenden privater Freundschaften zwischen den Ländern zum Trotz, Estland im Laufe der Geschichte immer wieder im Stich ge­lassen und sich auf die Lösung eigener Probleme konzentriert. Das letzte Beispiel war die einseitige Schließung der Grenzen wegen Corona, wodurch Estlands Reedereien und Arbeitspendler empfindlich getroffen wurden.

Finnland hat nun begonnen, seine Luftwaffe zu erneuern: Die in den Nato-Staaten verbreiteten F-35-Kampfjets werden künftig auch von finnischen Piloten geflogen werden. Estland hat dies als Signal gedeutet, dass Finnland und die Nato näher zusammenrücken. Gleich­zeitig fordern Skandinavien und andere EU-Länder von den baltischen Staaten eine stärkere sicherheitspolitische Ko­operation als bisher. Die Gespräche mit dem Präsidenten und dem Außenminister Finnlands, die das estnische Parlament inzwischen gesucht hat, zeigen, dass Estland mehr auf Finnland vertraut als auf westliche Bündnispartner.

Die Erfahrung, dass ihre Heimat­länder an der Ostsee mindestens einmal pro Jahrhundert geteilt und besetzt werden, zuletzt 1939 zwischen Molotow und Ribbentrop, ist zu tief im Denken der Balten verankert, als dass die Politik sie ignorieren könnte. Die Prägungen durch Kultur und Geschichte sind am Ende stärker als die Überzeugungskraft eines Blitzbesuchs von Christine Lambrecht.

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