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#Im Lockdown atmet die Natur auf

Im Lockdown atmet die Natur auf

Ginge es nach den wilden Tieren auf unserem Planeten, könnten wir wohl für immer im Corona-Lockdown bleiben. Selbst die Hirsche im Tempelbezirk der japanischen Stadt Nara, die sich daran gewöhnt haben, dass ihnen die in vorpandemischen Zeiten massenweise auflaufenden menschlichen Besucher Cracker zusteckten – eine willkommene Leckerei angesichts der zersiedelten früheren Reviere. Dann kam das Virus, und die Menschen waren fort. Würden die Hirsche nun verhungern? Mitnichten, weiß David Attenborough zu berichten: Die Ältesten unter ihnen erinnerten sich noch, wo sie in ihrer Jugend geäst hatten, und führten die Herde zu Resten von Grün in der Betonwüste. Dort finden sie genug, um satt zu werden. Und die neue, ursprüngliche Diät ohne Beimischung von Plastikmüll hat die Hirsche sogar gesünder gemacht. „Selbst wenn es aussieht, als profitierten Tiere von unserer Gegenwart, sind sie in vielen Fällen ohne uns besser dran“, resümiert der Sir unter den Naturfilmern altersweise.

Ursula Scheer

Die von ihm „erzählte“ und von Tom Beard aus Aufnahmen von fünf Kontinenten komponierte Naturdokumentation nimmt sich eine gute Stunde Zeit, um diese Einsicht zu illustrieren. Dabei gelingt Attenborough das Kunststück, als Sprecher einen dezidiert menschenfreundlichen Ton anzuschlagen – obwohl es in „Das Jahr, das unsere Erde veränderte“ um nichts anderes als darum geht, welche ungeheure Entlastung schon zwölf Monate erzwungener Beschränkung des menschlichen Aktionsradius auf die Ökosysteme bedeutet.

Frisch eingezogen: Ein Leopard hat es sich in einer verwaisten südafrikanischen Lodge gemütlich gemacht und jagt dort nun tagsüber, nicht nachts wie sonst.


Frisch eingezogen: Ein Leopard hat es sich in einer verwaisten südafrikanischen Lodge gemütlich gemacht und jagt dort nun tagsüber, nicht nachts wie sonst.
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Bild: Apple TV+

Verschwindet der Mensch, wird für andere Lebewesen alles besser: Man könnte angesichts dessen Alan Weismans schon etwas in die Jahre gekommenes Sachbuch „Die Welt ohne uns“ aus dem Regal ziehen und sich postapokalyptischen Visionen hingeben. David Attenborough wählt einen konstruktiven Zugang. Er ist kurz vor seinem 95. Geburtstag immer noch kein Fatalist, obwohl er in seiner Lebensspanne Zeuge ungeheurer Verwüstungen wurde: Seine Dokumentation „Mein Leben auf unserem Planeten“, von dem einst mit der BBC praktisch synonymen Naturforscher und Tierfilmer für Netflix aufgelegt, handelt davon. „Das Jahr, das unsere Erde veränderte“ will im Zusammenspiel mit einer BBC-Produktionsfirma auf Apple TV+ ein globales, digital vernetztes Publikum ansprechen und zwei Fragen beantworten: Was hat sich draußen getan, während wir in Jogginghosen vor unseren Bildschirmen festsaßen? Und was können wir daraus für eine bessere, zukunftsweisende Koexistenz von Mensch und Natur lernen?

Die beste Zeit für Nachwuchs

Da ist zuerst die Stille: Kaum galt die Devise „Wir bleiben zu Hause“, legte sie sich über sonst von Verkehrslärm erfüllte Städte wie San Francisco. Die Dachsammern an der Golden Gate Bridge motivierte das zu modulierterem Zwitschern, gefolgt von gesteigertem Bruterfolg. Mehr Ruhe herrschte mit einem Mal aber auch unter Wasser, etwa vor der Südostküste Alaskas, wo der Passagier- und Frachtverkehr zur See praktisch zum Erliegen kam. Für die Buckelwale eine Wohltat: Nie zuvor, berichten Forscher vor Ort, hätten sie so ausführliche Walgesänge gehört. Säugende Muttertiere hätten sich zur Jagd viel weiter als sonst von ihren Kälbern entfernt, da diese auch bei größerer Distanz in Rufweite blieben. Das Resultat: wohlgenährte Jungtiere, vitale Mütter.

Endlich Muße für eine zweite Brut: Pinguine in Australien


Endlich Muße für eine zweite Brut: Pinguine in Australien
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Bild: Apple TV+

Vergleichbares zeigt sich auf der anderen Seite der Erde, in der kenianischen Savanne. Wo sonst Gepardinnen ihre Jungen immer und immer wieder zur erlegten Beute rufen müssen, was Hyänen oder Löwen und damit tödliche Gefahr heraufbeschwört, reichten nun wenige Laute – weil das Getöse von Jeeps mit Gästen auf Fotosafari durchs Schutzgebiet verstummt war. Mehr Junggeparden überlebten die ersten kritischen Monate. Unbehelligter als sonst blieben auch Berggorillas in Uganda. Sie gebaren zweimal so viel Nachwuchs wie in anderen Jahren.

Dilemma des Ökotourismus

Das offenbart ein Dilemma des Ökotourismus: Er bringt Geld für die Schutzzonen und schafft Bewusstsein, greift aber dennoch störend ein. Für einen Ranger in Kenia ergibt sich daraus die Konsequenz, gezielter an Ruhezonen zu arbeiten. Die Walforscher in Kanada empfehlen eine Drosselung der Schiffsgeschwindigkeit und Passagen in Flotten, um die Lärmbelastung zu senken.

Kamerafahrten durch menschenleere Metropolen huldigen effektvoll der Zentralperspektive. Erhebende Anblicke fehlen nicht: Als der Smog über der indischen Stadt Jalandhar verflogen ist – nur zwölf Tage nach dem Lockdown –, kommen zum ersten Mal seit dreißig Jahren wieder die Gipfel des Himalajas in Sicht. Pendelnd zwischen Wildlife-Pathos (Wildkatze im Abendlicht) und disneyhafter Niedlichkeit (Nilpferd an der Tankstelle), begleitet von orchestraler Musik (Adam und Dan Skinner), weckt Attenborough Emotionen und vermittelt seine Botschaft: Überall, wo wir Raum für Wildtiere lassen, uns nur einen Schritt zurückziehen oder klug interagieren, ist schon etwas gewonnen – auch für uns selbst. In Indien findet der Naturfilmer dafür ein paradigmatisches Beispiel: Seitdem von marodierenden Wildelefanten geplagte Bauern im Corona-Jahr eine Schutzzone um ihre Felder angelegt haben, mit Wildreis speziell zum Verzehr für die Rüsseltiere, lassen diese die Felder der Menschen in Ruhe.

Das Jahr, das unsere Erde veränderte ist auf Apple TV+ abrufbar.

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