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#Im Zweifel für die Partei?

„Im Zweifel für die Partei?“

Vergangene Woche scheiterte die AfD zum zweiten Mal bei dem Versuch, eine staatliche Förderung der Desiderius-Erasmus-Stiftung gerichtlich durchzusetzen. Schon 2020 verwarf das Bundesverfassungsgericht einen ähnlichen Eilantrag als unzulässig. In der Hauptsache soll allerdings erst Ende Oktober verhandelt werden. Diejenigen, die auch hier auf ein Scheitern der AfD hoffen, haben gute Argumente. Einer Stiftung, die einer Partei nahesteht, die als „extremistischer Verdachtsfall“ geführt wird, möchte man für ihre „Bildungsarbeit“ ungern Millionen überlassen.

Ob dieses Argument am Ende verfängt, ist alles andere als gewiss. Denn den bisherigen Umgang des Gesetzgebers mit politischen Stiftungen kann man zumindest unbekümmert nennen. Weder die Gewährung öffentlicher Mittel noch deren Zurückhaltung sind gesetzlich geregelt – obwohl die AfD seit Jahren allen Anlass dazu bietet. Karlsruhes Urteil über diese Ignoranz wird über den aktuellen Anlass hinaus Folgen haben.

Seit 1967 entscheidet über die staatlichen Zuschüsse an parteinahe Stiftungen allein der Haushaltsgesetzgeber, also der Bundestag. Die Zuwendungen sind üppig, im europäischen Vergleich dürften sie konkurrenzlos sein. Für das Jahr 2022 spricht das Haushaltsgesetz sechs parteinahen Stiftungen für ihre politische Bildungsarbeit insgesamt 148 Millionen Euro zu. Die Desiderius-Erasmus-Stiftung zählt nicht dazu.

1986 billigte das Bundesverfassungsgericht diese Praxis. Mit Blick auf die „Berührungspunkte“ zwischen den Stiftungen einerseits und den politischen Parteien andererseits hoben die Richter aber die verfassungsrechtlich geschützte Gleichbehandlung hervor. Sie gebiete es, dass eine staatliche Förderung alle „dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt“.

Der Streit war absehbar

Üblich war bisher, dass eine Stiftung dann Mittel erhält, wenn die entsprechende Partei zum zweiten Mal hintereinander in den Bundestag gewählt wurde. Als die AfD im Jahr 2017 erstmals in den Berliner Reichstag einzog, war deshalb leicht zu begründen, dass die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung keine Zuwendungen erhält. In ihren Anfängen mussten auch die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll- und die Rosa-Luxemburg-Stiftung aus dem Umfeld der Linkspartei ohne staatliche Unterstützung auskommen.

Schon bald war allerdings absehbar, dass die AfD ein zweites Mal in den Bundestag einziehen und anschließend auf den Gleichbehandlungsgrundsatz pochen würde. Trotzdem setzten sich lange Zeit nur die Grünen für eine eigenständige gesetzliche Grundlage der Stiftungsfinanzierung ein. In der vergangenen Legislaturperiode bekamen sie für ihren Vorstoß zu einem Gesetz, das die Finanzierung verbindlich und transparent regeln sollte, kaum Unterstützung. Im Koalitionsvertrag einigten sich die Ampelparteien dann darauf, die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen „rechtlich besser“ abzusichern. Ein Gesetzentwurf liegt immer noch nicht vor.

Bisher gibt es lediglich einen Haushaltsvermerk, der Teil des Haushaltsgesetzes ist. Demnach werden parteinahe Stiftungen nur finanziert, wenn sie „jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“. Schon wenn „begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen“, dürfen keine Globalzuschüsse gewährt werden.

Selbst die Ampelfraktionen sind sich uneins

Die Unionsfraktion ist sich unsicher, ob sie darüber hinaus ein Gesetz für nötig erachtet. Auch die Ampelfraktionen sind sich uneins. Grund für den Unmut liefert die SPD, die darauf verwiesen hat, dass ein Gesetz nur eine unter mehreren Möglichkeiten sei. Infrage kämen auch ein einfacher Beschluss im Haushaltsgesetz oder eine Verwaltungsvorschrift. In der Koalition macht der Verdacht die Runde, die Sozialdemokraten befürchteten mit Blick auf die ihnen nahestehende Friedrich-Ebert-Stiftung, durch eine gesetzliche Regelung finanzielle Nachteile zu erleiden.

Schon der Anschein eines eigennützigen Kalküls sollte vermieden werden. Das gilt auch für die Parteienfinanzierung als solche, die momentan ebenfalls vom Verfassungsgericht überprüft wird. Erwecken Parteien den Eindruck von Selbstbedienung, schadet das nicht nur ihnen, sondern der repräsentativen Demokratie.

Geht das Eigeninteresse in Fragen der Stiftungsfinanzierung sogar so weit, einen Erfolg der AfD in Kauf zu nehmen? In Karlsruhe könnte es nach langer gesetzgeberischer Un­tätigkeit dazu kommen. Umso dringender ist die Politik am Zug. Sie muss für die Zukunft endlich klare Regeln schaffen.

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