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#Je mehr Angst, desto besser

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Je mehr Angst, desto besser

Neulich saß ein zwölf Jahre altes Mädchen namens Lilli auf einer Ausfahrtsstraße der Autobahn 100 in Berlin. Es war Montagmorgen, der Asphalt war sehr kalt, aber Lilli hatte keine Angst, obwohl sie um diese Uhrzeit in der Schule sitzen müsste. Nun saß sie dafür hier, mit einer Warnweste und einem Dutzend anderer Klimaschützer neben sich, damit der Rückstau die ganze Autobahn blockiert. Manche der Autofahrer verloren die Fassung. Es war Berufsverkehr, sie hatten Termine, der Klimawandel war um diese Uhrzeit nicht ihr Hauptproblem. Einer stieg aus, baute sich vor Lilli auf und brüllte: „Ich hab Kinder, die zur Schule müssen. Ihr macht hier frei. Ansonsten flippe ich hier richtig aus.“ Er erklärte, dass er behinderte Kinder fahre und dringend weitermüsse. „Ansonsten fahr ich euch hier um! Das kann nicht wahr sein!“

Justus Bender

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Ein anderer zerrte einen der Klimaschützer am Schlafittchen über den Asphalt. Die Leute fuhren ganz nah an die Blockierer heran, als überlegten sie, Gas zu geben. Die Polizei kam. Und mittendrin: Lilli. Ein Kind, das illegal eine Straße blockiert, das war etwas ganz Neues. „Es war frustrierend für sie, angeschrien zu werden und nicht zurückzuschreien“, sagt ihre Mutter, Lena Schiller. In der Pressemitteilung der Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ stand über Lilli: „Sie war davor bei Fridays for Future aktiv. Doch das habe zu wenig gebracht. Es brauche, so Lilli, jetzt Blockaden, um endlich ‚wirklich etwas zu verändern‘“.

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Beim „Aufstand der letzten Generation“ ist der Ton ein ganz anderer als bei Fridays for Future. Die Gruppe stellte dem Bundeskanzler ein „Ultimatum“, das an diesem Sonntag abläuft. Olaf Scholz soll sich äußern, wie er die Forderungen der Gruppe nach mehr Klimaschutz umsetzen will. Tut er es nicht, „sehen wir uns gezwungen, mit zivilem Widerstand für das Überleben aller einzustehen. Wir werden in diesem Fall anfällige Infrastruktur wie Häfen und Flughäfen als Ausdruck unseres unverändert fossilen Alltags in diesem Land stören“ und „zum Innehalten bringen“. Das ist die Ankündigung von Sabotageakten an kritischer Infrastruktur.

Möglichkeit einer „grünen RAF“

Die Eskalation ist wohlüberlegt, sie hat ein intellektuelles Fundament. Einer der Vordenker ist Tadzio Müller, ein promovierter Politikwissenschaftler, der lange in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Referent für Klimafragen war und die Gruppe „Ende Gelände“ mitgegründet hat, ein laut Verfassungsschutz „links­ex­tre­mistisch beeinflusstes“ Bündnis von Braunkohlegegnern. Wenn die Politik so weitermacht, werde es „möglicherweise“ eine „grüne RAF“ geben, sagt Müller. Eine Terrorgruppe also, die Anschläge begeht, um eine strengere Klimapolitik durchzusetzen. Müller selbst ist gegen Terror, aber er ist für „friedliche Sabotage“, wie er sagt. Zum Beispiel, bei einem Braunkohlebagger die Schrauben rauszudrehen. Er benutzt Worte wie „Notwehr“ oder „Klima-Notstandsrecht“, um illegale Aktionen zu rechtfertigen. Nur Gewalt gegen Menschen lehnt er strikt ab. „Bei der friedlichen Sabotage wird peinlich darauf geachtet, dass keine Menschen zu Schaden kommen“, sagt er.

Bei der „Letzten Generation“ klappt das mit der Gewaltlosigkeit nur in eine Richtung. Die Straßenblockierer sind friedlich, reizen die Autofahrer aber bis an den Punkt des Kontrollverlusts. Viele schimpfen, brüllen und flehen. Bei einer Aktion schlug ein Autofahrer zu, mit der Hand ins Gesicht, der Aktivist ließ es stoisch über sich ergehen. Er schlug nicht zurück, blockierte den Mann aber weiter. Schuld an der Gewalt war natürlich der Autofahrer, eine Straßenblockade rechtfertigt keine Gewalt. Der Aktivist hatte aber auch etwas getan. Er hatte Leuten die Möglichkeit genommen, sich frei zu bewegen. Die Autofahrer konnten ja nicht einfach weggehen und ihr blockiertes Auto auf der Straße stehen lassen.

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