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#Kameraden verrät man nicht

Kameraden verrät man nicht

Bevor der Vorsitzende Richter mit der angedrohten Beugehaft ernst macht, gibt der Zeuge nach. Minutenlang hatten Dirk Waldschmidt und sein Beistand alles daran gesetzt, um eine Aussage herumzukommen. Waldschmidt, ein kleiner, stämmiger Mann mit breitem Kiefer, kahlem Kopf und Nickelbrille, war der erste Verteidiger von Stephan E. Seine Vernehmung soll helfen, das widersprüchliche Aussageverhalten des Hauptangeklagten im Prozess zum Mord an Walter Lübcke zu durchdringen. Vor allem geht es um die Rolle von Markus H., dem die Bundesanwaltschaft Beihilfe zum Mord vorwirft und dessen Anteil Stephan E. höchst unterschiedlich darstellte.

Marlene Grunert

Vor allem geht es um die Rolle von Markus H., dem die Bundesanwaltschaft Beihilfe zum Mord vorwirft und dessen Beteiligung oder gar Täterschaft Stephan E. höchst unterschiedlich darstellte. Kurz nach der Festnahme räumte E. den Mord an Walter Lübcke ein; Markus H. erwähnte er damals nur am Rande. Nachdem ein anderer Anwalt das Mandat übernommen hatte, widerrief E. das Geständnis und gab an, Walter Lübcke gemeinsam mit Markus H. aufgesucht zu haben. Dieser habe versehentlich geschossen. In der dritten Version schilderte E. dann, er selbst habe geschossen, sei aber zusammen mit H. am Tatort gewesen. Zu den früheren Versionen hätten ihm seine Anwälte geraten.

Gegen Frank Hannig, der das Mandat von Waldschmidt übernommen hatte, ehe Stephan E. Markus H. des Schusses bezichtigte, läuft inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Anstiftung zur falschen Verdächtigung. Als er kürzlich vor dem Gericht als Zeuge auftrat, machte er von seinem Auskunftsverweigerungrecht Gebrauch.

Verglich Stephan E. sich mit Ralf Wohlleben?

Dirk Waldschmidt spricht schließlich. Eine Verantwortung für E.s frühe Angaben über H. streitet er ab. E. hatte ausgesagt, Waldschmidt habe ihm finanzielle Vorteile versprochen, sofern er H. nicht belaste. Kurz nachdem er in Untersuchungshaft genommen worden sei, habe der Anwalt ihn kontaktiert. Nachdem DNA-Spuren von E. am Tatort gefunden worden seien, habe Waldschmidt gesagt, das Einzige, was ihm nun übrig bleibe, sei ein Geständnis. Weiter sagte E. aus, der Anwalt habe gesagt, er stehe mit „Unterstützern“ in Kontakt; diese würden sich um E.s Familie kümmern, eine „Art Gefangenenhilfe“. H. aber solle er raushalten. „Kameraden“ verrate man nicht.

Am Dienstag bestätigt Dirk Waldschmidt, sich mit Stephan E. mehrmals über „Gefangenenhilfe“ unterhalten zu haben, die es in der rechten Szene „rudimentär“ gebe. Nicht er habe eine derartige Unterstützung aber zum Thema gemacht, sondern E. Zudem habe man erst nach dessen erstem Geständnis darüber gesprochen, auf das er, Waldschmidt, insofern keinen Einfluss genommen habe. E. habe sich mit Ralf Wohlleben verglichen, dem wegen Beihilfe zu neun Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) verurteilten Neonazi, dem ähnliche Hilfe zugekommen sei. Als Waldschmidt das sagt, runzelt der sonst meist regungslose E. die Stirn.

„Ich wüsste, an wen ich mich wenden müsste“

Zugunsten von Stephan E. habe er keine „Gefangenenhilfe“ angeleiert, sagt Waldschmidt. Angesichts der ersten Aussage, in der E. nicht nur H. erwähnte, sondern auch einen Waffenhändler der rechten Szene, „wäre das aussichtslos gewesen“. Angenommen, er wende sich als rechter Gefangener an ihn, fragt der Oberstaatsanwalt, dann könne er aber durchaus davon ausgehen, dass der Anwalt wüsste, was zu tun wäre? Waldschmidt sagt: „Ich wüsste, an wen ich mich richten müsste.“ Von einer „Guru-Stellung“ innerhalb der Szene, wie sie in der Presse  „herumgeistere“, könne aber bei Weitem keine Rede sein.

Der 1965 in Bonn geborene Jurist war selbst in der NPD aktiv. In Hessen trat er mehrfach für die Partei an; von 2006 bis 2008 war er stellvertretender Landesvorsitzender. Waldschmidt verteidigte unter anderen den ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Marcel Wöll und die ehemalige hessische Spitzenkandidatin Doris Zutt. Im NSU-Prozess trat er als Zeugenbeistand des Thüringer Neonazis André Kapke auf.

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