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#Kein Glück im Unrecht

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Kein Glück im Unrecht

In ihrem literarischen Essay „Die Täter schweigen nicht“, soeben im Internet-Feuilleton 54books veröffentlicht, bezeichnet Anne Rabe die schweigenden Mitwisser des sexuellen Missbrauchs als die Paten der verschworenen Gemeinschaften, in denen die Täter selbst beim Missbrauch nicht zu schweigen brauchen, eben weil sie von den Mitwissern zuverlässig beschwiegen werden: „Die Schweigenden schützen sie. Vielleicht weil sie selbst Täter sind, vielleicht weil die Täter ihnen einen Platz geben, den sie sonst nur schwer finden. Sie bekommen Bedeutung durch das Geheimnis, und die Täter tun viel dafür, dass die verschworene Gemeinschaft sich nicht auflöst. So ist es in Schulen, in Sportvereinen, in Kirchen, in Familien und in Ferienlagern.“

Christian Geyer-Hindemith

Dass man von allen Beschweigern nun besonders auf die Beschweiger in der Kirche schaut, als einer missbrauchenden verschworenen Gemeinschaft von besonderer Krassheit, hängt mit dem jähen Aufleben des abgelebten Sündenbegriffs zusammen. Wo, wenn nicht im kirchlichen Zusammenhang, kann noch Sünde geltend gemacht werden (im Unterschied zu Vergehen, Verbrechen, Verrat im allgemeinen Sprachgebrauch)? Als wolle sie die öffentlich-rechtlich abgeschaffte Sünde noch einmal mit Wucht ins kollektive Bewusstsein zurückbringen, lässt sich die Kirche auf ihren diözesanen Führungsebenen als verschworene Gemeinschaft von Verschweigern, von Vertuschern der Kinderschänderei begutachten. Ein Sündenzusammenhang wird aufgeblendet, der in der säkularen Moral schon verloren schien. In dem sexuellen Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbefohlenen durch Kleriker gewinnt der Sündenbegriff jene öffentliche Kontur zurück, mit der die Kirche über Jahrhunderte hinweg überwachend und strafend den Zeitgeist prägte.

Liturgischer Kontext

Gleichzeitig leuchtet jetzt in der Fasten- und Osterzeit die christliche Sündenvorstellung mit ihrem Moment von Obszönität auf, wenn, theologisch konsequent, von „glücklicher Schuld“ (felix culpa) die Rede ist, von einer Schuld, „die es verdiente, einen so vorzüglichen und großen Erlöser zu finden“, wie es im Hymnus „Exsultet“ in der Osternacht seit Jahrhunderten gesungen wird. Wie will man diesen Gedanken anwenden auf den großen Skandal? Wie sollte sich sexualisierte Gewalt mit einer glücklichen Schuld in Verbindung bringen lassen, es sei denn aus dem Zynismus der Täterperspektive heraus? Und selbst eine religiös informierte Täterperspektive bliebe Täterperspektive.

Für Paulus ist es gerade die Überwindung der zynischen Vernunft, wenn er die Sünde Adams auf die Erlösungstat Christi bezieht, wie im Römerbrief durchgeführt: „Wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern wurden, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht.“ Das Wort von der glücklichen Schuld kam Paulus gleichwohl nicht über die Lippen, vielleicht schreckte er instinktiv vor dem damit implizierten Umkehrschluss zurück: die Sünde Adams als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für die Erlösung?

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