Nachrichten

#Keine Privilegien mehr für die Plattformen!

„Keine Privilegien mehr für die Plattformen!“

Herr Andree, in der Zeitschrift „Medienwirtschaft“ äußerten Sie sich gerade so über Google und Facebook, dass man folgern konnte, diese Dienste seien verfassungs­widrig. Warum?

Ob sie verfassungswidrig sind, können nur die Gerichte beantworten. Es gibt aber ein Problem: die marktbeherrschende Position der Digitalkonzerne. Wir haben an der Uni Köln in einer Analyse nachgewiesen, dass sich ein Großteil der digitalen Mediennutzung auf nur sehr wenige Angebote konzentriert. Das widerspricht dem Geist des deutschen Medienrechts. Zum Schutz der Demokratie sollen marktbeherrschende Stellungen auf dem Feld der Medien unter allen Umständen vermieden werden. Weil aber Medienrecht immer Grundrechte betrifft, sollte man schon daran zweifeln, ob unregulierte digitale Medienmonopole verfassungskonform sind. Ich finde es erstaunlich, dass die massiv benachteiligten klassischen Medienunternehmen in dieser grundsätzlichen Frage das Bundesverfassungsgericht noch nicht angerufen haben.

Wird die Macht der Online­medien nicht ernst genug genommen?

Ich halte ihre Bedeutung für massiv unterschätzt. Tatsächlich sind sie seit 2021 die Leitmedien. In dem Jahr wurden erstmals online mehr Werbeinvestitionen getätigt als in analogen Medien. In wenigen Jahren könnten die digitalen Medien 70 bis 80 Prozent der gesamten bundesdeutschen Aufmerksamkeit bündeln. Unser Mediensystem wird von einer Handvoll US-amerikanischer Konzerne übernommen, wenn wir nicht sofort entschlossen handeln.

Medienforscher Martin Andree


Medienforscher Martin Andree
:


Bild: privat

Warum ist eine Regulierung der Plattformen so schwierig?

Aktuell ist es nicht möglich, eine natürlich entstandene marktbeherrschende Stellung wie etwa Googles Suchmaschine rechtlich substanziell anzugreifen. Das Kartellrecht greift hier nicht, auch im Medienrecht fehlt es an geeigneten Regelungen dazu. Es existieren weder etablierte Behörden noch institutionalisierte Methoden, um die Marktmacht bei digitalen Medien zu messen. Eine Zerschlagung gewachsener Monopole ist in der Gesetzgebung einfach nicht vorgesehen. Das ist vor allem deshalb kritisch, weil viele digitale Player in zwei Aspekten zugleich Monopolisten sind, und zwar sowohl auf der Ebene der Verbreitungswege als auch bei den Inhalten.

Es gibt eine Medienaufsicht in Deutschland. Tut die nichts?

Die Behörden sind nicht zu beneiden. Es gibt eine verwirrende Vielzahl von Gesetzen und unterschiedliche Kompetenzen auf der Ebene des Bundes, der Länder sowie der EU. Erfreulich ist: Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hat gerade eingeräumt, dass „das gegenwärtige Medienkonzentrationsrecht praktisch keine Antworten“ auf diese Problematik gibt, und eine Reform angekündigt. Aber die bringt nur etwas, wenn man den Mut hat, Gesetze zu schaffen, um marktbeherrschende digitale Stellungen aktiv aufzubrechen. Hier versagt leider auch der kürzlich verabschiedete „Digital Markets Act“ der EU. Aktuell werden unbedeutende Zusammenschlüsse von Lokalzeitungen kartellrechtlich überprüft, dagegen lassen wir den digitalen Monopolen freien Lauf. Die Konzentrationsbildung wird in analogen Medien systematisch überwacht, in digitalen Medien nicht. Die analogen Medien übernehmen Verbreiterhaftung, die Plattformen sind davon befreit – und so weiter. Diese Privilegierung sollte man stoppen und medienübergreifend konsistente Regelungen einführen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!