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#Kommentar zum Fachkräftemangel: Die große Personalnot

„Kommentar zum Fachkräftemangel: Die große Personalnot“

Wo sind sie nur alle hin? Das war die Frage, die in diesem Sommer so viele Menschen bewegte wie kaum eine andere. Ob an den Flughäfen, in Restaurants oder in Hotels – überall fehlte Personal. Flüge fielen aus, Öffnungszeiten mussten gekürzt, Hotelzimmer ge­sperrt werden. Aus dem Fachkräftemangel, das war nicht mehr zu übersehen, ist ein allgemeiner Arbeitskräftemangel geworden.

Das Problem: Der Sommer war nur ein Vorgeschmack auf das, was Deutschland in den kommenden Jahren noch bevorsteht. Denn in den nächsten 15 Jahren gehen die Babyboomer – die geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1970 – in den Ruhestand. Und es rücken viel weniger junge Menschen nach. Doch obwohl es wenige Dinge gibt, die so vorhersehbar sind wie die demographische Entwicklung, haben die Politik und die Unternehmen es lange versäumt, entschlossen zu handeln.

Nun ist die Not, scheinbar plötzlich, ziemlich groß. Und das nicht nur in Dienstleistungsbranchen wie dem Gastgewerbe, das in der Pandemie vie­le Mitarbeiter an den Handel ver­loren hat. Industrieunternehmen und Handwerksbetriebe müssen sogar Aufträge ablehnen, weil ihnen Mitarbeiter fehlen. Damit stehen viele wichtige Großprojekte auf der Kippe. Deutschland muss die Energiewende vorantreiben, Glasfaserkabel verlegen, bezahlbare Wohnungen bauen und Brücken sanieren. Nur wie soll das gehen ohne ausreichend Arbeitskräfte? Perspektivisch droht die Personalnot den Wohlstand zu gefährden.

Der größte Hebel ist die Migration

Umso wichtiger ist, dass die Beteiligten alle Register ziehen, um endlich mehr Fachkräfte zu gewinnen. Der größte Hebel ist das gezielte Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland. Das will manch einer bis heute nicht hören, und die Bundesregierung und die Betriebe sollten auch nicht ausschließlich darauf setzen. Doch Berechnungen von Forschern zeigen eindeutig: Selbst wenn alle Potentiale im Inland gehoben würden, wenn Frauen häufiger in Vollzeit und Ältere länger arbeiteten, würde das Erwerbspersonenpotential in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten ohne jegliche Migration kräftig schrumpfen. Um es konstant zu halten, ist eine Nettozuwanderung von rund 400.000 Fachkräften im Jahr erforderlich.

Keine leichte Aufgabe. Langfristig halten Forscher eine Nettozuwan­derung von rund 100.000 Menschen im Jahr für realistisch. Es ist daher richtig, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesinnen­ministerin Nancy Faeser (beide SPD) die Fachkräftezuwanderung erleichtern wollen – im Herbst wollen sie ei­nen Gesetzesentwurf vorlegen. Zwar hat Deutschland seit März 2020 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, mit dem Unternehmen nicht mehr nur Akademiker, sondern auch beruflich qualifizierte Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU anwerben können. Es ist in der Praxis jedoch viel zu bürokratisch, die Verfahren zu langwierig.

Als besonders große Hürde gilt die Anerkennung der ausländischen Ab­schlüsse, schließlich ist die deutsche duale Ausbildung international einzigartig. Künftig sollen Fachkräfte auch dann einreisen dürfen, wenn ihr Berufsabschluss in Deutschland noch nicht anerkannt ist, sie aber Berufser­fahrung und einen Arbeitsvertrag ha­ben. Die Anerkennung ihrer Qualifikation sollen sie dann mithilfe ihres Arbeitgebers nachholen. Das ist eine sinnvolle und pragmatische Lösung.

Ein Punktesystem sendet ein wichtiges Signal

Darüber hinaus soll Deutschland ein Punktesystem bekommen. Wer in drei von vier Kategorien die Mindestanforderungen erfüllt – Deutschkenntnisse, Alter, Berufserfahrung, Ausbildungsnachweise – und seinen Lebensunterhalt selbst sichern kann, darf dann auch ohne festen Arbeitsvertrag für ein Jahr zur Arbeitssuche einreisen. Ein solches System ist kein Allheilmittel, es eröffnet aber einen weiteren Zugangsweg und sendet ein Signal in die Welt: Deutschland will ein Einwanderungsland für Fachkräfte sein. Das ist lange überfällig. Die Bundesregierung sollte das Gesetz nun schnell auf den Weg bringen, ebenso wie das viel zitierte Vorbild Kanada aber auch entschlossen nachjustieren, falls es zu Fehlentwicklungen kommt.

Natürlich sollten die Bundesregierung, Unternehmen, Arbeitsagenturen und Kommunen parallel an weiteren Stellschrauben drehen. Sie sollten endlich für genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten sorgen, damit Frauen mehr arbeiten können, wenn sie das wollen. Sie sollten die Weiterbildung von Arbeitslosen und geringqualifizierten Beschäftigten vorantreiben, die sich dafür auch selbst noch mehr öffnen müssen. Und sie sollten ein immer noch vorhandenes Tabu über Bord werfen: die Debatte über ein höheres Renteneintrittsalter. In Deutschland gab es zuletzt knapp zwei Millionen offene Stellen. Es werden so bald nicht weniger werden.

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