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#Lüge oder Vergesslichkeit?

Lüge oder Vergesslichkeit?

Es war ein anderer Mark Rutte, der in der Nacht auf Karfreitag vor die Kameras trat. Ernst, aufgewühlt, ja verunsichert wirkte der Mann, der vor gut zwei Wochen die Parlamentswahl in den Niederlanden überlegen gewonnen hatte. Gerade hatte er ein Misstrauensvotum der neuen Zweiten Kammer knapp überstanden, dank der Partner seiner amtierenden Koalition. Doch konnte selbst Rutte das nicht als Sieg verkaufen. Denn Linksliberale, Christdemokraten und Calvinisten hatten ihm auf andere Weise ihr Misstrauen ausgesprochen: Sie stimmten für einen Missbilligungsantrag, mit allen anderen Abgeordneten. Nur Ruttes eigene Partei VVD hielt ihm noch die Stange. Von einer „heftigen Debatte“ sprach der Ministerpräsident hernach. Er habe „die Botschaft verstanden“, wolle aber weitermachen und sein Äußerstes geben, um Vertrauen zurückzugewinnen. Aber ist das wirklich möglich, nach einer solch schallenden Ohrfeige?

Thomas Gutschker

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

„Du hast Mark Rutte de facto enthauptet“, so formulierte es Geert Wilders, als Sigrid Kaag, die Fraktionsvorsitzende der Linksliberalen, ihren Missbilligungsantrag ins Parlament einbrachte. Von Wilders stammte der Misstrauensantrag, der Rutte sofort das Amt gekostet hätte. Seit Mitte Januar ist er ohnehin nur noch geschäftsführend im Amt, auf Bitten des Königs, weil das gesamte Kabinett wegen einer Sozialleistungsaffäre zurückgetreten war. Kaag widersprach dem Rechtspopulisten nicht. Sie ist die neue starke Frau im Parlament, als Spitzenkandidatin brachte sie die D66 auf den zweiten Platz. Sie wählte selbst scharfe Worte: „Mein Vertrauen in Herrn Rutte ist heute stark erschüttert worden. Der Abstand zwischen ihm und mir ist größer geworden.“

Die Geschichte, die Rutte viel Autorität und womöglich auch sein Amt kostet, begann vor einer Woche – mit einem Zufall. Am Donnerstag erfuhr eine der beiden Politikerinnen, die im Auftrag Ruttes und Kaags mögliche Regierungskonstellationen sondieren, dass sie positiv auf Corona getestet worden war. Hastig ergriff sie ihre Unterlagen und stürzte zu ihrem Fahrer, um sich nach Hause bringen zu lassen. Ein Fotograf hielt den Moment fest. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass sie Brisantes unter dem Arm trug: eine Bewertung der Konsultationen mit dem Christlich-Demokratischen Aufruf. Dass der Verhandlungsstil von dessen Spitzenkandidaten Wopke Hoekstra Missfallen erzeuge, stand da. Und dass für den CDA-Rebellen Pieter Omtzigt, Hoekstras internen Konkurrenten, eine „andere Funktion“ gefunden werden müsse.

Der CDA reagierte empört darauf, die beiden „Scouts“ mussten ihr Amt nach nur einer Woche aufgeben. Das lag nicht nur an der versehentlichen Indiskretion. Die Sondierer werden vom Parlament eingesetzt. Sie sollen herausfinden, welche Konstellationen möglich sind, nicht aber schon über Regierungsposten sprechen. So kam der Verdacht auf, Rutte suche nach einem Weg, um Omtzigt ruhigzustellen. Der hatte die Aufklärung der Kinderzuschlagsaffäre im Parlament vorangetrieben, über die das Kabinett im Januar zu Fall gekommen war. Darauf angesprochen, behauptete Rutte, er habe niemals über den CDA-Mann gesprochen. So stand es dann auch in einem Brief, den die beiden entlassenen „Scouts“ der Zweiten Kammer schrieben. Die aber bestand darauf, dass sämtliche Gesprächsnotizen der Sondierungen freigegeben werden.

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