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#Magnetfelder am Schwarzen Loch sichtbar gemacht

Im Jahr 2022 haben Astronomen das erste Bild des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße präsentiert – jetzt folgt die Fortsetzung: Eine neue Aufnahme des Event Horizon Telescope (EHT) macht erstmals die Magnetfelder rund um Sagittarius A* sichtbar. Anhand polarisierter Radiostrahlung verraten die Daten von acht gekoppelten Observatorien, dass es im Umfeld des supermassereichen Schwarzen Lochs starke, in sich verdrillte, aber geordnete Magnetfelder gibt. Der Vergleich mit dem schon zuvor untersuchten, weit größeren zentralen Schwarzen Loch der Galaxie M87 legt zudem nahe, dass solche starken Magnetfelder wahrscheinlich bei allen supermassereichen Schwarzen Löchern existieren, wie die Astronomen erklären.

Im Zentrum unserer Milchstraße sitzt – wie in fast allen Galaxien – ein supermassereiches Schwarzes Loch. Dieser gut vier Millionen Sonnenmassen umfassende Schwerkraftgigant beeinflusst die Bahnen unzähliger Sterne im Milchstraßenzentrum und prägte die gesamte Entwicklung unserer Heimatgalaxie. Doch für unsere Augen und Teleskope ist Sagittarius A* unsichtbar. Weil das Schwarze Loch eher inaktiv und hinter dichtem Staub und vielen Sternen verborgen ist, konnten Astronomen seine Position und Masse lange nur anhand der Bewegungen von Sternen und Gasen in seinem Umfeld näher eingrenzen. Erst die gekoppelten Radioteleskope des Event Horizon Telescopes (EHT) eröffneten neue Möglichkeiten der Erforschung supermassereicher Schwarzer Löcher: Zunächst gelang es Astronomen im Jahr 2017, das besonders große supermassereiche Schwarze Loch der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M87 abzubilden. 2022 folgte dann auch das erste „Foto“ des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße. Diese Aufnahmen enthüllten bereits, dass sich beide Schwerkraftgiganten sehr ähnlich sehen, obwohl M87* rund tausendmal größer ist als Sagittarius A*.

Polarisation verrät Magnetfelder

Jetzt haben die Astronomen der EHT-Kollaboration ein weiteres Merkmal von Sagittarius A* näher untersucht und sichtbar gemacht: die Magnetfelder, die sich um das Schwarze Loch erstrecken. Möglich ist dies, weil die Präsenz von starken Magnetfeldern die Schwingungsrichtung der elektromagnetischen Strahlung beeinflusst und verändert. „Mit der Messung des polarisierten Lichts von heißem, glühendem Gas in der Nähe von Schwarzen Löchern können wir auf die Struktur und Stärke der Magnetfelder schließen, die den Strom von Gas und Materie durchziehen, welches das Schwarze Loch ansaugt und ausstößt“, erklärt Angelo Ricarte von der Harvard Black Hole Initiative und Co-Leiter des Projekts. „Über das polarisierte Licht erfahren wir viel mehr über die Astrophysik, die Eigenschaften des Gases und die Prozesse, die beim Wachsen eines Schwarzen Lochs ablaufen.“

Allerdings ist die Kartierung der Polarisation im Umfeld eines Schwarzen Lochs nicht einfach, das gilt insbesondere für das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße. Dessen leuchtender Plasmaring ist unruhiger und verändert sich deutlich schneller als das ruhigere Umfeld des größeren Schwarzen Lochs M87*. „Da sich Sagittarius A* während der Beobachtung bewegt, war es schon schwierig, auch nur ein unpolarisiertes Bild zu erstellen“, sagt EHT-Forscher Geoffrey Bower von der Academia Sinica in Taipeh. Für das erste Foto von Sagittarius A* mussten die Astronomen daher einen Mittelwert aus mehreren Aufnahmen bilden. Um die Polarisierung der Strahlung zu kartieren, waren daher noch ausgefeiltere Technologien und Methoden nötig. „Wir waren erleichtert, dass die polarisierte Aufnahme überhaupt möglich war“, so Bower.

Auffallende Ähnlichkeiten

Das aufwendige Vorhaben gelang: Dank der zeitgleich aufgenommenen Daten von acht Radioobservatorien in aller Welt konnten die Astronomen der Event-Horizon-Kollaboration erstmals die Magnetstruktur im Umfeld von Sagittarius A* im polarisierten Licht sichtbar machen. „Wir sehen jetzt, dass es in der Nähe des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße starke, geordnete und verdrillte Magnetfelder gibt“, berichtet Sara Issaou vom Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian in den USA und Co-Leiterin des Projekts. „Dies spricht dafür, dass starke und geordnete Magnetfelder entscheidend dafür sind, wie Schwarze Löcher mit dem Gas und der Materie um sie herum wechselwirken.“ Die neuen Aufnahmen zeigen auch, dass sich die Magnetfeldstruktur von Sagittarius A* und M87* sehr ähnlich sind, obwohl die beiden Schwarzen Löcher sich in ihrer Größe so stark unterscheiden. „Bei dieser Stichprobe von zwei Schwarzen Löchern – mit sehr unterschiedlichen Massen und sehr unterschiedlichen Wirtsgalaxien – galt es herauszufinden, worin sie übereinstimmen und worin sie sich unterscheiden. Da beide auf starke Magnetfelder hinweisen, könnte dieses Phänomen ein universelles und vielleicht grundlegendes Merkmal dieser Art von Systemen sein“, erklärt Mariafelicia De Laurentis von der Universität Neapel Federico II.

Die Magnetfelder im Umfeld von Sagittarius A* liefern aber auch spannende Hinweise auf ein weiteres Phänomen: Ihre Struktur ähnelt der des Schwarzen Lochs M87*, obwohl dieses einen deutlich ausgeprägten Jet aus energiereichen Teichen und Strahlung besitzt. Beim zentralen Schwarzen Loch der Milchstraße ist jedoch bisher unklar, ob es ebenfalls einen Jet besitzt – eindeutig sichtbar ist er jedenfalls nicht. „Während wir bei M87* einen sehr offensichtlichen Jet beobachtet haben, konnten wir ihn bei Sagittarius A* bislang nicht finden“, erklärt De Laurentis. Doch die Ähnlichkeit beider Schwerkraftgiganten auch in der polarisierten Strahlung könnte für einen Jet auch im Zentrum der Milchstraße sprechen. Mehr Klarheit darüber könnte die nächste Beobachtungskampagne des Event Horizon Telescope liefern, die für April 2024 geplant ist. Zudem plant die Kollaboration für das nächste Jahrzehnt mehrere Erweiterungen des Teleskopnetzwerks sowie der Bebachtungsbandbreite und -frequenzen, die noch schärfere Aufnahmen ermöglichen könnten. Dies könnte klären, ob Sagittarius A* einen verborgenen Jet besitzt oder nicht.

Quelle: Event Horizon Telescope, European Southern Observatory (ESO)

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