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#Markus Braun widerruft vermeintliches Geständnis

„Markus Braun widerruft vermeintliches Geständnis“

Irgendwann in der Befragung des Hauptangeklagten ist der Wirecard-Card-Prozess auf hoher See angekommen. Markus Braun, der den untergegangenen Dax-Konzern als Vorstandsvorsitzender 18 Jahre lang gesteuert hat, sieht sich nun in der Rolle des Kapitäns, der ein Schiff in schwerem Fahrwasser manövrieren muss. „Ich habe den Eisberg nicht gesehen. Insofern habe ich versagt.“

So hat es der heute 53 Jahre alte Manager im Dezember 2020 in einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft formuliert. Es wäre seine Aufgabe gewesen, die Gefahr zu erkennen, er habe sie aber nicht wahrgenommen – nachzulesen in ebenjenem Protokoll, aus dem der Vorsitzende Richter Markus Födisch zitiert. „Das klingt nach Fahrlässigkeit“, sagt Födisch und weist darauf hin, dass nahezu alle Sachverhalte in der Anklage auch bei Fahrlässigkeit – und nicht nur bei Vorsatz – Relevanz hätten.

Braun, die Hände wie zum Gebet gefaltet, wirkt für einen Moment irritiert. So sei es nicht gemeint gewesen, korrigiert er nun seine damalige Aussage, will sie einordnen in die Zeit, als er bereits seit einem halben Jahr im Gefängnis saß: „Natürlich habe ich mich in meiner Untersuchungszelle an mir selbst abgearbeitet“, sagt er. Schließlich sei innerhalb von sieben Tagen seine ganze Welt zusammengebrochen. Er habe das Gefühl gehabt: „Da muss mir etwas ganz massiv entgangen sein.“ Dem habe er Ausdruck verliehen, aber „nicht im Sinne einer strafrechtlichen Würdigung“, vielmehr „war das ein Einblick in meine damalige Emotionalität.“

Richter auf Konfrontationskurs

Es ist nicht das einzige Mal, dass Braun, der von den kriminellen Machenschaften bei Wirecard nichts gewusst haben will, an diesem Verhandlungstag nach neuen Erklärungen sucht, weil der Richter ihn scharf angeht. Unter Brauns Führung musste Wirecard im Juni 2020 Insolvenz anmelden, nachdem ein angebliches Milliardenvermögen auf Treuhandkonten nicht auffindbar war. Die Anklage wirft Braun und zwei Mitangeklagten Untreue, Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor.

Richter Födisch konfrontiert Braun abermals mit einer Aussage aus einer früheren Vernehmungen. Es geht um eine Adhoc-Mitteilung des börsennotierten Konzern vom 22. April 2020, die in der Anklage als Kapitalmarktbetrug gewertet wird. „Insofern muss ich die mir vorgeworfene Straftat einräumen“, liest Födisch das Braun-Zitat vor. „Für mich klingt das wie ein Geständnis“, sagt der Richter.

„Ich war überzeugt, dass die Bilanzen richtig sind“

Braun erwidert, dass dieser Satz so nicht gefallen sei. Das Protokoll „war inhaltlich genommen falsch.“ Wirecard stand damals im Verdacht, falsche Bilanzen veröffentlicht zu haben. Ob Braun davon wusste, fragt der Richter. „Ich war überzeugt, dass die Bilanzen richtig sind“, antwortet Braun und schiebt entschuldigend nach, er sei kein Wirtschaftsprüfer. „Ich gehe davon aus, dass Sie auch als Wirtschaftsinformatiker Bilanzen lesen können“, gibt Födisch scharf zurück.

Immer wieder kommt es an diesem 14. Verhandlungstag zwischen Richter und Angeklagten zu derart scharfen Dialogen. Braun, der zu Beginn seiner Einlassung am vergangenen Montag mehrfach betont hatte, „nur präzise Erinnerungen“ wiedergeben zu wollen, ist nun auffallend häufig um Einordnung, Relativierung und Abschwächung bemüht. Födisch ist das alles zu viel: „Man merkt, dass Sie ein Profi sind im Umgang mit der Presse. Sie haben in sehr vielen Worten wiedergegeben, was Sie vorher gesagt haben, nämlich gar nichts.“

Die Sicht, die Braun auf den Milliardenbetrug hat, unterscheidet sich fundamental von derjenigen der Anklage. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, eine kriminelle Bande gebildet zu haben, mit dem Ziel, viele Millionen Euro zu unterschlagen, die Bilanzen zu fälschen und die Märkte zu manipulieren. Aber Braun sagt, die fehlenden Milliarden auf den Treuhandkonten seien vom damaligen Vertriebsvorstand Jan Marsalek abgezweigt worden, der gleich nach der Pleite geflüchtet ist und heute in Russland vermutet wird. Oliver Bellenhaus, den Kronzeugen der Anklage, sieht Braun als dessen Komplizen.

Selbst das Drittpartnergeschäft von Wirecard, das der Kronzeuge als „pure Erfindung“ bezeichnet hatte, ist für Braun existent. „Ich bin überzeugt, dass es das Drittpartnergeschäft gegeben hat und dass man ermitteln muss, wo es hingeflossen ist.“ Er fordert gar von der Staatsanwaltschaft, eine „saubere forensische Ermittlung“ ein, „wo die rund zwei Milliarden Euro hingeflossen sind und wie an das Geld gekommen werden“ könne. Zur Klärung auch dieser Unstimmigkeit ist genügend Zeit. Das Gericht hat 100 Verhandlungstage angesetzt, frühestens im kommenden Jahr soll ein Urteil ergehen.

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