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#Merkel: Ich werde mich nicht entschuldigen

„Merkel: Ich werde mich nicht entschuldigen“

Nein, ein Blick zurück in Reue war das nicht. Im Gegenteil. Ein halbes Jahr hatte die einstige Bundeskanzlerin Angela Merkel nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt im vorigen Dezember öffentlich weitestgehend geschwiegen, nur kleinste Ausnahmen gemacht. Doch schon die hatten deutlich werden lassen, dass sie beim derzeit bedeutendsten Thema, der Russlandpolitik, keinen Grund sieht, ihr eigenes Handeln in 16 Jahren Kanzlerschaft in Frage zu stellen. Am Dienstagabend bekräftigte sie in Berlin diese Einschätzung bei ihrem ersten ausgiebigen öffentlichen Auftreten.

Merkel saß im Theater „Berliner Ensemble“ und sprach mit dem „Spiegel“-Journalisten Alexander Osang. Es ging überwiegend um ihre Einschätzung der russischen Politik unter Präsident Wladimir Putin und ihren Umgang mit ihm. Der Krieg gegen die Ukraine sei ein „großer Fehler“, sagte Merkel, der Einmarsch der russischen Truppen ein „objektiver Bruch aller völkerrechtlichen Regelungen“. Aber sie, als sie noch Kanzlerin war? Merkel sprach im Zusammenhang mit dem Überfall Russlands von „großer Tragik“. Sie frage sich, ob das hätte verhindert werden können. Doch sie gab umgehend die Antwort: „Ich bin im Rückblick, wenn ich alles summiere, eigentlich froh, dass ich mir nicht vorwerfen muss, ich hab’s zu wenig versucht, ein solches Ereignis, wie es jetzt stattgefunden hat, zu verhindern.“ 

Die einstige Kanzlerin, die ruhig und mit sich im Reinen wirkte, gut gelaunt sogar und stellenweise zum Scherzen aufgelegt, war nicht gekommen, um die ganz große Bilanz ihrer 16 Regierungsjahre zu präsentieren, sondern fast ausschließlich ihre Russlandpolitik zu rechtfertigen. Dass sie im Jahr 2008 dagegen war, die Aufnahme der Ukraine in die NATO auf den Weg zu bringen, begründete die Christdemokratin vor allem mit zwei Argumenten. Sie sei sich „sehr sicher“ gewesen, dass Putin das nicht „wird geschehen lassen“. Der russische Präsident hätte damals schon „einen Riesenschaden“ in der Ukraine anrichten können.

Zweitens sei die Ukraine damals „kein innerlich demokratisch gefestigtes Land“ gewesen. Der heutige Präsident Wolodymyr Selenskyj „kämpfe unglaublich mutig“ gegen die Korruption in seinem Land. Aber damals sei dieses ein „von Oligarchen beherrschtes Land“ gewesen, sagte Merkel. Da saß eine einstige Spitzenpolitikerin, die sehr selbstbewusst auf ihr Handeln in der Russlandpolitik zurückblickte. „Also ich sehe nicht, dass ich da jetzt sagen müsste: Das war falsch, und werde deshalb auch mich nicht entschuldigen.“ Blauäugig sei sie nicht mit Russland umgegangen. Sie erinnerte daran, dass sie immer gewarnt habe, Putin wolle Europa zerstören, weil er es für eine „Vorstufe der NATO“ halte. Außerdem sei ja nach der Besetzung der Krim im Jahr 2014 durch Russland nicht nichts geschehen. So sei Russland aus der Gruppe der G 8 ausgeschlossen worden.

„Nachholbedarf“ bei der Bundeswehr

Immerhin gab Merkel zu, dass etwas mehr für die Bundeswehr hätte getan werden können. Dass es bei der Armee „Nachholbedarf“ gebe, darauf könne man sich einigen. Doch auch hier lieferte sie das Aber gleich mit. Der Wehretat sei in ihrer Regierungszeit erheblich erhöht worden. Außerdem sei man davon ausgegangen, einer friedlichen Welt entgegen zu gehen. Der eigenen Verteidigung habe nicht das Hauptaugenmerk gegolten. Ausdrücklich hieß Merkel die Aussetzung der Wehrpflicht unter dem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gut. Ihre Gespräche mit Soldaten hätten ergeben, dass das die richtige Entscheidung für die Truppe gewesen sei. Dass Guttenberg für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan das Wort „Krieg“ gebraucht hatte, lobte Merkel ausdrücklich. Man könne ja viel an Guttenberg kritisieren, aber das sei gut gewesen.

Ihren Nachfolger Olaf Scholz ließ die einstige Bundeskanzlerin gut davonkommen. Zwar sagte sie pflichtgemäß, dass sie sich eine CDU-geführte Regierung gewünscht habe. Doch sprach sie der neuen Regierung ihr „volles Vertrauen“ aus. Auf die Frage, ob sie angerufen worden sei in der Übergangszeit und von wem, hielt Merkel sich bedeckt. Schon in ihrer Amtszeit hat sie stets geschwiegen über ihre vertraulichen Telefonate. Wenn sie das Gefühl gehabt hätte, „da geht etwas in die vollständig falsche Richtung“, hätte sie viele Menschen anrufen können. „Das musste ich aber nicht.“

Eine Frage zu Friedrich Merz, dem Mann, der inzwischen die CDU anführt und die Unionsfraktion im Bundestag, durfte nicht fehlen. Ob es sie nicht „wahnsinnig“ mache, dass der Mann, den sie einst „elegant losgeworden“ sei, nach 16 Jahren als „Untoter“ zurückgekommen sei und nun die Partei übernommen habe. Ob sie sich nicht frage, ob das ihre Partei gewesen sei. Merkel sagte in diesem Schlussteil des Gesprächs, dass sie gerne CDU-Mitglied sei. Sie und Merz müssten „ein guter Jahrgang“ gewesen sein, weil beide Vorsitzende hätten sein wollen. Das komme im politischen Wettbewerb vor. Dass Merz jetzt Vorsitzender sei nach einem Mitgliederentscheid der CDU, „das ist dann so“.

Die Veranstaltung, bei der Merkel auftrat, war einem kleinen Buch gewidmet, das der Aufbau Verlag herausgegeben hat. „Was also ist mein Land?“ lautet der Titel, es enthält drei Reden von Merkel. Eigentlich geht es aber nur um diejenige, die sie am 3. Oktober vorigen Jahres zum Jahrestag der Wiedervereinigung gehalten hatte. Damals hatte sie sich enttäuscht gezeigt, dass ihre ostdeutsche Vergangenheit in der CDU als Ballast angesehen worden sei. Es sei eine sehr persönliche Rede gewesen, sagte Merkel am Dienstagabend. Sie habe sie vielleicht nur zum Schluss ihrer Amtszeit halten können, weil sie „ein Stück Verletzlichkeit“ gezeigt habe. 

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