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#Merkwürdiges Skitreiben auf der Piste

Merkwürdiges Skitreiben auf der Piste

Skifahren gehört zum Lebensgefühl eines nicht geringen Teils der Österreicher – wenn auch keineswegs aller. Entsprechend ist die Regelung der christdemokratisch-grünen Regierung, das Land nach den Weihnachtsfeiertagen wieder in eine allgemeine Schließung zu schicken, die Pisten und Skilifte aber offen zu lassen, auf sehr gegensätzliche Reaktionen gestoßen. Die einen begrüßten es als ein Fenster der Freiheit inmitten der verordneten Zwänge. Die anderen geißelten es als Inkonsequenz und schlechtes Vorbild.

Stephan Löwenstein

Die Wahrnehmung – auch international – wurde zunächst durch Bilder bestimmt, die nach der Wiederöffnung der Pisten an den Weihnachtstagen bei strahlendem Sonnenschein entstanden waren. Da schienen die Freunde des Brettlsports mancherorts in dichten Trauben vor den Liften und Seilbahnen zu stehen und keineswegs allesamt mit dem vorgeschriebenen Mund-Nase-Schutz versehen zu sein. Nicht zuletzt in der deutschen Boulevard-Presse erschienen Titelzeilen über „Zentimeterabstände“ und „Chaos“. Das rief auch die Regierung in Wien wieder auf den Plan. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hob den Zeigefinger und sprach von Bildern, die er „so nicht wieder“ sehen wollte. Der entsprechende Erlass wurde nachgeschärft.

Ein stichprobenartiger Eindruck vom Wochenende lässt vermuten, dass die Pistenaktivitäten an sich als Infektionstreiber nicht sonderlich ins Gewicht fallen dürften. In der Regel muss man die Liftkarten vorab bestellen. Wer das kurzfristig für den folgenden Tag tun möchte, riskiert, an die heruntergesetzte Kapazitätsgrenze zu stoßen.

Am Semmering, einem Skigebiet, das eine gute Autostunde entfernt südwestlich der Hauptstadt liegt und bei den Wienern für Tagesausflüge beliebt ist, gilt das auch am eher diesigen und an den Talstationen nassen Wochenende. Sportgeschäfte sind wie alle Läden, die nicht den Lebensbedarf versorgen, geschlossen, aber der Skiverleih hat geöffnet.

Prospekte aus den Wintersportregionen in Wiener Tageszeitungen

Die Fahrzeuge auf den Parkplätzen haben überwiegend Kennzeichen aus der Region, man hört aber immer wieder auch slowakische und ungarische Wortfetzen. Dabei haben die östlichen Nachbarländer ihre Grenzen zwar nicht geschlossen, aber ähnlich wie Deutschland versucht, touristische Reisen durch Quarantänevorschriften zu unterbinden. Hotels und Pensionen dürfen keine Urlauber aufnehmen. Zwar wurde in den Medien darüber berichtet, dass Skisportfreunde mit der Behauptung, sie seien Geschäftsreisende, gegen die Sperre verstoßen hätten, doch ein Massenphänomen kann das kaum sein. Widersprüchlich erscheint aber auch, dass in Wiener Tageszeitungen Prospekte aus den Wintersportregionen im gebirgigen Westen beiliegen, die mit Pauschalpreisen für Zeitspannen werben, die deutlich in die bis mindestens zum 18. Januar vorgeschriebene Schließung fallen. Die Beilagen dürften noch vor der Verkündung der österreichischen Regierung geordert worden sein.

Die Mehrzahl der Fahrer scheint sich an die Vorschrift zu halten

Beim Anstehen sowie in Gondeln und Liften ist das Tragen einer FFP2-Maske vorgeschrieben. Die Mehrzahl der Fahrer scheint sich an die Vorschrift zu halten, und an den breiten Sesselliften steht bisweilen auch Personal, das an die Einhaltung erinnert. Notfalls können Masken an der Kasse erworben werden.

Wer als Familie auftritt, wird auch in größerer Zahl als den vorgeschriebenen 50 Prozent Auslastung in die Seilbahn gelassen. Ebenso bleiben Sitzbänke vor den geschlossenen Skihütten trotz Absperrbändern nicht unbesetzt, vor allem zur Mittagspause mit mitgebrachten Broten. Einige Gaststätten verkaufen auch Würstel oder Pommes zum Mitnehmen – mit dem Hinweis, die Speisen dürften nicht an Ort und Stelle verzehrt werden. Mancher Imbiss findet auch im Auto am Parkplatz statt.

Dass geschlossene Seilbahnen nicht vor einem Ansturm vom Lockdown geplagter und wintersportfreudiger Menschen auf schneebedeckte Hügel schützen, hat sich allerdings am Wochenende auch in Deutschland gezeigt. Aus dem Sauerland und dem Harz, dem Thüringerwald und Oberbayern, dem saarländischen Petersberg und dem Taunus bei Frankfurt wurde über überfüllte Parkplätze und vor Menschen wimmelnde Hänge berichtet. Bei teils starken Schneefällen schien allerdings weniger Ansteckungsgefahr zu drohen als vielmehr ein Verkehrschaos und eine überlastete Polizei.

Nur wenig rentabel für die österreichischen Liftbetreiber

Für die österreichischen Liftbetreiber dürfte das Geschäft, so sehr es im In- und Ausland Aufsehen erregt hat, trotz allem nur wenig rentabel sein. Von 20 bis 30 Prozent des üblichen Aufkommens war zum Jahresende in den westlichen Bundesländern die Rede. In Reichweite der Ballungsräume dürfte eventuell auch die durch die Vorschriften gedeckelte Kapazität von 50 Prozent erreicht worden sein.

Ob das Öffnen der Pisten zu einem neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen führt, lässt sich noch nicht absehen. Am Sonntag wurden 1466 Neuinfektionen gemeldet, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt kaum verändert bei 156. Der Pistenbetrieb dürfte schon wegen der Betätigung an der frischen Luft nicht zu großen Clusterbildungen führen, anders als im Frühjahr das berüchtigte Après-Ski. Anders könnte es allerdings mit der psychologischen Wirkung sein, nach dem Motto „wenn das schon geht, dann wird man ja wohl auch Freunde besuchen können“. Zum harten Lockdown-Gefühl, wie es zu Ostern herrschte, passt das muntere Skitreiben jedenfalls nicht.

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