#Mit Tradition und Jugend kämpfen
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„Mit Tradition und Jugend kämpfen“
Im Jahr 2017, nur einen Monat nach dem Amtsantritt von Donald Trump als amerikanischer Präsident, erschien in den Vereinigten Staaten Timothy Snyders Manifest „On Tyranny“. Darin stellte der 1969 geborene, an der Yale University lehrende Osteuropa- und Holocaust-Historiker zwanzig Lektionen zusammen, die ihn seine Forschung übers zwanzigste Jahrhundert gelehrt hatte – und die nun sein Publikum lernen sollte. Das schmale Buch handelte jedoch vor allem von der Gegenwart, denn in dem Auftreten und der Wahlkampfstrategie von Donald Trump identifizierte Snyder aus seiner Beschäftigung mit totalitären Systemen vertraute Muster. Im Blick vor allem auf das Scheitern der Weimarer Republik proklamierte er höchste Gefahr für die amerikanische Demokratie. Damit war das Buch auch der Zukunft zugewandt, was die noch im selben Jahr erschienene deutsche Übersetzung dadurch betonte, dass sie statt „Twenty Lessons from the Twentieth Century“ als Untertitel „Zwanzig Lektionen für den Widerstand“ wählte.
Das Buch wurde ein Riesenerfolg unter politischen Aktivisten. Doch Snyder wollte im Sinne seiner fünfzehnten Lektion („Engagiere dich für einen guten Zweck“) auch junge Leser erreichen und nahm deshalb Kontakt zu einer in New York lebenden Erzählerin auf, die ihn mit ihrem 2018 erschienenen Debüt beeindruckt hatte. „Belonging“ hieß es in der amerikanischen Ausgabe, aber erzählt wurde darin eine deutsche Familiengeschichte. In Bildern, denn die Autorin Nora Krug, geboren 1977 in Karlsruhe, ist vor allem Illustratorin. „Heimat“ heißt das Buch auf Deutsch (F.A.Z. vom 17. August 2018), und es gewann in den Vereinigten Staaten den renommierten National Book Critics Circle Award und in deutscher Übersetzung sowohl den Schubart-Literaturpreis (für Belletristik) als auch den Evangelischen Buchpreis (als Sachbuch).
Arrangements, bei denen kaum eine Seite der anderen gleicht
Wie Snyder auf sie gekommen sei? Nora Krug sitzt im Berliner Café „Sowohl als auch“, weil sie auf Familienbesuch in Deutschland ist, und erinnert sich daran, dass ihr amerikanischer Verlag den Historiker um einen Blurb, eine lobende Einschätzung, für „Heimat“ gebeten hatte. Den lieferte Snyder gern, denn er sah in Nora Krugs Buch eine neuartige Verbindung von Schrift und Bild, die über die Montage unterschiedlichster illustrativer Elemente – eigene Zeichnungen, historische Abbildungen, Familienfotos, Aktenfaksimiles – eine Erzählplattform schafft, die den reinen Text, so eindrucksvoll der für sich auch bereits ist, noch einmal auf eine andere Ebene hebt. Das wollte er auch für sein Buch über Tyrannei. Und so bat nun Snyders Verlag Nora Krug um einen Gefallen.
Das war vor mehr als einem Jahr, Trump war noch an der Macht. Man mag es für leicht machbar halten, einen knapp mehr als hundertseitigen Text mit Bildern zu versehen, aber nicht, wenn man Nora Krug heißt. Denn sie wollte wie schon in „Heimat“ nur solchen Text im Buch, der in einer ihrer eigenen Handschrift nachempfundenen Type gesetzt ist, damit der persönliche graphische Stil nicht nur in den von ihr gezeichneten oder collagierten Bildern sichtbar wird, sondern auch im Text-Bild-Zusammenspiel. Und der Text sollte ungekürzt bleiben. Das erforderte Arrangements, bei denen kaum eine Seite aussieht wie die andere.
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