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#Mut in Zeiten der Flut

Mut in Zeiten der Flut

Zwei Reaktionen auf die Flutkatastrophe: Der 68 Jahre alte Tiefbauunternehmer Hubert Schilles fuhr mit dem Bagger an die Steinbachtalsperre bei Euskirchen, um deren Abfluss freizuräumen. Der war verstopft, das Wasser floss nicht ab, und der Damm drohte zu brechen. Das wäre der sichere Tod gewesen, nicht nur für den Mann im Bagger. Es war, als würde er eine Bombe entschärfen, und zwar zum ersten Mal in seinem Leben und nicht, weil er wollte, sondern weil irgendjemand musste. Der Mann ging an die Arbeit und sprach zu Gott: „Du, Herr, musst wissen, was passiert.“ So berichtete er es später. Sein Werk gelang.

Ein paar Tage später sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Marcus Theurer, in der Katastrophe zeige sich ein „erhebliches Systemversagen“, für das Bundesinnenminister Horst Seehofer die persönliche Verantwortung trage. Seit Jahren lägen die Reformvorschläge der FDP auf dem Tisch, aber passiert sei nichts. Das gefährde Menschenleben.

Es sagt viel aus über ein Land, wie es eine Katastrophe bewältigt

Der Vergleich des Baggerfahrers Schilles mit dem Politiker Theurer geht zu Ungunsten des Letzteren aus. Nicht, weil der eine baggerte und der andere redete. Sondern weil der eine selbstlos war und der andere selbstgerecht.

Krisen verlangen Menschen das ab, was ihnen auch sonst abverlangt wird, nur mehr davon und unter größerem Druck. Darum sagt es viel über ein Land, wie es eine Katastrophe bewältigt, viel über einen Politiker, wie er die Ursachen analysiert, und viel über die Bürger, wie sie in Not miteinander umgehen. 

Um mit dem Letzten zu beginnen: In den überfluteten Orten halfen Menschen einander, wie sie noch nie geholfen hatten. Manche schufteten bis in die Nacht in den Häusern ihrer Nachbarn, um den Schlamm herauszuschaffen. Andere stiegen Hunderte Kilometer entfernt in ihre Autos, um zur Hilfe zu eilen. Zum Beispiel in Grimma und Colditz, zwei Städtchen in Sachsen. Jetzt ging es nicht mehr um Wessi und Ossi wie sonst oft, sondern ums Ganze. Wieder andere richteten ihre Gästezimmer her, für jene, bei denen zu Hause nun das Wasser stand. Manchen gelang es sogar, unter Einsatz des eigenen Lebens andere Menschen aus den Fluten zu ziehen.

Nur wenige Deutsche suchten in dem Unglück der anderen ihren Vorteil. So wie die Hochwassertouristen, die in die überfluteten Gebiete fuhren, um zu gaffen. Manche brausten extra schwungvoll durch tiefe Pfützen, dass es nur so spritzte. Andere fotografierten erschöpfte Helfer, als wären diese Affen im Zoo. Sie blockierten Rettungswege. Andere kamen auf die Idee, ihren Sperrmüll ins Hochwassergebiet zu fahren, um ihn auf die Berge zerstörter Möbel und Kühlschränke zu werfen, die sowieso schon kaum zu bewältigen waren.

Und Betrüger erfanden eine neue Masche. In sogenannten Fake-Shops boten sie im Internet Bautrockner an; doch die Geräte kamen bei den Hochwasseropfern, die sie bestellten und im Voraus bezahlten, nie an. Es gibt viele Wege, die Not anderer auszunutzen. Wer dort unterwegs ist, hat sich nicht verirrt.

Nicht die Zeit der Rechthabenwoller

Das gilt auch für Politiker. Der FDP-Mann Theurer spricht schon von „erheblichem Systemversagen“, was auch immer ein unerhebliches wäre, bevor überhaupt feststeht, wer wo an welcher Stelle versagt hat, und macht Seehofer persönlich verantwortlich. Das auch noch garniert mit der Bemerkung, die FDP habe es ja schon lange besser gewusst. Selbst wenn, was erst noch zu beweisen wäre: Es ist die Zeit der Retter, nicht die der Rechthabenwoller. Natürlich müssen Politiker auch jetzt schon analysieren, warum die Katastrophe nicht verhindert werden konnte. Aber das ist Arbeit, und die dauert. Auch die Linke will sich diese Arbeit nicht machen und forderte schon Seehofers Rücktritt.

Alice Weidel von der AfD schlug in dieselbe Kerbe: Sie verkündete einerseits, erst jetzt werde klar, „wie groß das Versagen der Bundesregierung“ im Falle der Flut sei. Zugleich forderte sie Aufklärung darüber, welche Stellen innerhalb der Regierung versagt hätten. Die Haltung lässt sich auf eine Formel bringen: Keine Ahnung, aber davon viel. Fast schon klar, dass da die Bild-Zeitung gerne mittat: Auf der Titelseite brüllte sie „Oh Gott“, darunter stand die Zeile „Nach USA-Besuch: Merkel NICHT im Krisengebiet“. Ja, weil an jenem Tag der Bundespräsident im Krisengebiet war; die Kanzlerin kam einen Tag später. Hysterie vom Kiosk für jene, denen die Flut allein noch nicht aufregend genug war.

Aus Schaden kann nur klug werden, wer es auch werden will. Dieser Wille steht gerade Politikern gut zu Gesicht, die im Wahlkampf sind. Sie können sich jetzt beweisen: als Menschen, die nur das bewerten, was sie wissen, und helfen, statt sich aufzuspielen.

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