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#Nach der Unwetterkatastrophe: Katastrophenschutz auf dem politischen Prüfstand

Nach der Unwetterkatastrophe: Katastrophenschutz auf dem politischen Prüfstand



Noch während der Aufräumarbeiten in den Hochwassergebieten beginnt die politische Aufarbeitung. Sind konkrete Warnungen vor der Katastrophe ignoriert worden? Einige halten die Debatte für verfrüht.

Nach der verheerenden Flutkatastrophe haben Politiker und Verbände davor gewarnt, zu früh mit der Aufarbeitung zu beginnen oder Schuldzuweisungen vorzunehmen.

Es gehe jetzt darum, zunächst die Vorgänge um die aktuelle Flutkatastrophe genau zu analysieren, um zu sehen, ob und wo Abläufe nicht funktioniert hätten, sagte der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Das gelte vor allem für die Ebene der Bundesländer, denn die seien in erster Linie für den Katastrophenschutz zuständig. Vor voreiligen Schuldzuweisungen oder Reformvorschlägen warne er ausdrücklich.

Wüstner: Zuerst Menschen vor Ort helfen

Auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, warnte davor, die Debatte um die Aufarbeitung zu früh zu starten. Es gelte jetzt in erster Linie mit aller Kraft den Menschen vor Ort zu helfen und „anschließend aufzuarbeiten, wo Bund, Land und Kommunen im Bevölkerungsschutz besser werden können“, sagte Wüstner der „Heilbronner Stimme“. Gut sei, dass die Verteidigungsministerin bereits im Mai die Stärkung des Kommandos Territoriale Aufgaben, welches unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe verbessern soll, eingeleitet habe. Dies gelte es voranzutreiben.

Zuletzt wurde massive Kritik an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) laut, dem das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zugeordnet ist. Warnungen der Meteorologen hätten demnach die Menschen vor Ort zu spät erreicht. Seehofer wies dies zurück. „Ich schließe nicht aus, dass wir das ein oder andere verbessern müssen.“ Aber die Warnmeldungen hätten ohne jedes technische Problem funktioniert, sagte Seehofer. Die FDP-Fraktion sowie die Grünen-Fraktion im Bundestag beantragten kurzfristige Sondersitzungen des Innenausschusses.

Merkel reist nach NRW

In Rheinland-Pfalz starben bei den verheerenden Unwettern nach Polizeiangaben 117 Menschen (Stand: Montag). Aus Nordrhein-Westfalen waren zuletzt 46 Todesopfer bekannt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist erneut in die Hochwassergebiete im Westen Deutschlands gereist. Nach ihrem Besuch im von der Flutkatastrophe schwer getroffenen Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz kam sie nun nach Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der zugleich Unionskanzlerkandidat ist, macht sie sich am Mittag in Bad Münstereifel ein Bild der Lage.

Scheuer will künftig per SMS warnen

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer fordert, dass Betroffene in Zukunft per SMS gewarnt werden. „Ich bin dafür, dass wir diese Push-Nachrichten auch über die Mobilfunkanbieter beim Bürger ankommen lassen. Aber das ist immer gescheitert, weil der politische Wille an mancher Stelle gefehlt hat“, sagte der CSU-Politiker am Dienstag im „Bild live“-Polittalk.

Menschen in den betroffenen Gebieten wurden letzte Woche teils über Warn-Apps wie Nina oder Katwarn vor Unwettern gewarnt. Nun wird diskutiert, wie die Bevölkerung in Zukunft besser vor ähnlichen Katastrophen gewarnt werden kann. Flächendeckende Warn-SMS gibt es in Deutschland bislang nicht, in anderen Ländern wie den USA sind sie üblich.

Jung: „Glasklare Analyse“ nötig

Für den Katastrophenschutz sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Der Bund hat hier keine unmittelbaren Zuständigkeiten. Bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen können die Länder allerdings zum Beispiel das Technische Hilfswerk (THW) oder die Bundespolizei zur Hilfe anfordern.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe „nach der akuten Nothilfe eine glasklare Analyse“ dessen, was für die Zukunft aus der Unwetterkatastrophe zu lernen sei. Als Beispiel nannte er „Konsequenzen für die künftige Kommunikation bei Extremwetter“. So habe etwa das Zusammenbrechen von Festnetz und Mobilfunknetz die Kommunikation erschwert.

Feuerwehrverband: „Phase der Nothilfe“

Auch der Deutsche Feuerwehrverband sprach sich für „eine Aufarbeitung und Evaluierung“ für die Zeit nach dem noch laufenden Einsatz aus. „Dabei ist auch zu klären, ob etwa Warnsysteme angepasst werden müssen – beispielsweise mit der analog angesteuerten Sirene als Ergänzung zu digitalen Medien“, sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der „Augsburger Allgemeinen“. Derzeit sei es aber zu früh „für Forderungen oder gar Schuldzuweisungen“. „Aktuell befinden wir uns vor Ort noch in der Phase der Nothilfe.“

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei forderte derweil ein nationales Katastrophenschutzgesetz. „Nicht, um den Föderalismus zu unterminieren – sondern, damit wir handlungsfähig sind, wenn die Schadenslagen über Ländergrenzen hinaus gehen“, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“. Zudem schlug Frei vor, sich bei den Soforthilfen für die Opfer der Flutkatastrophe an den Erfahrungen der Pandemie zu orientieren. Das entscheidende an den Soforthilfen sei, dass sie sofort ankommen. „Hier könnten die Corona-Soforthilfen im Frühjahr 2020 ein Vorbild sein, mit denen Betroffenen unbürokratisch geholfen werden konnte. Dabei sollten auch Unternehmen und die Landwirtschaft miteinbezogen werden.“

400 Millionen Euro stehen bereit

Bund und Länder wollen die Flutopfer nicht nur mit millionenschweren Soforthilfen unterstützen, sondern ihnen später auch beim Wiederaufbau helfen. Wie Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) ankündigte, sollen als schnelle Hilfen rund 400 Millionen Euro bereitstehen. Zusätzlich ist ein Aufbaufonds geplant, über den Bund und Länder nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verhandeln wollen, sobald die entstandenen Schäden eingeschätzt werden können. Darüber hatte am Montag zunächst die „Rheinische Post“ berichtet.

Die Soforthilfe von 400 Millionen Euro soll demnach zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den betroffenen Ländern getragen werden. Außerdem will der Bund den Ländern die Kosten für Rettungseinsätze von Bundespolizei, THW und Bevölkerungsschutz erlassen. Auch die Bundeswehreinsätze im Überschwemmungsgebiet sollen den Ländern nicht in Rechnung gestellt werden. Das Hilfspaket soll am Mittwoch vom Kabinett auf den Weg gebracht werden. Auch vorher können die Länder allerdings schon Soforthilfen aus eigenen Töpfen auszahlen.

© dpa-infocom, dpa:210720-99-442829/6 (dpa)

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