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#Nationalpreis an Anselm Kiefer

Carl Schmitt mit seinem „Nomos der Erde“ zur Begrifflichkeit von Großräumen hätte seine Freude an diesem Festkommers gehabt. Der Nationalpreis wurde am Donnerstag im Französischen Dom am Gendarmenmarkt an den seit Langem in Frankreich lebenden Anselm Kiefer verliehen, und beide Laudatoren, der eine Kanzler Hamburger Herkunft, der andere aus Hessen stammender Kunsthistoriker, durchdrangen die Bildwelten des Künstlers mit Metaphern des Raums, der spätestens seit Richard Wagner schnell auch zur Zeit wird.

Der Künstler selbst sprach anschließend in charmantestem Badisch über Grenzen und Entgrenzungen: körperliche (die Haut als unsere semipermeable Grenze zur Welt, des Künstlers Kinderkörper an der nahen Rheingrenze zum „Gelobten Land“), psychologische (weil das Rheinwasser zuhause häufig den Keller überschwemmte, dachte der Bub, die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland verlaufe im liquiden elterlichen Souterrain), kosmische (die Menschen versuchen die Unendlichkeit des Alls durch anthropomorphe Sternbilder einzuhegen), über digitale Limitierungen (beim Wischen wird nicht mehr die Hand gebraucht, nur noch der Finger; jede Tiefe wird durch Oberflächlichkeit ersetzt), ökologische (die entgrenzten Wasserpegel werden eine neue Völkerwanderung auslösen) und künstlerische („Verspreche weiterzumachen, mit Kunst und Anti-Kunst“).

Wühlen in den Untiefen deutscher Geschichte

Nun bringt es ein Nationalpreis mit sich, dass weniger auf die Unterschiede zu anderen Künstlern geblickt als vielmehr Abstraktes gesucht wird, etwas, das ein Land und seine Charakteristik zu repräsentieren vermag. Der Kunsthistoriker Florian Illies meisterte dies ähnlich souverän, wie sich einst auch der vor den Nationalsozialisten exilierte Kunstwissenschaftler Erwin Panofsky auf die einkreisende Suche nach der „Englishness of English Art“ begab. Illies blickte dabei weniger auf Kiefers Einsatz des deutsch-schweren Materials Blei, das auch Bildhauer wie Richard Serra verwenden. Vielmehr suchte er herauszupräparieren, was Unterscheidendes im Wesen Kiefers zu finden sei, der März 1945 „unter der Erde“ in einem Luftschutzkeller zur Welt kam und sich seither stellvertretend für uns alle beim Wühlen in den Untiefen deutscher Geschichte schmutzig macht.

Drei Großmetaphern schälte Illies heraus: Zum einen eben die des Wühlers, zum anderen die des Sehers, der außerhalb der Grenzen von Zeit stehend, dreidimensional in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich blicke. Das wichtigste Bild allerdings bleibt jenes des „Lebenslügendetektors“. Das liege in Kiefers Vermögen, seinen Bildern die eigene Negation einzuschreiben. Hier spielt dann doch das Material Blei eine Rolle, das sowohl die schwere deutsche Geschichte als auch die Biegsamkeit jeder Historie zu verkörpern vermag.

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