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#Nationalversammlungs-Wahl in Frankreich: Macron bald ohne Mehrheit?

„Nationalversammlungs-Wahl in Frankreich: Macron bald ohne Mehrheit?“

Emmanuel Macron hat sich seine zweite Amtszeit wohl anders vorgestellt. Ende April als Präsident wiedergewählt, wird sich erst bei den zwei Runden zur Parlamentswahl an den beiden kommenden Sonntagen entscheiden, ob er weitere fünf Jahre „durchregieren“ kann. Laut den jüngsten Umfragen ist das alles andere als gewiss. Macrons Partei droht ihre absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu verlieren. In der Wählergunst zuletzt zugelegt hat hingegen das Bündnis um den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon. Er hat es geschafft, Sozialisten, Kommunisten und auch Grüne hinter sich zu vereinen, und will Premierminister werden.

Wirtschaftspolitische Reformvorhaben stehen damit auf der Kippe. Macron will das Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre erhöhen, Mélenchon und sein Bündnis wollen es bei vierzigjähriger Arbeit auf 60 Jahre senken. Auf dem Weg zur Klimaneutralität muss aus Sicht von Macron der Energieverbrauch sinken und der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix steigen, hier soll aber auch die Atomkraft eine wichtige Rolle spielen. Die Linken dagegen wollen raus aus der Atomkraft und fordern 100 Prozent Erneuerbare. Beide Vorhaben, Rentenreform und die „großen Projekte der ökologischen Planification“, wolle er „ab diesem Sommer“ auf den Weg bringen, kündigte Macron an. Mit einem linken Premier dürfte das jedoch schwierig werden – ob er nun Mélenchon heißt, diesem nahesteht oder selbst wenn die Macron-getreue Elisabeth Borne Premierministerin bleibt, ohne absolute Mehrheit im Parlament aber viele Kompromisse schmieden muss.

Wie die Rechtspopulistin Marine Le Pen, die zuletzt kaum öffentlich auftrat und deren Partei im Parlament nur wenige Stimmen erhalten dürfte, bedient Mélenchon antideutsche Ressentiments. In seinem 2015 erschienenen Buch „Der Bismarckhering – das deutsche Gift“ unterstellte er den Nachbarn, Europa durch ihr Wirtschaftsmodell auszunehmen. Mélenchon hat zum „Ungehorsam“ gegenüber europäischen Verträgen wie dem Stabilitätspakt aufgerufen und fordert Frankreichs NATO-Austritt. Die Aufstockung des deutschen Wehretats kritisierte er.

Kritik für Mélenchons Pläne

Finanzpolitisch beteuert Mélenchon, ein seriöses Programm vorgelegt zu haben. Zu der Senkung des Renteneintrittsalters kommen weitere teure Maßnahmen wie die Erhöhung des Mindestlohns auf 1500 Euro und ein Grundeinkommen für Jugendliche in Höhe von 1063 Euro im Monat, wodurch sich nach eigenen Angaben in Summe jährliche Mehrausgaben von 250 Milliarden Euro ergeben. Unter Berufung auf Daten der Banque de France sei davon eine „Ankurbelung der Wirtschaft durch den Konsum der Bevölkerung“ zu erwarten. Weil zudem die Vermögensteuer wiedereingeführt und andere Steuern erhöht werden sollen, erwartet Mélenchon jährliche Mehreinnahmen von 267 Milliarden Euro, unterm Strich also einen Gewinn.

Die Ökonomen des liberalen Instituts Montaigne setzten Fragezeichen hinter diese Rechnung. Die Ausgaben taxierten sie vielmehr auf 331 Milliarden Euro und die Einnahmen auf gerade einmal 112 Milliarden Euro. Frankreich, das schon heute fast doppelt so hoch verschuldet ist wie nach dem europäischen Stabilitätspakt zulässig, steuerte mit einer starken Linken im Parlament also auf ein finanzpolitisches Experiment zu – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da neue Staatsschulden merklich teurer geworden sind. So haben die Zinsen für französische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit infolge der geldpolitischen Straffung der EZB erstmals seit acht Jahren die Zweiprozentmarke geknackt.

Auch der zu politischer Zurückhaltung verpflichtete Notenbank-Gouverneur François Villeroy de Galhau kritisierte am Freitag indirekt Mélenchons Pläne. Im Radio warnte er vor der „allzu optimistischen Verwendung von sogenannten Haushaltsmultiplikatoren, die aus jedem Kontext gerissen werden“, und mahnte: „Wenn Frankreich zu viel ausgäbe und noch mehr Kredite aufnehmen müsste, würde es bei seinen Kreditgebern weniger Vertrauen erwecken, und die Kosten seiner Schulden könnten schnell steigen.“

Die wirtschaftliche Lage hat sich eingetrübt

Macron jedoch hat sich erst auf den letzten Metern vor den Parlamentswahlen dazu entschlossen, sich offensiv dem Druck von links zu widersetzen. Ende Mai unternahm er seine ersten öffentlichen Dienstreisen als Präsident. In den vergangenen Tagen warnte er dann eindringlich vor den „Extremen“ und der Gefahr, die von Mélenchon und Le Pen ausgehe. Ob die Strategie, an die Vernunft der Franzosen zu appellieren, abermals verfängt, scheint mit Blick auf die prognostizierte Wahlbeteiligung indes fraglich.

Selbst unter einer Reihe von Ökonomen stößt das Programm der Linken auf Zuspruch. Mehr als 170 von ihnen unterzeichneten einen offenen Brief, veröffentlicht auf der Internetseite des „Journal du Dimanche“. Darunter finden sich die prominenten Ungleichheitsforscher Thomas Piketty, Gabriel Zucman und Emmanuel Saez. „Zum ersten Mal im 21. Jahrhundert ist die Linke in Frankreich zusammengekommen, um einen Bruch mit dem Neoliberalismus zu vollziehen“, schreiben sie. Mélenchons Bündnis kehre „einer Politik den Rücken, die Ungleichheiten verstärkt, öffentliche Dienstleistungen schwächt und Ökosysteme schädigt“.

Dass sich die wirtschaftliche Lage eingetrübt hat, macht die Sache für Macron nicht leichter. Trotz Maßnahmen wie der eingefrorenen Strom- und Gaspreise, der Streichung der Rundfunkgebühr, einer Rentenerhöhung oder einem Tankrabatt nagt die Inflation unaufhaltsam an den verfügbaren Einkommen der Bürger. Die Ökonomen des regierungsnahen Instituts OFCE rechneten diese Woche vor, dass die Kaufkraft der französischen Haushalte in diesem Jahr wegen der Inflation um durchschnittlich 0,8 Prozent schrumpfen werde – und das, obwohl sich die beschlossenen Maßnahmen der Regierung auf rund 40 Milliarden Euro summierten und diese die Inflationsrate um 2,1 Prozentpunkte senkten.

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