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#Bis die Gefahr gebannt ist

„Bis die Gefahr gebannt ist“

Das Knattern der Hubschrauber ist schon von Weitem zu vernehmen, und es wird immer lauter, je näher man sich dem sonst so idyllischen Urlaubsort Schmilka in der Sächsischen Schweiz nähert. Im Halbminutentakt schweben die Hubschrauber über den mächtigen Sandsteinfelsen ein, fliegen hinunter an die Elbe, wo sie ihre großen, bis zu 3000 Liter Wasser fassenden Behälter eintauchen. Dann gewinnen sie, aufgereiht wie an einer Perlenschnur, schnell wieder an Höhe und biegen rechtselbisch in die hintere Sächsische Schweiz ab, dorthin, wo der Wald in Flammen steht. Bis zu 15 Hubschrauber von Bundeswehr, Polizei und Privatunternehmen beteiligen sich an der Rettungsaktion, und die Gemeinde Schmilka wirkt in diesen Tagen nicht wie ein Wanderort, sondern wie das Zentrum einer gewaltigen Militäroperation. Und dennoch ist es wohl ein Kampf David gegen Goliath, wenn sie das wenige Wasser über dem riesigen Feuergebiet ablassen.

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Seit einer Woche schon kämpfen die Einsatzkräfte hier gegen die Flammen, die am vergangenen Montag von jenseits der Grenze, aus dem Nationalpark Böhmische Schweiz, übergriffen. Zwischenzeitlich schien es sogar schon mal so, als hätten die unermüdlich gegen das Feuer kämpfenden Einsatzkräfte die Lage unter Kontrolle, aber dann fachten drehende Winde die Flammen von Neuem an.

Bald knallt die Sonne wieder

Und Regen, der war bisher immer nur angekündigt, dann aber ein ums andere Mal ausgeblieben. Am Montag jedoch geht ein mittlerer Platzregen hernieder, und zwar ausgerechnet in dem Moment, in dem Christine Lambrecht in der Sächsischen Schweiz eintrifft. Die Bundesverteidigungsministerin will sich persönlich ein Bild von der Lage machen, an deren Beseitigung die Soldaten einen großen Anteil haben. „Die Bundeswehr ist im Einsatz, wenn sie gerufen wird“, sagt Lambrecht nach einem Rundflug gemeinsam mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer über das Krisengebiet. Als ihr Hubschrauber auf den Elbwiesen landet, scheint schon wieder die Sonne, oder vielmehr: Sie brüht.

Lambrecht dankt den Einsatzkräften und sagt zu, die Flüge „auch über den Tag hinaus“ aufrechtzuerhalten, „bis die Gefahr gebannt ist“. Danach sieht es im Moment nicht aus. Zwar haben die rund 350 Einsatzkräfte, die am Montag gegen die Flammen kämpfen, dafür gesorgt, dass sie sich vorerst nicht weiter ausbreiten. Doch brenne vor allem der Boden großflächig und stellenweise in bis zu 50 Zentimeter Tiefe, heißt es in der Einsatzzentrale in Bad Schandau. Die Bekämpfung dieser Feuer sei am Montag ein Schwerpunkt der Arbeiten gewesen, sagt auch Michael Kretschmer, der am Wochenende seinen Urlaub abgebrochen hatte und in die Waldbrandgebiete im Südosten und Norden des Freistaats fuhr. Während in Nordsachsen die Lage inzwischen unter Kontrolle ist, sei ein Einsatzende in der Sächsischen Schweiz noch nicht abzusehen, sagte Kretschmer.

Neben den Löscheinsätzen schlagen die Einsatzkräfte mit Hacken Brandschneisen in den Boden, insbesondere am Großen Winterberg, der höchsten Erhebung des Nationalparks. Anschließend bringen sie einen Schaumteppich ein, der die Glut eindämmen und die hohen Temperaturen senken soll. Der Krisenstab des Landkreises beruhigte am Montag auch Anwohner, die sich wegen möglicher giftiger Komponenten des Schaums sorgten.

Dem sei nicht so, das Mittel wirke jedoch effektiv gegen Glutnester. Für die Bewohner und insbesondere die Tourismuswirtschaft ist der Waldbrand ein weiterer herber Schlag, nachdem sie zwei Jahre lange wegen Corona nur eingeschränkt Gäste empfangen durften. Jetzt sind die Orte hinter dem Nationalparkzen­trum Bad Schandau zwar nicht evakuiert, aber an einen normalen Urlaubsbetrieb ist nicht zu denken, zumal die Zufahrtsstraßen gesperrt sind, um die Feuerwehren nicht zu behindern, die aus ganz Sachsen und auch anderen Bundesländern angerückt sind, um beim Löschen zu helfen.

Ministerpräsident Kretschmer dankt am Montag den vielen Einsatzkräften. „Wir sehen ein Land, das unglaublich solidarisch ist“, sagt er. Zugleich gab er sich nach seinem mittlerweile zweiten Flug über das Katastrophengebiet binnen drei Tagen erschüttert. „Man will gar nicht hinsehen. Das Feuer hat eine klaffende Wunde in den Nationalpark gerissen.“ Es ist eine weitere, nachdem die extreme Trockenheit der vergangenen drei Jahre bereits schon große Waldflächen verdorren ließ. Auch vom Elbtal in Schmilka aus sind die vertrockneten Fichtenstämme zu sehen, vor denen die Hubschrauber ihre orangefarbenen Wasserbehälter in den Fluss tunken.

Mehr Zuspruch für zusätzliche Hubschrauber

Eine Tour vom Wasseraufnehmen bis zum Löschen dauert im Schnitt drei Minuten. Zudem haben Feuerwehren zweimal acht Kilometer Schläuche von der Elbe hinauf in das Waldbrandgebiet gelegt. „Noch schaffen wir das mit Hubschraubern“, sagt Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU). Löschflugzeuge, wie sie auf der tschechischen Seite zum Einsatz kommen, könnten im engen Elbtal jedoch nicht auftanken. Schuster wiederum hatte bereits im Juni drei Löschhubschrauber in den Haushaltsentwurf der Landesregierung hineingeschrieben.

Politisch war diese 77 Millionen Euro teure Investition in der schwarz-grün-roten Regierung bisher umstritten, doch nach den Bränden dieses Sommers könnte Schuster vermutlich eine ganze Flotte ordern. Ministerpräsident Kretschmer erklärte allerdings auch, sich mit Brandenburg und Sachsen-Anhalt abstimmen zu wollen, um einen Pool sowohl an Fluggerät als auch Einsatzfahrzeugen zur großflächigen Brandbekämpfung aufzubauen. Selbiges sei jahrzehntelang nicht nötig gewesen, doch werde es nun beinahe jährlich gebraucht. „Wir müssen in die Klimafolgenanpassung investieren“, sagt Kretschmer am Montag. Den Einsatz der Bundeswehr immerhin, das sichert Lambrecht beim Besuch zu, werde der Bund dem Land nicht in Rechnung stellen.

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