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#Neue Milliarden für die Schiene

Wer die Zukunft des Schienengüterverkehrs sehen will, muss nach Hamm fahren. Der ehemalige Rangierbahnhof dort war mal mit einer Gleislänge von 325 Kilometern der größte Deutschlands. Nun soll bis 2026 auf dem riesigen Gelände innovative Verladetechnik einziehen. Ein Projekt mit Vorbildcharakter, ein Musterbeispiel für Bahnlogistik, wie die Güterverkehrstochtergesellschaft der Deutschen Bahn , DB Cargo, schwärmt.

Die künftige Verkehrsdrehscheibe namens Multi Hub Westfalen wird laut Planungen auf 60 Hektar Fläche Schiene, Straße und Wasserstraße verbinden. Und damit 170.000 Lastwagenfahrten im Jahr einsparen, wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, damals noch Verkehrsminister, im Oktober 2021 vorrechnete, als die Absichtserklärung für den Bau unterzeichnet wurde. Es ist ein Projekt, das demonstrieren soll: Der Gütertransport auf der Schiene lebt wieder, und er wächst. Das war über Jahrzehnte nicht der Fall, ganz im Gegenteil.

Doch zur Wahrheit gehört auch: Wesentliche Teile des Güterverkehrs sind derzeit kaum konkurrenzfähig. Der Transport über die Schiene mag zwar klimaschonend sein, aber er ist häufig wesentlich umständlicher und teurer als der Einsatz von Lastwagen. Das gilt besonders für das „Einzelwagensystem“, das sowohl dem Marktführer DB Cargo als auch den Wettbewerbern Sorgen bereitet und etwa 18 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene ausmacht.

Dabei geht es um den Transport kleinerer Sendungen. Lange Zeit galt der Zug als optimales Transportmittel für grobe Güter, etwa in Form eines langen Kohlezugs. Doch die Branche will auch kleine Sendungsgrößen transportieren, in kleinen Wagengruppen oder sogar nur in einzelnen Wagen. Wenn es gut läuft, also viele Einzelsendungen in die gleiche Richtung gebündelt werden, können die Züge bis zu 740 Meter lang werden – und damit bis zu 52 Lkw ersetzen. Am Ende der Reise werden sie „entbündelt“ und an verschiedene Empfänger verteilt.

1,4 Milliarden Euro in vier Jahren

Das klingt gut, wurde in der Vergangenheit jedoch zunehmend unrentabel, weil es sich nicht mehr lohnte, die vielen kleinen Anschlüsse anzufahren. Deshalb muss jetzt der Staat einspringen: Auf Drängen der Branche stellt das Bundesverkehrsministerium in den vier Jahren 1,4 Milliarden Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Hinzu kommen 680 Millionen Euro für die Förderung der Trassenpreise. „Der Einzelwagenverkehr kann derzeit vor allem auf Grund des hohen Fahrzeugs-, Zeit- und Personalaufwands überwiegend nicht wirtschaftlich betrieben werden, ist aber von entscheidender Bedeutung für den Schienengüterverkehr, insbesondere für Schlüsselindustrien wie die Stahl – und Chemieindustrie“, hieß es aus dem Bundesverkehrsministerium.

Aktuell werden rund 1300 Gleisanschlüsse bedient, 900 weitere derzeit ungenutzte Verladestellen sollen wieder neue Angebote erhalten und sogar mehr neue Anschlüsse entstehen. „Hierzulande und anderswo wurde mittlerweile erkannt, dass Gesundschrumpfen nicht die Lösung ist. Wer die kleinen Bäche trockenlegt, hat irgendwann auch im großen Fluss kein Wasser mehr“, sagt der Branchenverband NEE.


Mitten im Klimawandel will die Bundesregierung der Eisenbahn im neuen Jahrtausend also wieder Vorfahrt einräumen. Für den Personenverkehr ebenso wie für den Güterverkehr sind die Ambitionen hoch. Politik und Bahn wollen die Zahl der ICE-Passagiere in diesem Jahr verdoppeln.

Und den Marktanteil des Güterverkehrs im Verkehrsmittelvergleich von derzeit gut 20 Prozent auf 25 Prozent bis 2030 hieven – die Branche selbst erwartet gar 35 Prozent bis 2035. Das heißt: Der noch immer stark wachsende Warentransport muss auf der Schiene viel stärker wachsen als auf der Straße. Dabei rechnen Experten auch dort in Zukunft mit einem deutlich höheren Lastwagen-Aufkommen. Einer langfristigen Prognose des Bundesverkehrsministeriums zufolge wird er bis zum Jahr 2051 um 54 Prozent steigen, der Güterverkehr auf der Schiene um etwa ein Drittel.

KI wird fester Bestandteil

Mehr Einzelwagen sind nicht der einzige Treiber, der dem Schienengüterverkehr wieder mehr Schub bringen soll. Auch eine Technologie wie die Digitale Automatische Kupplung, kurz DAK, soll dazu beitragen. Bislang – also seit mehr als 100 Jahren – wurden im Schienengüterverkehr fast ausschließlich Schraubenkupplungen verwendet. Um Wagen zu verbinden, müssen dabei Rangiermitarbeiter einen 20 Kilogramm schweren Bügel auf den Haken des nächsten Wagens legen, ein nicht ganz ungefährliches und langwieriges Verfahren.

Die DAK dagegen verbindet Güterwagen automatisch miteinander, ohne jegliche Handarbeit. Damit können Züge rascher zusammengestellt sowie länger und schneller werden. Allerdings gibt das nicht zum Nulltarif. Die Umrüstungskosten eines einzelnen Güterwagens werden auf 15.000 bis 17.000 Euro geschätzt. Mit Blick auf rund 63.000 Güterwagen der DB in Deutschland erreichen auch diese Kosten schnell einen stattlichen Milliardenbetrag.

Auch Künstliche Intelligenz will die Bahn in ihrem Betriebsalltag stärker nutzen. „Künstliche Intelligenz wird ab sofort fester Bestandteil unserer Betriebsabläufe. Sie hilft uns, mehr Güterwagen und damit mehr Fracht auf die klimafreundliche Schiene zu bringen“, gab Sigrid Nikutta, DB-Konzernvorstand für Güterverkehr, am Mittwoch bekannt. Mit Hilfe einer Kamerabrücke, die durchfahrende Güterzüge von allen Seiten optisch erfasst, können frühzeitig Schäden erkannt und Ladegut gescannt werden. Die Bilder werden von einer KI-Anwendung analysiert und geben Hinweise zum Zustand von Wagen und Ladung. Das helfe, Güterwagen effizienter und schneller zu reparieren.

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