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#Nibali ist Italiens größter Radheld

„Nibali ist Italiens größter Radheld“

Eine Abschiedsankündigung kann Kräfte freisetzen. Seit Vincenzo Nibali in seiner Heimatstadt Messina nach der 5. Etappe des Giro d’Italia einen endgültigen Schlusstrich für seine Profikarriere zum Ende der Saison bekannt gab, ist der Flossenschlag des „Hai“ genannten Radprofis wieder stärker geworden. Das demonstrierte er am Samstag ganz eindrücklich auf der schweren 14. Etappe im Hügelland des Piemont rings um Turin. Der 37-Jährige ließ sich nicht von der Mammut-Attacke des bayerischen Rennstalls Bora hansgrohe überraschen.

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Er blieb vorn dabei, als fünf Mann von Bora das Peloton mit einem Kollektivangriff sprengten. Und auf den letzten Kilometern war er selbst an der Spitze einer der aktivsten Fahrer. „Ich wollte den Tagessieg. Leider hat dies nicht geklappt. Es war ein sehr schwerer Tag, auch wegen der Attacke von Bora. Aber ich habe Zeichen gesetzt“, sagte er befriedigt am Ende.

Sein Zeichen setzen sorgte für wahre Adrenalinschübe beim Publikum an der Strecke. Dicht gesäumt von Menschen war der Stadtkurs um die historische Hauptstadt Italiens. Immer wieder brandete Jubel auf, wenn an den großen Monitoren eine Beschleunigung Nibalis zu sehen war oder der Streckensprecher mit sich überschlagender Stimme „Attacke Nibali“ ins Mikrofon brüllte. Ein ganzes Land feiert momentan den Süditalienier, mit Jubel und Anfeuerungsrufen, Spruchbändern und Kreideparolen auf dem Asphalt. Er ist ein großer Star in Italien, der letzte große Radheld – und das macht den Abschied so emotional.

Keine Dopingaffäre

Ein Nachfolger von ähnlicher Güte ist im italienischen Radsport nicht in Sicht. „Mit Nibali geht eine ganze Ära zu Ende. Ein vergleichbares Talent ist momentan nicht zu erkennen. Er ist zwar ein anderer Fahrertyp als Marco Pantani. Aber beide ragen auf ihre Weise heraus“, meinte Stefano Allocchio, einst vierfacher Etappensieger beim Giro und seit vielen Jahren Streckenplaner der Rundfahrt, gegenüber der F.A.Z.

Anders als Pantani, der andere Radheros der Neuzeit in Italien, anders auch als sein Teamchef Alexander Winokurow, gelang es Nibali auch, in seiner langen Karriere niemals in eine Dopingaffäre verstrickt gewesen zu sein. Für jemanden, der in den alten Zeiten des Radsports begann, als viel gedopt wurde, und auch ehrgeizige Ermittler viel Beweismaterial finden konnten, eine beachtliche Leistung.

Seit Nibalis Karriereende näher rückte, wurde Sizilien, und dabei besonders die engere Heimatregion Nibalis, häufig vom Giro aufgesucht. 2017 war das, 2018, 2020 und jetzt in diesem Jahr. Mehr Ehrung für einen Einzelnen geht kaum. Nibali gewann zwar in all diesen Jahren nie am Ätna, 2018 ließ er den Giro ganz aus. Den diesjährigen Stopp in seiner Heimatstadt Messina nutzte er aber als Forum für den Abschied. Das hatte Stil.

Frühere Weggefährten tauchten auf. Und auch ein Zeitrahmen ist gesetzt. Der bedeutet, dass mit jedem Tag, der vergeht, die Chancen geringer werden, diesen Stilisten auf dem Rad noch einmal live zu erleben. Das mobilisiert die Fans. Und es erhebt die letzten sportlichen Auftritte Nibalis zu nummerierten Originalen einer Kollektion.

Auch bei der Presse ist Nibali ein gefragter Gesprächspartner.


Auch bei der Presse ist Nibali ein gefragter Gesprächspartner.
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Bild: EPA

Nicht jedes Original ist gleich ein Meisterwerk. Auf vielen Etappen versteckt der zu Astana zurückgekehrte Profi sich im Feld. Aber seit der Ankündigung von Messina geht die Formkurve dieses früheren Gewinners von Tour de France, Giro d’Italia und Vuelta a Espana beständig nach oben. Verlor er am Hausberg Ätna – einen Tag vor dem Abschiedsavis von Messina – noch mehr als zwei Minuten auf die Konkurrenz, so hielt er sich bei der 9. Etappe nach Blockhaus ganz wacker, hatte nur 34 Sekunden Rückstand auf Tagessieger Jai Hindley, den neuen Star von Bora hansgrohe.

Und am Samstag war er nicht nur mit den Besten dabei. Er war auch selbst ein Protagonist. „Ich möchte so gern den Menschen, die mich in den letzten Tagen so angefeuert haben, die so deutlich zeigen, dass sie sich mir nahe fühlen, ein Geschenk machen“, sagte Nibali. Als Geschenke hat er Bilderbuchattacken auf dem Rennrad, heroische Etappensiege, vielleicht gar noch den einen oder anderen Tag in rosa im Sinn.

Eingeschränkter Spielraum

„Aber das ist nicht einfach hier. Das Niveau ist sehr hoch. Und ich bin im Klassement durch den Zeitverlust am Ätna etwas zurückgefallen – allerdings nicht weit genug, um von den Klassementfahrern weggelassen zu werden“, beschrieb er selbst seinen eingeschränkten Spielraum.

Den zumindest nutzt er bravourös. Astana-Teamchef Winokurow, hält sogar einen Podiumsplatz in Verona für möglich. „Carapaz und Hindley wirken uneinholbar. Dahinter aber ist alles offen“, meinte der Kasache.

Für das Gastgeberland des Giro stellt Nibali – neben dem noch zwei Jahre älteren Domenico Pozzovivo – die einzige Chance auf einen guten Platz im Gesamtklassement dar. Nibali selbst hat eher Etappensiege im Blick. Das Zeug dazu hat er sicher noch. Seinen Renninstinkt und die gute Radbeherrschung hat er nicht verloren. Mental wirkt er nach der Bekanntgabe des Abschieds befreiter. Und ein gutes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt, Ade zu sagen, hat er auch.

Er tritt in einem Moment ab, in dem eine Wiederholung von Gesamtsiegen bei großen Rundfahrten nicht mehr möglich erscheint, in dem er für einzelne Spitzenleistungen aber noch immer gut ist. Ein elder statesman mit Punch, ein Hai eben, der noch immer beißen kann.

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