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# „Einmal im Leben muss man dem Bundespräsidenten Hallo sagen!“

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Die Passanten auf der Braubachstraße können es gar nicht glauben. Soll tatsächlich in wenigen Momenten der Bundespräsident hier entlangkommen? Ganz sicher nicht, wissen einige, er werde gewiss nicht den kürzesten Weg durch die Menge von der Paulskirche zum Römerberg nehmen, sondern einen anderen, hintenrum, vage wird mit ausgebreiteten Armen ein Weg jenseits des Rathauses angedeutet. Andere sind zuversichtlicher, steigen vom Fahrrad ab und warten tapfer. „Einmal im Leben muss man dem Bundespräsidenten Hallo sagen!“

Manfred Köhler

Ressortleiter der Rhein-Main-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Und tatsächlich, der Festakt in der Paulskirche ist zu Ende, da kommt Frank-Walter Steinmeier schon. Vornerum, nicht hintenrum. „Ach, da isser“, ruft einer, „ich klatsch jetzt mal einfach“, sagt eine Frau, während der Bundespräsident mit großem Tross auf den Straßenbahngleisen entlang marschiert. Kein Pfiff ist zu hören, keine Buhrufe, das muss man ja heutzutage schon vermerken. Auch Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) wird ausgemacht, er ist so gelöst, als sei er schon Jahre im Amt und nicht erst eine Woche. Smartphones in die Höhe, dann ist die Gruppe der schwarz Gekleideten schon vorbei.


Ein paar Minuten später, auf der Bühne vor der Nikolaikirche, der Moderator hat reichlich respektlos „hochkarätige Politiker“ angekündigt, fassen sich der Bundespräsident und die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kurz. „Das hätte den Abgeordneten der Nationalversammlung vor 175 Jahren gefallen“, sagt Steinmeier mit Blick auf das Fest. „Demokratie ist kein Angebot von oben, sie ist das Recht aller“, belehrt Faeser das Publikum, freundliche Worte, freundlicher Applaus.

Es wäre einen Extrapplaus wert

Es ist Josef, der die Lage auf den Punkt bringt, „dass wir heute in Freiheit feiern können, ist etwas Wunderbares“, ruft er ins Mikrofon, und wenn man einen Moment lang nachdenkt, wie sie damals vor eindreiviertel Jahrhunderten ein paar Hundert Meter weiter in der Paulskirche gekämpft haben um diese Freiheit, wenn man kurz überlegt, wie wenige Menschen auch heute in Freiheit leben, dann wäre das jetzt eigentlich einen Extraapplaus wert, aber dermaßen feierlich ist dem feiernden Publikum dann doch selbst an diesem Jubiläumstag nicht zumute.

„Das ist nur eine Übung für die Eintracht, für die Pokalfeier“, wusste einer über die Menschenmassen auf dem Römerberg schon zu sagen, bevor die Politiker auf die Bühne kamen. Die Frankfurter feiern Demokratie und Freiheit bei diesem Bürgerfest am Himmelfahrtstag eben denkbar unprätentiös, Petrus fest an ihrer Seite, kaum eine Wolke ist zu sehen.

Warten auf Steinmeier: Bei sonnigem Wetter hat am Donnerstag das viertägige Bürgerfest zwischen Paulskirche und Main begonnen.


Warten auf Steinmeier: Bei sonnigem Wetter hat am Donnerstag das viertägige Bürgerfest zwischen Paulskirche und Main begonnen.
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Bild: Michael Hinz

Die Stadt zeigt sich passend dazu von ihrer Schokoladenseite, die städtische Tourismus und Congress GmbH mit ihrem rührigen Chef Thomas Feda hat ganze Arbeit geleistet, das ist hier nicht ein Weihnachtsmarkt im Sommer, auch wenn zur Grundversorgung Kartoffelpuffer und Rindswurst gereicht werden, die Leute stehen nicht an den Fressbuden Schlange, sondern vor dem Angebot des Unternehmens TimeRide, das auf dem Paulsplatz ausnahmsweise unentgeltlich zur virtuellen Reise in die Vergangenheit mit 3-D-Brille einlädt.

Glänzend und fotogen: „Jahrhundertglocke“ vor der Paulskirche


Glänzend und fotogen: „Jahrhundertglocke“ vor der Paulskirche
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Bild: Michael Hinz

Sie fotografieren sich gegenseitig vor der „Jahrhundertglocke“ der Paulskirche, die vor dem Kirchengebäude aufgestellt ist, sie stehen sogar Schlange vor der Paulskirche selbst, was sonst nie der Fall und doch an diesem Tage völlig angemessen ist. Erklärungsbedürftig scheint wiederum die wunderbare Idee, sich in nachgebildeten Telefonzellen mit historischen Persönlichkeiten zu unterhalten, viele schauen ebenso interessiert wie ratlos auf die Bildschirme auf dem Paulsplatz.

Am Mainufer locken Informationsstände, bei der Bundeszentrale für politische Bildung kann man ein Grundgesetz ergattern, bei der Hessischen Landesregierung Gummibärchen aus Gladenbach und damit aus hessischer Produktion, wie es sich gehört, die Stiftung Polytechnische Gesellschaft zeigt sich und der RMV auch.

Was steht denn da? Sinnsprüche hängen an Bäumen auf dem Paulsplatz.


Was steht denn da? Sinnsprüche hängen an Bäumen auf dem Paulsplatz.
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Bild: Michael Hinz

Das Bürgerfest geht bis Sonntag weiter, das Wetter soll passabel bleiben, wer genau Bescheid wissen will, sollte sich ein Programmheft besorgen, das an vielen Ständen ausliegt. Dort wird auch erklärt, was es mit den Stoffstreifen an den Bäumen auf dem Paulsplatz auf sich hat, auf denen Sätze stehen wie „Zusammen mein, zusammen sein“, über die man gewiss lange nachdenken kann, wenn man irgendwo in einer Schlange steht.

Es ist auch nachzulesen, wo überall Podiumsdiskussionen stattfinden mit ehrenwerten Gästen zu wichtigen Themen, die aber während der Festtage doch etwas in Gefahr sind, unverdient unterzugehen. Ganz Gewiefte werden das Bürgerfest auch nutzen, um unentgeltlich durch Museen zu streifen, denn aus diesem Anlass wird in einer Reihe dieser Einrichtungen kein Eintritt erhoben.

Das wahre Leben aber spielt sich doch bis Sonntag zwischen Paulskirche und Römer ab, dem Ort des demokratischen Anfangs und dem der praktizierten kommunalen Demokratie. „Nur in einer Demokratie kannst Du sagen, was Du willst“, steht auf einer Postkarte, die man am Stand der Landesregierung mitnehmen kann“, „nur in einer Demokratie kannst Du leben, wie Du willst“ auf einer anderen. Am Römer wehen die Flaggen Frankfurts, Deutschlands, der Europäischen Union – und die der Ukraine. Leise Mahnung, dass die Freiheit keineswegs so selbstverständlich ist, wie es scheint, bei diesem schönen Fest im Mai.

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