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#Österreichs Gesundheitsminister Anschober über Öffnungen und Schnelltests

Österreichs Gesundheitsminister Anschober über Öffnungen und Schnelltests

Herr Minister, vor einem Jahr wurde das österreichische Skidorf Ischgl zum Synonym für eine Virenschleuder in ganz Europa. Dann kamen die niedrigen Fallzahlen durch die harten Schließungen. Jetzt gibt es vergleichsweise hohe Infektionszahlen, aber es wird geöffnet. In Deutschland fragt man sich: Ist das Vorbild oder abschreckendes Beispiel?

Stephan Löwenstein

Andreas Mihm

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Österreich hatte in den Monaten von April bis Oktober hervorragende Erfolge. Danach ist es nicht ausreichend gelungen, die Bevölkerung rechtzeitig und in ausreichendem Ausmaß wieder zur Umsetzung der restriktiveren Schutzmaßnahmen zurückzuführen. Im Winter konnten wir das stark verbessern. Wir haben aber gesehen, dass die Akzeptanz der österreichischen Bevölkerung endlich ist, dass manche Gruppen den Weg nach Monaten nicht mehr mitgehen wollen. Das Schlimmste wäre ein Lockdown, zu dem keiner mehr hingeht. Er ist unser schärfstes Instrument, das darf nicht abstumpfen. Deshalb haben wir gesagt, okay, gehen wir einen Weg der schrittweisen, sehr vorsichtigen Öffnung in Verbindung mit einer sehr innovativen Teststrategie.

Wie lautet diese Strategie?

Es ist gelungen, Österreich zum Land des Testens und damit auch der Vorsicht zu machen. Derzeit testen wir jede Woche 1,5 Millionen Schüler, 99 Prozent machen mit. Und wir sehen einen steigenden Trend bei den Tests für Erwachsene. Vergangene Woche waren es mehr als 1,3 Millionen. Für ein kleines Land mit neun Millionen Einwohnern ist das sehr viel. Viele Leute sagen mir, ich fühle mich fitter, ich fühle mich besser, wenn ich getestet bin. Wir können Tausende asymptomatische Fälle aus dem Infektionszyklus herausholen. Damit sinkt die Dunkelziffer massiv. Wir arbeiten hier im Ministerium gerade eine Strategie für die Zeit nach der Akutphase der Pandemie aus, für das Leben mit Covid. Da werden Tests eine große Rolle spielen. Das Virus sagt nicht: „Tschüß und das war‘s jetzt.“

Steigen die Zahlen, weil Sie so viel testen?

Zum Teil, aber auf die Tests entfallen nur 20 bis 25 Prozent des Zuwachses. Der Rest liegt an deutlich ansteckenderen Virus-Mutationen wie der britischen Variante, die bereits dominiert. Wir haben eine Pandemie in der Pandemie.

Müssen Sie nicht befürchten, dass Ihnen die Infektionszahlen davongaloppieren und Sie Ihre Öffnungsankündigungen zurücknehmen müssen?

Ich war derjenige, der gesagt hat: Vorsicht, langsam vorgehen! Wir haben uns auf folgenden Kompromiss geeinigt: Nach der Öffnung für Schulen, Handel und Dienstleistungen folgt der Kindersport, Ende März die Öffnung der Gastronomie ausschließlich im Freien. Davor wird es aber am 15. März wieder eine Sitzung geben mit einer Evaluierung des Infektionsgeschehens. Das wird entscheidend, wir können jederzeit die Notbremse ziehen. Ich muss sagen: Die Prognosen sind nicht gut. Es sieht etwa so aus wie im vergangenen Herbst vor dem großen Anstieg der Zahlen – mit zwei positiven Unterschieden: Jetzt wird das Wetter wärmer, und wir sind dabei zu impfen. Bis Ostern müssen wir durchhalten, dann wird es leichter.

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Sind Sie denn zufrieden mit dem Verlauf der europäischen Impfkampagne?

Sie ist grundsätzlich positiv. Es ist wichtig, dass wir beim Impfen keine nationalen Alleingänge haben, weil wir gemeinsam stärker sind. Die Verträge sind gut und rechtzeitig abgeschlossen worden, im Gegensatz zu dem, was uns Astra-Zeneca aus Eigeninteresse vorgeworfen hat. Wir wussten, dass am Beginn nicht weltweit dieselben großen Mengen bereitgestellt werden können.

Ausflüge nach Israel mit der impliziten Botschaft von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Europa könne es nicht, sind also überflüssig?

Ich finde, dass das Prinzip heißen muss: Wir Europäer arbeiten zusammen. Zweitens handelt es sich um eine Pandemie, da ist es allemal richtig, auch über Europa hinaus zu gucken, Allianzen zu schmieden und zusammenzuarbeiten. Das ist keine Initiative, die sich gegen die Europäische Union gerichtet hat, sondern eine Ergänzung und Erweiterung. Zunächst ist es ein Versuch, ein Start einer zusätzlichen Kooperation.

Können Deutsche in Österreich einen Sommerurlaub einplanen und womöglich jetzt schon buchen?

Selbstverständlich wünschen wir uns in Europa, dass wir wieder frei reisen können. Der Grüne Pass wird dafür eine wichtige Rolle spielen, damit wir uns überall auf dasselbe Prinzip verlassen können. Wir setzen uns dafür ein, dass auch Genesungen und Testungen einbezogen werden. Da sollte also schon etwas möglich sein im Sommer im schönen Österreich. Aber Prognose und Pandemie vertragen sich nicht gut.

Die türkis-grüne Koalition von ÖVP und Grünen hatte zuletzt schwere Belastungsproben. Es gab Streit über die Justiz und über Abschiebungen. Hält die Pandemie die Koalition zusammen?

Wir haben gewusst, dass die beiden Parteien sehr unterschiedliche Partner sind, was ihre Inhalte und politische Kultur betrifft. Gleichzeitig ist es für Österreich aus meiner Sicht eine Wohltat, weil dieses Abenteuer von Türkis-Blau (Anmerkung der Redaktion: die frühere ÖVP-FPÖ-Koalition) damit Geschichte ist. Das Regierungsprogramm trägt wichtige grüne Handschrift, beim Zusammenführen von Wirtschaft und Klimaschutz, durch eine starke Sozial- und Gesundheitspolitik, für eine starke, unabhängige Justiz und vieles mehr. In einer Situation wie dieser Pandemie muss eine Regierung liefern und darf sich nicht vorrangig in ideologische Fragen verlieren. Der Bundeskanzler und ich, wir haben eine Vertrauensebene gefunden, das ist für mich in der Politik in einer Akutkrise besonders wichtig.

Also können Sie das Experiment Ihren deutschen Parteifreunden empfehlen?

Wir werden sehen, für welche Konstellation die deutschen Wählerinnen und Wähler einen Auftrag erteilen – möglichst mit sehr starken Grünen im Zentrum. Die großen Zukunftsfragen sind doch grün. Ich würde mir natürlich wünschen, dass die deutschen Grünen in der Regierung vertreten sind.

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