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#„Opa hat Recht gehabt“

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„Opa hat Recht gehabt“

Selbst wenn er wollte, könnte Bernd Raffelhüschen seine Herkunft nicht verleugnen. Auch nach vielen Jahren an der Freiburger Uni kommt bei dem Finanzökonomie-Professor das nordfriesische Idiom durch: das gerollte R, die gedehnten Vokale, das Vokabular von der Insel Sylt, wo er herkommt.

Philipp Krohn

Philipp Krohn

Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

„Opa hat recht gehabt“, betont er in einem Gespräch über eine neue Untersuchung, in der er die Folgen der Corona-Pandemie für die deutsche Altersvorsorge analysiert. „Ein Drittel Hus und Hof, ein Drittel mündelsicher, ein Drittel Tüdelüt“, so habe ihm sein Großvater die Leitprinzipien der Geldanlage nahegelegt. Übersetzen ließe sich das so: je ein Drittel in Immobilien, Renten und Aktien.

Doch die Realität der Geldanlage sieht anders aus, darüber beklagt er sich in der Untersuchung im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment. Dafür hat er sich das Zusammenspiel aller drei Säulen der Altersvorsorge – gesetzliche, betriebliche und geförderte – angesehen. „Keine noch so starke Wirtschaftskrise ändert etwas an dem, was die demographische Krise der letzten Jahrzehnte für die Zukunft vorgezeichnet hat“, schreibt Raffelhüschen.

Unaufhaltsame Alterung

Weil die Corona-Pandemie weder die Geburten noch die Sterblichkeit in Deutschland stark beeinflusse, werde sie am beherrschenden Trend nichts ändern: der Alterung. In seiner Analyse kommt der Ökonom zu einigen kritischen Bemerkungen zum Zustand der Altersvorsorge. Die F.A.Z. hat diesen Befund mit führenden Fachleuten diskutiert. Seine grundlegende Einschätzung, dass die Finanzierungslücke der gesetzlichen Rente zu groß und in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat und dass die Fördersystematik in der privaten Altersvorsorge unzureichend ist, ist Konsens.

„Das Gebot der Stunde ist, angesichts der absehbaren demographischen Entwicklung die Umlagefinanzierung von Renten auf ein langfristig finanzierbares Niveau einzudampfen und die Kapitaldeckung mit der nötigen Breitenwirkung auszubauen“, sagt Martin Werding, Ökonom an der Ruhr-Universität Bochum, stellvertretend für alle. „In die Rentenpolitik muss daher Realismus einziehen – besser vor als nach der nächsten Bundestagswahl.“ Entscheidender Faktor für die Rentenentwicklung ist nach Raffelhüschens Darstellung der Altenquotient, also das Verhältnis der Deutschen im Berufseintritts- zu denen im Renteneintrittsalter.

Daraus ergibt sich eine Tragfähigkeitslücke – die Differenz aus den Barwerten künftiger Einnahmen und Ausgaben, sofern Rentenniveau und Beitragssatz in der gesetzlichen Rente konstant bleiben. Zu Zeiten des Sozialministers Norbert Blüm (CDU) habe diese bei 200 Prozent gelegen, Walter Riester, Ulla Schmidt und Franz Müntefering (SPD) sei es gelungen, diese auf 50 Prozent zu senken.

Wachsende Lücke

Durch die Reformen der SPD-Nachfolger Olaf Scholz, Andrea Nahles und Hubertus Heil sei sie wieder auf 100 Prozent gestiegen. „Die zwischenzeitlichen Verbesserungen durch die Agenda 2010 sind durch unsystematische Reformen in den Jahren 2008 bis 2020 größtenteils wieder verspielt worden“, schreibt er.

Interessant an der Studie ist das Zusammenspiel von Demographie, sozialer und privater Sicherung, Finanzwirtschaft und Konjunktur. Die Ausgangsbeschränkungen durch die Pandemie beeinträchtigten die Wirtschaftsleistung zwar stark, die langfristigere Wirkung schreibt er der Rückkehr zu höheren Schuldenquoten zu, die durch niedrige Zinsen auch Auswirkungen auf die Geldanlage haben werden. „Wir werden uns um die Corona-Schulden kümmern müssen“, sagt er im Gespräch.

Mit Hilfe von staatlichen Vorgaben für Versicherer, Banken und Pensionseinrichtungen – etwa niedrigen Eigenkapitalunterlegungen für Staatspapiere – zwinge der Bund diese in niedrige Zinsen. „Wo immer man hinschaut – überall schafft der Staat sich selbst die Nachfrage für seine eigenen Schuldverschreibungen“, heißt es in seiner Analyse. Schon deshalb sei eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik ausgeschlossen.

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