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#Otto Dix und die Folgen: Unheilvoll deplatziert

Die Kunst von Otto Dix beeinflusste Generationen. Eine Ausstellung in Hamburg zeigt die Aktualität des Malers auf – und fragt nach seiner Überwinterung in der NS-Zeit.

Ein kaum überstandener und schon wieder drohender Krieg, eine gefährdete Welt, die sich in diabolisch verzerrten Porträts des mit Spott überschütteten Personals der Weimarer Republik spiegelt, und die Ahnung einer Endzeit – dieses Gemisch, das neben Max Beckmann und Georg Grosz ein Otto Dix meisterlich beherrschte, betrachtet man nicht unberührt. Auch heute lässt sich diese lustvoll provokative Phase seines Werks nicht in einen historisch vakuumverpackten Tresor verstauen, was nicht zwingend für die dadaistisch oder expressionistisch angehauchten Arbeiten gilt. Der Kriegsgräuel anprangernde Dix der Weimarer Jahre, der mit seinen farbexplosiven Exkursionen in Bordell-Absteigen und bourgeoise Zerstreuungstempel für Schlagzeilen sorgte, hat nie aufgehört, in den Köpfen jener Gemüter zu spuken, die an gesellschaftlichen Transformationen interessiert sind. Das lässt sich gerade in der von Ina Jessen kuratierten Ausstellung „Dix und die Gegenwart“ an rund hundert zeitgenössischen Beispielen einer prominent bestückten Rezeption in faszinierender Überfülle studieren.

Neusachlicher Nihilist und Weltzergliederer

Dabei machte der bekennende Nihilist, von dem fünfzig Werke vertreten sind, beinahe jede ästhetische Mode mit. Er gab mal den kühlen Realisten, mal den kubistischen Weltzergliederer. Als Porträtist aber erschuf er neusachliche Ikonen, indem er stets nach dem Moment suchte, in dem die Selbstdarstellung schwächelt und die Pose entlarvend verrutscht. Sein in aller Schärfe festgehaltenes Typen-Kabinett ist so böse wie legendär. Man begegnet ihm in Julian Rosefeldts Schwarz-Weiß-Film „Deep Gold“, einer surrealen Hommage an die Berliner Nachtklubs der Zwanziger, zeitversetzt in Tobias Zielonys Einblicken in städtische Subkulturen in Moldau, deren Akteure während der Energiekrise zwischen dunklem Glamour und Tristesse balancieren, oder in den unverblümten Porträtzitaten des am Markt gerade überaus erfolgreichen Nicolas Party, der das berühmte blutrote Porträt von Anita Berber mit dem Kopf von Marlene Dietrich und den verrenkten Gliedern von Anzugträgern kombiniert.

Das motivische Netzwerk in die Gegenwart knüpft Jessen mit Sinn für die räumliche Weite und unerwartete Sichtachsen entlang von sieben Kapiteln. Auf Marina Abramovićs Installation „Balkan Baroque“, berüchtigt für den Haufen blutiger Tierknochen, auf dem sie als Reaktion auf den Jugoslawienkrieg saß und dabei die Fleischreste abzuschrubben versuchte, trifft man etwa unter der Klammer „Politische Landschaft“. Hier findet sich auch die Auseinandersetzung von Anselm Kiefer mit den Abgründen der deutschen Geschichte auf monumentalen Materialtafeln einer sich nie erschöpfenden Erinnerung. Im Raum „NS-Rezeption und Groteske“ nimmt Yael Bartana direkt Bezug auf Dix’ „Kriegskrüppel“ von 1920 und überträgt sie 2010 in ihre multimediale Arbeit „Entartete Kunst lebt“, deren Kritik an kriegsverherrlichender Propaganda angesichts der sich ausdehnenden Kriegskonflikte erschreckend aktuell wirkt.

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