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#Ökonomen empfehlen Abschaffung der Rente mit 63

Der von SPD, Grünen und FDP geplante weitere Ausbau der gesetzlichen Rente wird nach Ansicht führender Ökonomen nur dann langfristig finanzierbar sein, wenn sich die Koalition gleichzeitig zu einigen empfindlichen Einschnitten entschließt. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium regt daher nun in einem warnenden Brief an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an, dass nur Senioren mit kleineren Einkommen von der beabsichtigten Beschleunigung der jährlichen Rentenerhöhungen profitieren sollen. Auch solle man den Zugang zur abschlagfreien „Rente ab 63“ für langjährig Versicherte auf einen engen Kreis besonders bedürftiger Personen beschränken, schreibt der Beiratsvorsitzende Eckhard Janeba in dem der F.A.Z. vorliegenden Brief an Habeck.

Ohne solche Begrenzungen drohe der ohnehin unter Druck stehenden Rentenversicherung ein derart starker Ausgabenanstieg, dass „in den 2040er-Jahren mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts in die Rente fließen würde“, warnt der Mannheimer Ökonom, der seit Mai dem angesehenen Beratergremium vorsteht. „Die Gefahr ist groß, dass dadurch die Finan­zierung von Zukunftsaufgaben verdrängt wird, etwa der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft, aber auch vermehrte Bildungsanstrengungen und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur.“ Der Beirat bitte Habeck daher, „in der nun kommenden Diskussion die langfristige gesamtwirtschaftliche Perspektive zu betonen“.

Das Rentenpaket II der Ampelregierung nimmt Form an

Tatsächlich nehmen die Pläne der Ampel für ein „Rentenpaket II“ nun konkrete Formen an. Wie aus der Regierungskoalition zu hören ist, haben sich das Arbeits- und das Finanzministerium auf einen fertigen Gesetzentwurf verständigt, der nach Vorstellung dieser zwei Ressorts schon bald vom Bundeskabinett beschlossen werden könnte. Hierbei sollen durch eine neue „Rentenniveau-Haltelinie“ stärkere jährliche Ren­ten­er­höhungen für die Zeit bis 2040 gesetzlich festgeschrieben werden. Zugleich soll ein Element der Kapitaldeckung in die Rente eingebaut werden, das sogenannte Generationen­kapital.

Durch die Haltelinie würde der bisherige Generationenausgleich in der gesetzlichen Rente teilweise ausgehebelt: Mit ihm hätte der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge dazu geführt, dass sich die jährlichen Rentensteigerungen verlangsamen. Die geplante Haltelinie gibt stattdessen vor, dass die Renten bis 2040 immer mindestens so stark steigen müssen wie die Löhne. Schon in einem ausführlichen Gutachten von 2021, auf das sich Janeba nun bezieht, hatte der Ökonomenbeirat gewarnt, dass damit der Finanzbedarf sehr schnell um zweistellige Milliardenbeträge je Jahr steigen werde – und deshalb ganz von dieser Haltelinie abgeraten. Da dies aber inzwischen politisch nicht mehr realistisch ist, rät er nun dazu, zumindest das Ausmaß der Mehrkosten zu begrenzen.

Nach den Ampelplänen soll indes das Generationenkapital helfen, die Lasten für Steuer- und Beitragszahler zu dämpfen. Konkret soll dazu, über zusätzliche Schuldenaufnahme neben dem Bundeshaushalt, ein aktienbasierter staatlicher Vorsorgefonds mit bis zu 200 Mil­liar­den Euro entstehen, um später aus seinen Erträgen zusätzliche Stützungszahlungen an die Renten­kasse zu leisten. Zu Details des insoweit von Finanzminister Christian Lindner (FDP) erarbeiteten Entwurfs ist zu erfahren, dass ein stetiger Aufbau des „Generationenkapitals“ geplant ist: beginnend mit 10 Milliarden Euro in die­sem Jahr, 12 Milliarden Euro 2024 und dann jährlich um 3 Prozent steigenden Beträgen. Zudem ist die Zuführung von Eigenkapital aus Aktienbeteiligungen des Bundes vorgesehen. Dies soll reichen, um von 2035 an jährlich 10 Milliarden Euro an die Rentenkasse zu zahlen, so die Kalkulation.

Zu dem von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verantworteten Teil des Pakets ist indes außerdem dies zu hören: Die gesetzliche Mindestrücklage der Rentenversicherung soll von 0,2 auf 0,3 Monatsausgaben angehoben werden. Dies bewirkt, dass schneller für neue Einnahmen gesorgt werden muss, wenn sich die Rentenkasse leert – ob mit Beitragserhöhungen oder mehr Bundes­zu­schüs­sen. Bei einem zu kleinen Puffer besteht indes die Gefahr, dass die Renten­kas­se in Liquiditätsnot kommt, bevor solche Maßnahmen greifen.

Fachleute sehen Generationenkapital kritisch

Ob das „Rentenpaket II“ wirklich wie geplant Ende August im Bun­deskabinett beschlossen werden kann, ist vorerst aber unklar. Denn auch unabhängig von den Warnungen aus der Wissenschaft haben die Grünen Probleme damit: Sie halten im Grunde gar nichts vom „Generationenkapital“ und wenden ein, dass der im Entwurf vorgesehene Mittelaufbau nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt sei. Wie zu hören ist, hat Habeck vergangene Woche regierungsintern erst einmal ein Veto gegen die Einleitung der Ressortabstimmung zum Rentenpaket eingelegt; dies wäre der letzte Schritt vor dem Kabinettsbeschluss.

Kritik am Generationenkapital hat aber auch die Wissenschaft; dies klingt auch im Brief an Habeck an. Beiratsmitglied Axel Börsch-Supan, Chef des Munich Research Institute for the Economics of Aging, erläutert es so: „Völlig richtig ist das Ziel, für mehr Kapitaldeckung der Alterssicherung zu sorgen“, sagte er der F.A.Z. „Aber dazu ist aus meiner Sicht eine Stärkung von Betriebsrenten der bessere Weg.“ Der Ansatz eines kreditfinanzierten Generationenkapitals führe unterm Strich zu keiner echten Entlastung der jüngeren Generation und sei insofern sogar „ökonomischer Unfug“.

Allerdings ist das nur eine Seite der Kritik, wie der Forscher unterstreicht – denn erst recht schädlich sei es, wenn im Streit über dieses Projekt die fehlende Finanzierung für die geplante Rentenniveau-Haltelinie aus dem Blick geriete. „Das ganze Theater um den sogenannten Generationenfonds ist im Grunde eine völlig marginale Angelegenheit im Vergleich mit den Herausforderungen, denen die gesetzliche Rentenversicherung gegenübersteht“, warnt Börsch-Supan. Und diese würden mit der Haltelinie „noch viel größer“.

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