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#Paraguay wählt – und China schaut aufmerksam zu

Paraguays konservative Colorado-Partei hat in acht Jahrzehnten nur eine Präsidentenwahl verloren – im Jahr 2008. Sie steht für traditionelle Werte und hat im katholisch geprägten Paraguay eine breite Basis. Etwa 40 Prozent aller Wähler sind bei der Partei registriert. Bis heute verfügt sie über eine mächtige Maschinerie, die noch aus der Zeit der Militärdiktatur stammt.

Trotzdem könnte es an diesem Sonntag zum zweiten Mal so weit sein, dass der Kandidat der Colorado-Partei bei einer Wahl unterliegt. In letzten Umfragen liegt Santiago Peña in etwa gleich auf mit Efraín Alegre von der Authentischen Radikal-Liberalen Partei (PLRA), der das Oppositionsbündnis „Concertación“ anführt. Neben dem Präsidenten wählen die Paraguayer auch ein neues Parlament sowie 17 Gouverneure und die Regionalparlamente.

Wie in anderen Ländern Lateinamerikas, wo die amtierenden Präsidenten und Parteien in den vergangenen Jahren bei fast allen Wahlen abgewählt wurden, hat sich auch in Paraguay die Stimmung ge­gen die Regierung gewandt. Der 2018 angetretene Präsident Mario Abdo Benítez, der sich laut Gesetz nicht zur Wiederwahl stellen kann, kommt auf einen Zu­stimmungswert von weniger als zwanzig Prozent. Der Ruf nach einem Wandel ist laut geworden.

Ein harter Machtkampf in der Regierungspartei

Dabei ist die Unpopula­rität der Colorado-Partei selbst verschuldet. Mehrere Führungsfiguren sind in Skandale verstrickt, allen voran der frühere Präsident und heutige Parteivorsitzende Horacio Cartes, der der Geldwäsche, des Drogenhandels und Zigarettenschmuggels beschuldigt wird. Eines von Cartes’ Unternehmen, die Tabakfirma Ta­besa, soll gar Verbindungen zu kri­minellen Organisationen pflegen. Die Vereinigten Staaten haben Sanktionen gegen ihn verhängt. Ende März leitete auch die paraguayische Generalstaatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen Cartes ein.

Die Korruption wird in Umfragen als Paraguays größtes Problem eingestuft. Trotzdem weigert sich Cartes, den Parteivorsitz abzugeben. Dies hat zu einer internen Spaltung der Partei in einen von Cartes und einen von Präsident Benítez angeführten Flügel beigetragen. Bei den Vorwahlen im vergangenen Dezember entschied sich die Partei für den Kandi­daten von Cartes. Peña war Finanzminister in seiner Regierung. Doch der Machtkampf in der Partei geht weiter. Benítez bezeichnete Cartes indirekt als „Paraguays Krebsgeschwür“. Über Peña sagte er, dass dieser nicht der beste Kandidat sei. Benítez, gegen den es ebenfalls Korruptionsvorwürfe gibt, wird vorgeworfen, gegen die eigene Partei zu arbeiten.

„Mafia oder Vaterland“

In der Opposition haben sich indes 23 Parteien aus dem ganzen politischen Spektrum in der „Concertación“ zusammengeschlossen. Ihr Kandidat Alegre war Minister unter dem linken Präsidenten Fernando Lugo (2008–2012). Mit dem Slogan „Mafia oder Vaterland“ macht er Stimmung gegen die Colorado-Partei. Die Kriminalität, die ebenfalls zu den größten Sorgen der Paraguayer zählt, hat Alegre zum Wahlkampfthema ge­macht. Paraguay ist in den vergangenen Jahren zur Drehscheibe für Drogen- und Zigarettenschmuggel sowie Menschenhandel geworden. Der Vormarsch der organisierten Kriminalität hat die Gewalt verschärft, besonders in den Grenzre­gionen.

Der Ausgang der Wahl in Paraguay hat auch eine geopolitische Bedeutung, weit über die Grenzen hinaus. Paraguay ist das letzte Land in Südamerika, das weiterhin uneingeschränkte diplomatische Beziehungen mit Taiwan unterhält. Bei einem Wahlsieg der Colorado-Partei, die China sehr skeptisch gegenübersteht und deren Regierungen immer enge Beziehungen zu den Vereinigten Staaten pflegten, dürfte das so bleiben. In einem Interview sagte Peña, dass er „das geopolitische Dreieck zwischen Washington, Jerusalem und Taipeh als Werkzeug für die Entwicklung Pa­raguays“ sehe. Anders Alegre, der angekündigt hat, die Beziehungen zu Taiwan zugunsten Chinas aufzugeben.

Debatte um gemeinsames Kraftwerk mit Brasilien

Unterstützung für diesen Schritt kommt vor allem auch aus dem Agrarsektor, der sich davon neue Märkte für den Export von Soja und Rindfleisch erhofft. Schon seit Längerem fordern die einflussreichen Agrarverbände, die Beziehungen zu Peking zu verbessern. Auch die chinesische Impfstoff-Di­plomatie dürfte den Beziehungen zu Taiwan einen Schlag versetzt haben. Paraguay war eines der letzten Länder der Re­gion, die während der Pandemie um­fangreiche Impfkampagnen durchführten, während viele Nachbarländer von ihren Be­ziehungen zu China profitierten und chinesische Impfstoffe erhielten. In La­teinamerika haben seit 2017 schon Panama, die Dominikanischen Republik, Nicaragua, El Salvador und zuletzt Honduras ihre Beziehungen zu Taiwan zugunsten Pekings aufgegeben.

Eine weitere wichtige regionalpoli­tische Entscheidung, die der nächsten Re­gierung in den Schoß fällt, ist die Erneuerung des Vertrages zwischen Paraguay und Brasilien, der die Aufteilung und den Verkauf des Stromes aus dem binatio­nalen Wasserkraftwerk Itaipú regelt. Ge­messen an seiner Leistung, handelt es sich um das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt. Paraguay verbraucht aber nur rund acht Prozent des erzeugten Stroms. Der Vertrag aus dem Jahr 1973, der im August ausläuft, sieht vor, dass Paraguay allen nicht benötigten Strom zu einem fest­gelegten Preis an Brasilien verkauft, an­statt ihn zum Marktpreis frei anzubieten.

Viele Paraguayer glauben, dass der Vertrag ihr Land benachteiligt, und fordern bessere Bedingungen. Brasiliens neuer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sagte kürzlich, dass Brasilien Paraguay in einem neuen Abkommen den nötigen Respekt entgegenbringen müsse, ohne zu er­klären, wie groß dieser „Respekt“ sein würde.

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