Wissenschaft

#Pflanzenreste verraten frühen Kontakt mit Südamerika

Schon die ersten Bewohner der Osterinsel hatten offenbar Kontakt mit Südamerika, wie Archäologen herausgefunden haben. Indizien dafür liefern winzige, rund 1000 Jahre alte Stärkekörnchen, die in Ritzen von Obsidianwerkzeugen aus dem Norden von Rapa Nui erhalten geblieben sind. Die Stärkekörnchen stammen von typischen Nutzpflanzen des Pazifikraums, aber auch von Süßkartoffeln, Maniok und der essbaren Canna – Pflanzen aus Süd- und Mittelamerika.

Riesige Steinköpfe mit großen Nasen und langen Ohren blicken Ankömmlingen entgegen: Die gewaltigen steinernen Moais der Osterinsel sind so geheimnisvoll wie weltberühmt. Doch woher ihre Erbauer kamen, war lange umstritten. Der norwegische Abenteurer Thor Heyerdahl glaubte, in den Osterinsel-Statuen und auch einigen Begriffen der Sprache Ähnlichkeiten zu südamerikanischen Kulturen zu erkennen. Er vermutete deshalb, die Ureinwohner seien ursprünglich aus Südamerika gekommen. Die Mehrheit der Archäologen ging aber davon aus, dass die Besiedlung Polynesiens und auch der Osterinsel von Asien her erfolgte.

Welche Pflanzen kultivierten die ersten Besiedler?

Neuere Genomvergleiche belegen jedoch, dass es tatsächlich Kontakte zwischen den Rapa Nui und der indigenen Bevölkerung Südamerikas gegeben haben muss. In welcher Form und wann diese Kontakte stattfanden, ist jedoch noch unklar. Eine Möglichkeit, dies nachzuvollziehen, könnten die auf der Osterinsel kultivierten Pflanzen bieten: Wenn man herausfindet, welche Nutzpflanzen die frühen Besiedler der Insel mit sich brachten und anbauten, verrät dies auch ihre Herkunft. „Die Polynesier waren große Navigatoren und kreuzten mehrere Jahrhunderte lang den Ozean in allen Richtungen. Dabei brachten sie auch Pflanzen und andere Güter mit“, erklären Paloma Berenguer von der Universität der Akademie für christlichen Humanismus im chilenischen Santiago und ihre Kollegen.

Für ihre Studie analysierte das Team winzige Stärkekörnchen, die in 20 Obsidianwerkzeugen aus der Fundstätte Anakena im Norden Rapa Nuis erhalten geblieben waren. Diese Werkzeuge – Schaber, Messer und Bohrer – stammen aus der frühesten Fundschicht der Siedlung Aha Nau Nau und wurden auf ein Alter von rund 1000 Jahren datiert. Sie stammen damit aus der ersten Besiedlungsphase der Osterinsel. „Die Präsenz von unmodifizierter Stärke deutet darauf hin, dass diese Werkzeuge für die Bearbeitung von Wurzeln, Knollen und Früchten vor dem Kochen verwendet wurden“, erklären die Wissenschaftler. Mithilfe von morphologischen und chemischen Vergleichen bestimmten sie, von welchen Pflanzen die an diesen Werkzeugen klebenden Stärkekörnchen stammten.

Süßkartoffeln, Maniok und Canna aus Südamerika

Die Analysen ergaben, dass die ersten Siedler auf Rapa Nui damals einige für den polynesischen Pazifikraum gängige Nutzpflanzen kultivierten, darunter die Yamswurzel (Dioscorea alata) und Taro (Colocasia esculenta). Für drei aus Südostasien stammende Pflanzen ist es der erste Nachweis aus dieser frühen Zeit auf der Osterinsel. Dazu zählen die Brotfrucht (Artocarpus altilis), die Goldpflaume (Spondias dulcis) und der Ingwer. Doch zusätzlich identifizierten Berenguer und ihr Team auch Stärkekörnchen von drei Nutzpflanzen, die ursprünglich in Südamerika heimisch waren: die Süßkartoffel, Maniok und Canna, auch Achira oder Indisches Blumenohr genannt.

„Die Einführung dieser südamerikanischen Spezies nach Rapa Nui spricht dafür, dass es einen Kontakt zwischen den polynesischen Seefahrern und den Populationen Südamerikas gab“, schreiben Berenguer und ihre Kollegen. „Unsere Resultate liefern den ersten Beleg dafür, dass diese Pflanzenarten viel früher als bisher gedacht die Osterinsel erreichten.“ Die Bewohner der Insel könnten diese Pflanzen als Reiseproviant auf der Rückfahrt von einem Besuch an der Westküste Südamerikas mitgebracht haben. Denkbar wäre aber auch ein Besuch von südamerikanischen Ureinwohnern auf der Osterinsel. In jedem Falle stützt diese Studie damit die Annahme, dass es schon zu Beginn der Besiedlung von Rapa Nui direkte oder indirekte Kontakte zwischen den polynesisch-stämmigen Bewohnern und südamerikanischen Populationen gab.

Quelle: PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0298896

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