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#Rechercheur oder Terrorist?

Rechercheur oder Terrorist?

Am Ende dieses Prozesstages wird der Mann, der oft auch dann spricht, wenn ihn niemand etwas fragt, plötzlich sehr still. Franco A. sitzt blass und in sich zusammengesunken hinter der Anklagebank. Auf der Leinwand im Oberlandesgericht Frankfurt ist eine der Listen zu sehen, die er einst verfasst hatte. „Zentralrat der Juden“ und „Zentralrat der Muslime“, steht unter anderem darauf, weiterhin: „Handgranate“, „Sprengung des Rothschildsteins“ in Frankfurt sowie „Zerhetzung“ der deutsch-türkischen Rockergruppe Osmanen Germania. Ob das eine Todesliste sei, fragt der Vorsitzende Richter. A. schweigt lange, blinzelt, schaut auf die Liste. Nein, antwortet er schließlich, das sei eine „Rechercheliste“.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Im Prozess gegen den Bundeswehroffizier A. vor dem Oberlandesgericht Frankfurt wirkte die Anklage bisher zuweilen recht konstruiert. Die Bundesanwaltschaft wirft A. vor, Anschläge gegen Personen des öffentlichen Lebens geplant zu haben. Dafür soll er Waffen beschafft und versteckt haben. Die Taten habe er einem syrischen Flüchtling in die Schuhe schieben wollen, als der er sich über 15 Monate ausgab. Am Dienstag aber wirken die Vorwürfe erstmals schlüssig.

Auch die beiden Verteidiger A.s sind still geworden. Ihre Strategie scheint gescheitert. Zur Eröffnung des Prozesses taten sie die Anklage lautstark als konstruiert ab, sprachen ihr sogar die Rechtsstaatlichkeit ab. Bei A. handelt es sich ihrer Darstellung nach um einen Patrioten, der in Zeiten des angeblichen Unrechts aufgrund der ungezügelten Masseneinwanderung auf Missstände habe aufmerksam machen wollen.

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Der Angeklagte suchte diesen Eindruck in den ersten Prozesstagen zu verstärken, gab sich fröhlich und unbeschwert, erzählte bereitwillig über seine Zeit als vermeintlicher Syrer in bayerischen Aufnahmeeinrichtungen, über seine netten Begegnungen mit Asylbewerbern. Am Dienstag wirkt seine Zuversicht wie weggeblasen.

Der GBA legte Beschwerde beim Bundesgerichtshof ein

A. war offenbar wie seine Verteidiger von einem schnellen und entlastenden Prozess ausgegangen. Offenkundig hatten sie angenommen, das Gericht werde bei seiner Linie von 2018 bleiben. Damals hatte das Oberlandesgericht Frankfurt Zweifel an der Version der Generalbundesanwaltschaft (GBA) geäußert. Nachdem diese eine Anklage wegen des Vorwurfs einer Anschlagsplanung eingereicht hatte, lehnte das Gericht diese ab. Es sah keinen „hinreichenden Verdacht“ und verwies den Fall an das Landgericht Darmstadt.

Dort hätte sich A. wegen deutlich geringerer Vergehen verantworten müssen – etwa wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Doch der GBA legte gegen die Entscheidung Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof ein, der die Anklage dann zuließ. Das Oberlandesgericht musste sich in der Folge gezwungenermaßen mit dem Fall beschäftigen. A. sowie seine Verteidiger nahmen wohl an, das Gericht werde den Fall rasch nach Darmstadt delegieren.

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Dem widersprach der Vorsitzende Richter Christoph Koller kürzlich deutlich. „Gehen Sie nicht davon aus, dass der Senat bei der Auffassung von 2018 bleibt“, sagte Koller. Es sei „alles offen“. Das Verfahren werde „nicht kleingehandelt“; „wir klären das auf“. Und, direkt an A. gewandt: „Für Sie geht es hier um richtig viel.“ Selbst wenn keine Verurteilung nach Paragraph 89a Strafgesetzbuch erfolge, drohten allein für die Waffendelikte „erhebliche Strafen“. Ein „frühes Geständnis“ wirke sich auf die Strafzumessung günstig aus.

Er, so der Richter, gehe davon aus, dass es von Seiten der Verteidigung eine Strategie gebe, doch er habe „erhebliche Schwierigkeiten eine solche zu erkennen“, bisher habe gegolten: „Wir reden herum.“ Die Verhandlung laufe nun seit einiger Zeit, doch sei man so weit, „wie man am ersten Tag sein kann“. Und, an A. gewandt, es sei „Zeit, langsam zur Sache zu kommen“.

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