#Reise nach China: Warum Unionspolitiker in Peking Vertreter der KP treffen
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Zum ersten Mal seit Langem reist eine Gruppe von Unionsabgeordneten nach China und sucht das Gespräch – auch mit der Kommunistischen Partei. Was steckt dahinter?
Das Programm der Außenpolitiker der Union in Peking ist eng. Ein Besuch in der deutschen Botschaft ist dabei, einer im Volkskongress, bis Mittwochabend bleiben die Abgeordneten. Gleich nach der Landung am Montag steht schon der wichtigste Punkt an: Ein Gespräch mit dem Leiter des Internationalen Verbindungsbüros der Chinesischen Kommunistischen Partei, Liu Jianchao. Später werden sich die Bundestagsabgeordneten auch mit weiteren Vertretern der Internationalen Abteilung austauschen, wie das außenpolitische Organ der KP zumeist genannt wird.
„Es ist bei der zentralen Rolle der Kommunistischen Partei in China völlig klar, dass man mit ihr das Gespräch suchen muss“, sagt Johann Wadephul, der für Außen- und Sicherheitspolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union. Weil zudem Verteidigungsminister Li Shangfu verschwunden ist und dessen Amt bis heute nicht nachbesetzt wurde, und weil auch Außenminister Qin Gang geschasst und vom Obersten KP-Außenpolitiker Wang Yi ersetzt wurde, „gewinnen die Gespräche mit der Kommunistischen Partei noch mehr an Bedeutung“, so Wadephul.
Unverständnis über Warnungen des Verfassungschutzes
Vier Unions-Abgeordnete begleiten ihn nach Peking, darunter der außenpolitische Sprecher Jürgen Hardt. Lange ist es her, dass sich eine so große Gruppe von Unionspolitikern zusammen nach China aufgemacht hat. In den vergangenen Monaten aber suchen immer mehr Politiker aus dem Westen das Gespräch, während auch die Chinesen vorübergehend Gutwetter machen. Vor wenigen Tagen erst gestattete die Volksrepublik den Bürgern der fünf wirtschaftsstärksten EU-Länder die visafreie Einreise für Aufenthalte von bis zu zwei Wochen. „Wir stellen fest, dass es wieder die Chance gibt, mehr ins Gespräch zu kommen und Gemeinsamkeiten zu finden“, sagt Wadephul. Das zeige auch das Gespräch des chinesischen mit dem amerikanischen Präsidenten in San Francisco Mitte November. „Auch als Parlamentarier einer der größten Volkswirtschaften der Welt wollen wir dazu einen Beitrag leisten.“
Liu Jianchao, Leiter der außenpolitischen Abteilung der KP Chinas, bei einem Auftritt in Australien am 28. November
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Bild: AP
Wer als ausländischer Vertreter in Peking Politik machen will, kommt an der Internationalen Abteilung der KP nicht vorbei. Während Chinas Außenministerium die Öffentlichkeitsarbeit pflegt, liegt die außenpolitische Macht in der Partei, die in China alles kontrolliert. Der Leiter der Internationalen Abteilung Liu Jianchao ist ein weltgewandter Mann, hat in Oxford studiert, war zuvor Botschafter und hatte auch in der Partei schon weitere wichtige außenpolitische Posten inne. Kenner berichten, dass man in China mit der Internationalen Abteilung in der Vergangenheit noch am ehesten so etwas wie einen offenen Meinungsaustausch pflegen konnte.
Liu galt als freundlich und diskussionsfähig. Doch bestimmen auch hier zunehmend vorbereitete Sprechzettel die Beiträge. Diplomaten treffen Liu regelmäßig, der amerikanische Botschafter in Peking Nicholas Burns etwa macht seine Begegnungen mit ihm oft öffentlich. Liu empfängt Minister und ranghohe Vertreter ausländischer Parteien. Im Sommer war SPD-Ko-Chef Lars Klingbeil bei ihm. Immer wieder reist Liu auch selbst. In Paris wurde er jüngst von Außenministerin Catherine Colonna empfangen. Gerade kehrt er aus Australien zurück.
Vor diesem Hintergrund blicken manche mit Unverständnis auf Warnungen des deutschen Verfassungsschutzes, der im Sommer vor allem bei Treffen mit der Internationalen Abteilung dazu aufgerufen hat, „besondere Vorsicht und Zurückhaltung“ walten zu lassen. Diese sei als Teil des Nachrichtendienstapparats der KP zu betrachten und führe „verdeckte politische Einflussoperationen durch“, so der Verfassungsschutz. Die Ziele der Internationalen Abteilung laut deutschem Inlandsgeheimdienst: Weltweit Kontakte knüpfen und diese im Sinne der chinesischen Regierung beeinflussen. Was man eben von einer Internationalen Abteilung einer Regierungsstelle erwarten würde, entgegnen andere verwundert.
Schlägt das Pendel nach der Veröffentlichung der deutschen Chinastrategie also zu sehr Richtung Abschottung deutscherseits aus? Oder sind die meisten nach wie vor naiv, wenn sie Liu treffen? Die Unionspolitiker führen ihre Gespräche jedenfalls in einer entscheidenden Zeit für die Beziehungen zwischen Deutschland, China und der EU. Von Donnerstag an werden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel zum EU-China-Gipfel in Peking erwartet. Die Beziehungen sind angespannt wegen Chinas Haltung zum russischen Überfall auf die Ukraine, den Drohgebärden gegen Taiwan und Spannungen im Wirtschaftsbereich. Man müsse auch über „den Dissens reden, den wir haben“, sagt Wadephul. Das wolle man ansprechen und schauen, wie man wieder einen gemeinsamen Weg finde. „Wir erwarten von China eine aktive Rolle bei der Eindämmung des Krieges“, so Wadephul. „Das bisherige Verhalten nehmen wir einseitig als Parteinahme für Russland wahr.“ In der Wirtschaftspolitik bestehe man auf Reziprozität. „Nach wie vor sehen wir aber nicht, dass China deutschen Markteilnehmern die gleichen Möglichkeiten eröffnet, wie wir sie den chinesischen Unternehmen geben. Das belastet uns einseitig.“
Die Unionsfraktion hatte im Frühjahr ihre eigene China-Strategie vorgelegt. In der Analyse unterscheidet sie sich kaum von dem Papier der Regierung. Im April hatte Wadephul Außenministerin Annalena Baerbock nach Peking begleitet. Im Kern sehe man sich in der China-Politik nahezu auf einer Linie mit der Bundesregierung, sagt Wadephul. „Vor allem mit der Auffassung des Auswärtigen Amtes sehen wir eine große Übereinstimmung.“ Das darf man als Kritik am Kanzleramt lesen.
Wenngleich auch Baerbocks Auftreten kritisiert wird, die bei ihrem Besuch Schlagzeilen machte durch den Schlagabtausch mit dem damaligen Außenminister Qin über Menschenrechte und Sicherheitsfragen. „Ich schätze persönlich nicht unbedingt den Stil der Außenministerin, solche Dinge öffentlich auf Pressekonferenzen auszutragen“, sagt Wadephul. Was aber die politische Substanz angehe, sei die Schnittmenge aber groß.
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