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#Der lange Kampf um die Wiederholung einer Kommunalwahl

Der lange Kampf um die Wiederholung einer Kommunalwahl

Gut zehn Monate liegt die hessische Kommunalwahl jetzt zurück, und die neuen Stadtverordneten und Gemeindevertreter sind längst zum politischen Alltagsgeschäft übergegangen. Nicht aber Martin Oehler. Der streitbare Kommunalpolitiker und Fraktionschef der Offenen Liste Niedernhausen (OLN) ficht einen einsamen, aber hartnäckigen Kampf gegen die Feststellung der Gültigkeit der Wahl in seiner Heimatgemeinde. Seit Mai vergangenen Jahres liegt beim Verwaltungsgericht Wiesbaden sein Antrag, die Wahlen zur Gemeindevertretung und zu den Ortsbeiräten für ungültig zu erklären.

Oliver Bock

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für den Rheingau-Taunus-Kreis und für Wiesbaden.

Denn Oehler ist felsenfest davon überzeugt, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn alles korrekt zugegangen wäre. Oehler rechnet nicht mit einem schnellen Urteil in dem anhängigen Verwaltungsstreitverfahren, weil auf seine Veranlassung hin parallel die Staatsanwaltschaft „gegen Unbekannt“ wegen Siegelbruchs und Wählertäuschung ermittelt. Auch in diesem Verfahren geht es um den zumindest hochnotpeinlichen Fehler im Rathaus vor der Kommunalwahl von Niedernhausen und um die Vorgänge und Entscheidungen danach.

Statt richtiger Wahlzettel wurden Muster verschickt

In den Tagen nach der Kommunalwahl hatte die außergewöhnlich hohe Zahl ungültiger Stimmzettel überrascht und unter den Wählern für Diskussionen gesorgt. Es stellte sich heraus, dass von 573 zunächst als ungültig bewerteten Stimmzetteln 345 nur deshalb nicht gezählt worden waren, weil sie deutlich als „Muster“ gekennzeichnet waren und daher nicht den amtlichen Erfordernissen entsprachen. Solche Musterstimmzettel hatten alle 11.568 Wahlberechtigten einige Wochen vor der Wahl erhalten, um sich auf die Möglichkeiten des Kumulierens und Panaschierens vorbereiten zu können. Dagegen war und ist auch von Oehler nichts einzuwenden.

Doch eine unbekannte Zahl von Briefwählern erhielt diese Musterstimmzettel auch zur eigentlichen, amtlichen Wahl, und 345 Wähler sandten sie mit ihren Kreuzchen ausgefüllt zurück. Diese Stimmzettel wurden bei der Auszählung von den Wahlvorständen als ungültig verworfen, woraufhin 29 Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl im Rathaus eingingen.

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Schließlich wurde mehrheitlich entschieden, das Ergebnis der Kommunalwahl mit Blick auf die für ungültig erklärten Musterstimmzettel für „unrichtig“ zu erklären und jene Briefwahlstimmen, die ausschließlich wegen des „Muster“-Schriftzuges für ungültig erklärt worden waren, dem bisherigen Endergebnis zuzurechnen. CDU und SPD stellten sich geschlossen hinter diese Vorlage von Wahlleiter Steffen Lauber. Änderungsanträge aus den Reihen der kleineren Fraktionen, die eine Neuauszählung aller Briefwahlstimmen und die Einsetzung eines Wahlprüfungsausschusses verlangten, wurden abgelehnt.

Erfolgreiche Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft

Die meisten der damaligen Kritiker haben sich mit dieser vermeintlichen „Heilung“ des Fehlers bei der Auszählung der Briefwahlstimmen arrangiert. Oehler aber kämpft für die Annullierung des Wahlergebnisses. In der nachträglichen Öffnung versiegelter Pakete zur Klärung der tatsächlichen Zahl unrichtig „ungültig“ festgestellter Stimmzettel sieht Oehler einen schweren Verstoß. Sein Strafantrag wurde von der Staatsanwaltschaft Wiesbaden nach einer Vernehmung des Wahlleiters Steffen Lauber aber eingestellt, weil dessen Äußerungen dazu „glaubhaft“ seien. Das kann die Staatsanwaltschaft gemäß Strafprozessordnung tun, wenn die Ermittlungen ihrer Ansicht nach keinen genügenden Anlass zur Klageerhebung bieten.

Oehler reagierte mit Unverständnis und einer Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft. Mit Erfolg. Die wieder eingeschaltete Staatsanwaltschaft Wiesbaden ließ Oehler mit Schreiben vom 12. Januar lapidar wissen, dass „das Verfahren wieder aufgenommen wurde“. Dazu trug offenbar Oehlers umfassende Begründung gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft bei. Oehler förderte weitere Ungereimtheiten bei der Ergebnisfeststellung zutage, nachdem er auf Differenzen bei Ergebnisniederschriften des Wahlleiters gestoßen war. In denen war plötzlich nicht mehr von 573, sondern nur noch von 458 ungültigen Stimmen die Rede. 115 ungültige Stimmen seien zwischenzeitlich „plötzlich einfach verschwunden“, wundert sich Oehler. Es ist nicht die einzige Ungereimtheit und Unstimmigkeit, die ihn zu der Überzeugung bringt, dass die Wahl wiederholt werden muss.

Der Generalstaatsanwaltschaft liegt in diesem Zusammenhang noch eine weitere Beschwerde von Oehler vor. Denn die Staatsanwaltschaft Wiesbaden hat das von ihm veranlasste Ermittlungsverfahren gegen CDU-Parteichef Lothar Metternich und gegen CDU-Fraktionschef Heiko Wettengl wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung eingestellt. Aus der Sicht von Oehler geht es um eine erhebliche Beeinflussung des damaligen Wahlkampfs, die mit einer Rufschädigung einhergeht. Denn in einem CDU-Wahlkampfflyer hatte es geheißen, mit der CDU sei „organisierter Rechtsbruch, wie Martin Oehler von der OLN es will“, nicht zu machen.

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Der Anwalt von Metternich berief sich in seinem Schriftsatz auf den Grundsatz der Meinungsfreiheit und sah die Grenzen zum Strafrecht daher auch nicht überschritten. Oehler hingegen schon, weshalb er die Sache nicht auf sich beruhen lassen will. Die Unterstellung der CDU sei diffamierend und für ihn als Selbständigen wirtschaftlich existenzbedrohend: „Dies kann allen Ernstes niemand unter den Schutz der Meinungsfreiheit stellen“, heißt es in seinem Schriftsatz zur Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung. Auch in diesem Verfahren hofft er, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Wiesbadener Staatsanwälte dazu bringen wird, in der Sache weiter zu ermitteln.

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