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#Schule machen

Schule machen

Das Wort „Erziehung“ hat, wenn man genau hinhört, einen unschönen Unterton: Es klingt darin das Gezerre an, dem der zu Erziehende ausgesetzt ist, es klingt nach jemandem, der vom Lehrer am Ohr quer durch die Klasse an die Tafel gezogen wird, wo dann aus ihm etwas, nämlich seine Fähigkeiten, herausgezerrt werden soll. In Preußen war Erziehung lange genau das – etwas, das wie alles mit militärischer Unerbittlichkeit organisiert wurde. Sogar das Spielen wurde grimmigen Ordnungsvisionen unterworfen: Der erste Spielplatz Deutschlands, erfährt man im Katalog zu dieser Ausstellung, wurde 1790 auf Befehl König Friedrich Wilhelm II. errichtet, nachdem der die zukünftige Elite seines Landes in Berlin lärmend durch die Straßen toben sah. Er ließ ihr postwendend einen ummauerten Spielplatz bauen, eine Art Jugend-Gehege, das sehr an einen Exerzierplatz erinnerte; über das Eingangstor wurde, als vorauseilende Entschuldigung, der Satz „Dum lude videmur, est pro patria“ montiert – „während wir zu spielen scheinen, dienen wir dem Vaterland“.

Schulen können, obwohl das immer wieder von ihnen verlangt wurde, allein keine Gesellschaften neu erfinden; andererseits muss man sich, um eine Gesellschaft zu verstehen, nur ihre Schulen anschauen, ihre Universitäten und Spielplätze, Bibliotheken und Jugendzentren, wenn es die denn gibt – und genau das tut diese Ausstellung: Sie stellt, mit Blick auf die Bildungsräume und -träume der Sechziger- und Siebzigerjahre die Frage, wie wir trotz aller Anstrengungen und Ausgaben dort landen konnten, wo wir, während der Corona-Monate gut sichtbar, gelandet sind – in einer Bildungskrise. Diese Krise wurde von den meisten zunächst mal als Digitalisierungsdesaster erlebt: Lehrer, die unscharfe Arbeitsbögen in die Zoom-Kamera hielten, Kinder und Eltern, die ratlos auf Homeschooling-Apps herumklickten – der Ärger war groß und oft berechtigt. Aber die Gesundheitskrise offenbarte noch eine tiefsitzendere Bildungskrise: Nicht jeder hat ein iPad, Kinder aus ärmeren Familien, in denen die Eltern sich nicht ums Homeschooling kümmern konnten, wurden immer weiter abgehängt. Deutschland ist immer noch eines der Länder mit den geringsten sozialen Aufstiegsmöglichkeiten: Von einhundert Akademikerkindern studieren 79, gegenüber nur 27 Arbeiterkindern. Soziale Herkunft ist immer noch eine Hürde – schon weil nach dem Studium solvente Eltern gefragt sind, um die ersten unterbezahlten Jahre als Dauerpraktikant oder prekärer Freelancer zu überbrücken. Folge: Im Parlament liegt der Anteil von Akademikerkindern bei 80, in Dax-Vorständen bei 95 Prozent.

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