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Sie macht es auf ihre Art

Françoise Gilot ist die Frau, fast jeder weiß das, die zehn Jahre mit Picasso liiert war. Er lernte sie 1943 in Paris in dem Lokal „Le Catalan“ kennen; er ist da 61, sie 21 Jahre alt. Erst drei Jahre später lässt sich Gilot darauf ein, mit ihm zu leben, zu­nächst noch in Paris, dann im südfranzösischen Vallauris. Sie hat zwei Kinder mit ihm, Claude und Paloma, und verlässt ihn mit den Kindern 1953, weil ihre Liebe zu dem egomanischen Großkünstler erloschen ist. Als 1964, zuerst in Amerika, ihr Buch „Life with Picasso“ erscheint, das sie zusammen mit Carlton Lake verfasst hat, wird es international zum Millionenseller. Es ist bis heute als scharfsichtiges Zeugnis, vor allem wegen Gilots profundem Verständnis für Picassos Schaffen, in seiner Bedeutung ungeschmälert. Er selbst hat, ebenso verbissen wie erfolglos, versucht, das weitere Erscheinen mit allen juristischen Mitteln zu verhindern.

Rose-Maria Gropp

Redakteurin im Feuilleton, verantwortlich für den „Kunstmarkt“.

Doch Françoise Gilot ist vor allem eines: Malerin und Zeichnerin. Das war seit der Kindheit ihr entschiedenes Ziel. Ihr erster Mentor wurde der Maler Endre Rozsda, der dann als ungarischer Jude 1943 das besetzte Paris verlassen musste. Schon bevor sie Picasso begegnete, gab es eine erste Ausstellung mit ihren Arbeiten in einer kleinen Pariser Galerie. Gilots erste Einzelschau richtete neun Jahre später, im März 1952, Daniel-Henry Kahnweiler in der Galerie Louise Leiris aus. In ihren Anfängen, aber auch noch später, lassen sich Ähnlichkeiten mit der Malweise von Nicolas de Staël erkennen, dessen damaliger klarer Präferenz der Abstraktion sie sich aber nicht beugen wollte. Eine vorübergehende Nähe gab es zur Nouvelle École de Paris, der Hans Hartung oder Serge Poliakoff zugezählt werden. Auch der Einfluss Picassos (wer freilich stand damals nicht in seinem Bann?) ist erkennbar. Aber vielleicht sogar deut­licher wird, in kubistisch inspirierten Bildern, Gilots Interesse an Georges Braque; und dann immer wieder ihre Bewunderung für Henri Matisse, Picassos ebenbürtigen Rivalen-Freund. Mit ihrem Buch „Matisse und Picasso“, das 1990 erschien und das auch ihre literarische Begabung beweist, hat sie später dieser Künstlerfreundschaft ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt, ohne ihre eigene Perspektive dabei zu verleugnen.

Umgeben von ihren Gemälden: Francoise Gilot in ihrem Atelier in San Diego im Jahr 1980.


Umgeben von ihren Gemälden: Francoise Gilot in ihrem Atelier in San Diego im Jahr 1980.
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Bild: Polaris

Geboren wurde Françoise Gilot am 26. November 1921 in eine wohlhabende Unternehmerfamilie im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine. Zunächst begann sie auf Wunsch des Vaters ein Jurastudium, das sie aber bald für die Kunst aufgab. Nach dem Abschied von Picasso heiratete sie 1955 den gleichaltrigen Maler Luc Simon, mit dem sie die Tochter Aurelia hat. Nach dem Ende der Ehe begann sie, ihr Leben und Arbeiten zwischen Paris und New York aufzuteilen. In Kalifornien begegnete sie in den Sechzigerjahren dem Arzt Jonas Salk, Entdecker des Polio-Impfstoffs, mit dem sie von 1970 bis zu seinem Tod 1995 verheiratet war.

Starker künstlerischer Wille

Während Gilot als Malerin in Europa lange Zeit im Schatten von Picasso, dem Heros, stand – ein Schicksal, das sie mit vielen Künstlerinnen in einer männerdominierten Kunstwelt teilte –, hat sie in ihrer halben Wahlheimat Amerika viel früher hohe Anerkennung gefunden. Es waren die Kunstsammlungen Chemnitz, die ihr unter der damaligen Direktorin Ingrid Mössinger 2003 eine erste Retro­spektive in Deutschland ausrichteten; dann noch einmal 2011 für ihr zeichnerisches Œuvre. Im Katalog 2003 sagt Gilot in einem Gespräch mit Wilfried Wiegand sehr klar, die Beziehung zu Picasso habe „natürlich auch dem Künstler“ gegolten: „Ich habe ihn natürlich auch als Maler bewundert und ebenso sein Œuvre geliebt.“

Der Weg, den sie dann gegangen ist, beweist ihren starken künstlerischen Willen. In ihren Zeichnungen lässt sie eher der Gegenständlichkeit den Vorrang, dem Figürlichen, vor der Abstraktion; in den Gemälden vermischen sich die Ausdrucksformen oft, als organoide oder geometrische Konstellationen, Abbilder auch seelischer Aggregatzustände. Kraftvolle reine Farben sind das, die aufeinandertreffen; aber nicht aggressiv, vielmehr als Korrespondenzen entwickeln sie eine elegante Freiheit im Bildraum, der immer ganz ausgefüllt ist. Françoise Gilot hat daraus in all den Jahren einen eigenständigen Bilderkosmos geschaffen. Und noch immer arbeitet sie. Unsere Glückwünsche gelten einer außergewöhnlichen Frau und bedeutenden Künstlerin, die heute ihren hundertsten Geburtstag feiern kann.

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