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#„Ehrenwerter Mann oder Betrüger?“

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„Ehrenwerter Mann oder Betrüger?“

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš hat einen Interessenkonflikt. Der Gründer der Protestbewegung ANO 2011 war Unternehmer, einer der reichsten des Landes, und blieb es, als er 2014 Finanzminister und 2017 Regierungschef wurde. So entschied er, national wie europäisch, über die Vergabe von Mitteln, die seiner eigenen Holding Agrofert zugute kamen. Einige dieser Zahlungen hat die EU-Kommission untersucht und in einem Rechenschaftsbericht gerügt, der von Ende 2019 stammt und kürzlich veröffentlicht wurde, nachdem er zuvor schon im Internet kursiert war. Der Bericht weist nach, dass Babiš nach wie vor der „wirtschaftlich Berechtigte“ von zwei Treuhandfonds ist, mit denen er seinen Interessenkonflikt lösen wollte – oder kaschieren, wie seine Kritiker sagen. Doch was folgt nun daraus?

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Babiš erkennt den Bericht nicht an. Er hat ihn einer „Mafia“ von Wirtschaftsprüfern zugeschrieben, hinter der seine politischen Gegner stünden. In dem Sinne verteidigten ihn am Mittwoch auch zwei Parteifreunde, während das Europäische Parlament über Konsequenzen aus dem Fall diskutierte. „Korrekt und Regelkonform“ würden EU-Mittel verwendet, behauptete Dita Charanzova, immerhin Vizepräsidentin des Parlaments. Alle Probleme seien längst gelöst worden, der Rest sei bloß ein „politisches Spiel“. Für die Liberalen von „Renew Europe“, denen sich Babiš angeschlossen hat, war das keine Sternstunde. Sie fordern sonst von anderen Rechtsstaatlichkeit ein. Aber an diesem Tag mussten sie sich selbst von der AfD die Leviten lesen lassen. Außer den beiden Abgeordneten traute sich kein weiterer von ihnen in den Ring.

„Absolut inakzeptabel“

Da wurde ordentlich ausgeteilt. Den Mafia-Vorwurf wendeten gleich mehrere Redner gegen Babiš selbst. Er habe sich auf Kosten der Steuerzahler bereichert, warf ihm der spanische Sozialist Esteban González Pons vor. „Es geht darum, ob Sie ein ehrenwerter Mann sind oder ein Betrüger“, fragte er und gab gleich selbst die Antwort: Der Missbrauch öffentlicher Gelder sei ein Verbrechen. Monika Hohlmeier von der CSU nannte es „absolut inakzeptabel, wie stark sich in Tschechien oligarchische Strukturen ausgebreitet und verfestigt haben, die auch noch mit großer Dreistigkeit daran arbeiten, sich weiter an europäischen oder nationalen Fördergeldern zu bereichern“. Als Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses hat sie die Aufklärung des Interessenkonflikts vorangetrieben, was ihr persönliche Beleidigungen durch Babiš eintrug.

Der AfD-Abgeordnete Joachim Kuhs lobte sie und verband das selbst mit einer radikalen Forderung: Die Kommission solle schon beim Verdacht auf Unregelmäßigkeiten sämtliche Zahlungen von einem Land zurückverlangen „plus zwanzig Prozent Bearbeitungskosten“. Man müsse Babiš da treffen, „wo es ihm am meisten wehtut, nämlich im Geldbeutel“.

Davon ist die Kommission weit entfernt. Sie hat bisher nur klar gemacht, dass sie Zahlungen, die Agrofert zu Unrecht aus tschechischer Kasse vorgestreckt bekommen hat, nicht erstatten wird. Dabei geht es um maximal sechs Millionen Euro aus Kohäsions- und Sozialfonds. Daneben läuft noch eine Untersuchung, die Mittel aus den Agrarfonds betrifft. Auch da hat die Kommission einige Zahlungen gesperrt, weshalb der zuständige Kommissar am Mittwoch im Parlament erklärte: „Der Haushalt der Union ist vollständig geschützt.“

Doch ist das allenfalls die halbe Wahrheit, wie Abgeordnete bemängelten. Direktzahlungen an Landwirte fließen weiter, auch zugunsten von Töchtern der Agrofert-Holding, die aus rund 230 Unternehmen besteht. In Brüssel wird geschätzt, dass Babiš in einer EU-Finanzperiode von sieben Jahren von mehreren hundert Millionen Euro aus Brüssel profitieren könnte. Hohlmeier fordert, dass die Kommission den neuen Mechanismus zur Haushaltskontrolle anwendet, der stärkere Sanktionen ermöglicht. Im Juni will sich das Parlament in einer Resolution dafür stark machen.

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