Nachrichten

#Stahl von Thyssenkrupp: Die ungewisse Transformation

Der Traditionskonzern Thyssenkrupp investiert Milliarden in den Umbau seines Kerngeschäfts Stahl. Dabei ist seine Zukunft unsicher wie nie.

Die ersten Stützen für die zwei neuen Hochbalkenöfen stehen schon, in einiger Entfernung auch die Kräne für das Lager, in dem die Brammen liegen, bevor diese tonnenschweren Stahlriegel etwa zu Blechen für die Automobilindustrie weiterverarbeitet werden. Für 800 Millionen Euro baut die Stahlsparte von Thyssenkrupp am Standort in Duisburg mehrere Anlagen, um Rohstahl weiterzuverarbeiten. Eine alte Gießwalzanlage wird durch eine Stranggießanlage ersetzt, hinter die ein neues Warmbandwerk geschaltet wird. So will Thyssenkrupp Steel Europe seine Kapazitäten im Gießen und Walzen erhöhen und außerdem dünnere und festere Stähle herstellen, um damit etwa die Aufträge aus der Automobilindustrie zur Elektromobilität abzudecken.

Jonas Jansen

Wirtschaftskorrespondent in Düsseldorf.

Die Modernisierung der Produktionsanlagen soll bis Anfang 2026 abgeschlossen sein. Sie ist ein wichtiges Signal, einmal nach außen für den Transformationswillen eines Unternehmens, das sich dekarbonisieren will – aber eben auch nach innen, schließlich ist die Beziehung des Traditionskonzerns Thyssenkrupp zu seinem Kerngeschäft Stahl schon lange eine komplizierte, bei der es immer auch um die Frage geht, wie die Zukunft des Geschäfts aussieht mit seinen noch 23.000 Beschäftigen und 13,2 Milliarden Euro Umsatz. „Wir sichern damit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens und damit auch die 14.000 Arbeitsplätze an diesem Standort“, sagte Ali Güzel, der Betriebsratsvorsitzende in Duisburg, anlässlich der Grundsteinlegung im Stahlwerk am Montagabend.

2 Milliarden Euro-Förderung schon abgesegnet

Die Investition fällt in eine Zeit der besonderen Unsicherheit in der Branche. „Wir als Stahlindustrie sind extrem unter Druck“, sagte Heike Denecke-Arnold, die als Vorstand die Produktion von Thyssenkrupp Steel verantwortet. Das drängendste Thema seien die hohen Energiepreise, ein struktureller Standortnachteil, der sich stetig verfestige.

So liege der Anteil der Energiekosten an den Produktionskosten für eine Tonne der Brammen heute bei 5 Prozent, nach der grünen Transformation des Stahlkonzerns läge der Anteil der Energiekosten aber bei bis zu 50 Prozent. „Das ist eine völlige Abkehr von unserem heutigen Geschäftsmodell“, sagte Denecke-Arnold. Mit dem Plan, durch den Bau von sogenannten Direktreduktionsanlagen zukünftig keine Kohle mehr zur Stahlherstellung zu verfeuern, sondern Wasserstoff in der Produktion zu verwenden, steigt der Energiebedarf des Unternehmens, dessen Stahlwerk in Duisburg heute noch für 2,5 Prozent der Emissionen von Kohlendioxid (CO2) in Deutschland steht.

Direkt betroffen vom Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgericht ist die Stahlsparte des Essener Konzerns zwar nicht. Die 2 Milliarden Euro schwere Förderung durch Bund und Land für den Bau der Direktreduktionsanlagen und den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft im Ruhrgebiet ist schon abgesegnet. Gleichwohl ist Thyssenkrupp endgültig und wohl auch unwiderruflich in seine Transformation gestartet.

Verhandlungen mit Daniel Křetínský

Gerade deshalb forderte Bernhard Osburg, der Vorstandschef der Stahlsparte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem „Transformationsgipfel“ mit Bund, Ländern, Gewerkschaften und Unternehmen auf. Schließlich hängen an der Förderung für die Industrietransformation noch mehr Akteure. Zulieferer warteten auf Ergebnisse, Investitionen seien in Gefahr. Es dürfe jetzt nicht nur eine politische Finanzierungsdebatte geben, sondern die Bundesregierung müsse die Richtung entscheiden, wie es mit der Transformation der Industrie in Deutschland weitergehen solle. „Wenn das nicht gelingt, muss am Ende Deutschland seine Klimaziele abschreiben“, sagte Osburg. Vor allem gehe es um ein gewisses Tempo im Wettbewerb mit anderen Ländern, in denen die Schwerindustrie ebenfalls eine grüne Transformation durchlaufe. „Viele Firmen auf der Lieferantenseite warten auf Aufträge“, sagte Osburg, es fehle an Planungssicherheit.

Die Wirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur (Grüne), betonte ebenfalls, dass zwar für Thyssenkrupp die Förderung stehe, aber auch andere Standorte Sicherheit benötigten. „Es muss uns auch was einfallen, wie wir den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hinbekommen“, sagte Neubaur. „Am Ende geht es darum, dass Ihre Töchter und Söhne hier in Zukunft noch gute Arbeit finden können“, sagte sie in Richtung der Stahlarbeiter, die anlässlich der Grundsteinlegung im Werk versammelt waren.

Wie diese Arbeit aussehen wird, das bleibt trotz der für die Mitarbeiter ermunternden Investition noch sehr offen. Schließlich geht es auch um die Besitzverhältnisse, so verhandelt der Konzern mit dem tschechischen Investor Daniel Křetínský über eine 50-prozentige Beteiligung an der Stahlsparte. Vieles ist noch offen, es gibt weder Finanzierungs- noch Beschäftigungszusagen, die Kapitalausstattung steht auch noch in Frage.

Die politischen Unsicherheiten dürften die Verhandlungen nicht vereinfachen. Osburg wollte sich dazu nicht äußern, sondern verwies auf die Bilanzpressekonferenz von Thyssenkrupp am Mittwoch. Die Zukunft des Stahls, sie ist ungewiss – noch etwas, das Tradition hat in dem Konzern.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!