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#Steht Contes Linksbündnis vor dem Aus?

Steht Contes Linksbündnis vor dem Aus?

In Italien hat sich die seit Monaten schwelende Regierungskrise innerhalb der Linkskoalition am späten Dienstagabend weiter zugespitzt. Im Kabinett enthielten sich die beiden Ministerinnen der vom früheren Ministerpräsidenten Matteo Renzi geführten Kleinpartei Italia Viva (IV) bei der Abstimmung über das EU-Wiederaufbauprogramm in Höhe von knapp 230 Milliarden Euro der Stimme.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Zwar hatte Ministerpräsident Giuseppe Conte auf Drängen von IV umfassende Änderungen an dem ursprünglichen Gesetzespaket vorgenommen, blieb aber nach Ansicht Renzis hinter den Forderungen des Koalitionspartners zurück. Renzi kritisiert, dass die von der EU als Zuschüsse und als zinsgünstige Kredite zugesagten Mittel nach den Plänen der Regierung Conte eher nach dem Gießkannenprinzip an verschiedene Klientelgruppen verteilt werden sollen, statt für einen grundlegenden Strukturwandel von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung eingesetzt zu werden.

Renzi will am Nachmittag über Beschlüsse informieren

Sowohl Renzi wie auch Conte erhöhten nach der Abstimmung im Kabinett, die einem faktischen Bruch der Koalition durch IV gleichkommt, den Druck auf ihren Gegner. Conte bekräftigte, sollte Renzis Partei im Parlament der Regierung das Vertrauen verweigern und damit die seit September 2019 amtierende Koalition von linkspopulistischer Fünf-Sterne-Bewegung, Sozialdemokraten, IV und einer weiteren linken Kleinpartei auch formal zu Fall bringen, werde es keine Zusammenarbeit mit der IV in einer möglichen Neuauflage der Linkskoalition mit verändertem Kabinett geben.

Renzi erwiderte, er sei bereit zum Gang in die Opposition und forderte Conte auf, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Die Parlamentarier der IV kamen am Mittwochmorgen unter Führung Renzis zu Beratungen zusammen. Der Parteichef kündigte an, die Presse am Nachmittag um 17.30 Uhr über die Beschlüsse der Abgeordneten und Senatoren zu informieren.

Matteo Renzi von der Kleinpartei Italia Viva im Dezember 2020


Matteo Renzi von der Kleinpartei Italia Viva im Dezember 2020
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Bild: Reuters

Conte hatte sich in den vergangenen Wochen bemüht, in den beiden Parlamentskammern eine Gruppe von sogenannten Verantwortlichen aus den Oppositionsparteien sowie unter den fraktionslosen Parlamentariern für sich zu gewinnen, die ihm bei einer Vertrauensabstimmung zur Seite stehen könnten.

Ohne Italia Viva hat Conte keine eigene Mehrheit

Ohne die Stimmen von IV verfügt Conte über keine eigene Mehrheit. Die rechten Oppositionsparteien – auch die liberal-konservative Forza Italia des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi – kündigten an, sie würden bei einer Vertrauensabstimmung geschlossen gegen Conte stimmen. Berlusconi hatte zuletzt angedeutet, die Parlamentarier von Forza Italia könnten in Einzelfällen für Gesetzesvorhaben von Contes Linkskoalition stimmen.




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Die Fünf Sterne und die Sozialdemokraten (PD) kritisierten das Verhalten Renzis als unverantwortlich. PD-Chef Nicola Zingaretti warf Renzi vor, einen „großen Fehler“ zu begehen und versicherte, die große Mehrheit der Bevölkerung bringe mitten in der zweiten Welle der Pandemie kein Verständnis für eine Regierungskrise auf.

Außenminister Luigi Di Maio von den Fünf Sternen stärkte dem parteilosen Regierungschef mit den Worten den Rücken, dieser sei „der Kitt und der Eckpfeiler dieser Mehrheit“. Einen Wechsel an der Regierungsspitze und einer Neuauflage der Linkskoalition unter Einschluss von IV erteilte Di Maio eine Absage.

Renzi hatte seit Wochen Contes Krisenmanagement der zweiten Pandemiewelle kritisiert und zuletzt massive Kritik an dessen Konjunkturprogramm geübt. Knapp 210 Milliarden Euro sollen aus dem sogenannten Wiederaufbaufonds der EU finanziert werden, die übrigen 13 Milliarden Euro sollen aus italienischen Haushaltsmitteln beigesteuert werden.

Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri (PD) rühmte das Vorhaben der Regierung als „das größte Investitionsprogramm, das Italien jemals gesehen hat“. Mit Hilfe der EU-Mittel könne sich das Land „wirklich reformieren“. Obwohl Conte auf Druck Renzis unter anderem die Ausgaben für den Gesundheitssektor verdoppelt sowie für die Bildung deutlich erhöht hatte, zeigte sich Renzi weiter nicht überzeugt. Deshalb enthielten sich die IV-Ministerinnen Teresa Bellanova (Landwirtschaft) und Elena Bonetti (Familie) bei der Abstimmung im Kabinett der Stimme.

Damit das Konjunkturprogramm in Kraft treten kann, muss es vom Parlament verabschiedet werden. Die Frist zur Beantragung der Mittel bei der EU läuft im April ab. Conte hatte im Vorfeld des Kabinettsvotums immer wieder zur Eile gemahnt. Sollte auch das zweite Kabinett Conte fallen, könnte eine überparteiliche Expertenregierung die Geschäfte übernehmen oder Staatspräsident Sergio Mattarella könnte Neuwahlen ausschreiben.

Der parteilose Juraprofessor Conte hatte von Juni 2018 bis August 2019 zunächst eine panpopulistische Koalition von Fünf Sternen und der rechtsnationalistischen Lega unter Führung des früheren Innenministers Matteo Salvini geführt. Regulär würden Parlamentswahlen nach Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode im Frühjahr 2023 abgehalten.

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