#Steinmeier kritisiert Bundesregierung: Entscheidungen besser kommunizieren
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Frank-Walter Steinmeier übt ungewöhnlich deutliche Kritik an der Kommunikationspolitik der Ampelkoalition. Auch zur AfD findet der Bundespräsident klare Worte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, bei wichtigen Entscheidungen stärker die Bürger mitzunehmen und auch die Opposition einzubinden. Die vielen aufeinanderfolgenden Krisen schafften Verunsicherung, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag) mit Blick auf die schlechten Umfragewerte der Ampelkoalition.
„Wenn die Glaubwürdigkeit einer Regierung sinkt, hängt das auch damit zusammen, dass Entscheidungen nicht ausreichend kommuniziert oder akzeptiert worden sind oder von internem Streit, der nach außen dringt, überlagert werden“, sagte Steinmeier. „Die Regierung muss ein Interesse daran haben, das zu verbessern.“
Kritik am Umgang mit den Bauernprotesten
Steinmeier äußerte sich auch kritisch zum Umgang mit den Protesten der Landwirtinnen und Landwirte. „Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten“, sagte der Bundespräsident. In der augenblicklichen Situation sei es „dringend notwendig, dass persönliche Gespräche stattfinden“.
Seit Tagen protestieren tausende Bauern in ganz Deutschland mit Traktorblockaden gegen Pläne der Ampelkoalition, Subventionen im Agrarbereich zu streichen – obwohl die Bundesregierung die Pläne teilweise wieder zurückgenommen hat.
Steinmeier riet der Politik, öfter die Hauptstadt Berlin zu verlassen und raus ins Land zu gehen, so wie er dies tue, wenn er seinen Amtssitz immer wieder für einige Tage in kleinere Städte verlege. Er wolle den Menschen dort das Gefühl nehmen, dass sich niemand für sie interessiere. „Manchmal hilft es schon, hinzugehen und zu sagen, wir wollen Euch hören. Insofern halte ich mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich.“
Steinmeier rät zu mehr Zusammenarbeit
Die Debatten in Deutschland seien hitziger geworden und es gebe eine wachsende Akzeptanz populistischer Positionen, die das Regieren schwerer machten, sagte Steinmeier. „Das löst Unruhe aus, auch bei den politischen Verantwortlichen. Umso wichtiger ist es, die Kraft zur Zusammenarbeit zu finden.“
Der Bundespräsident betonte: „Die Bürger haben die Erwartung, dass die Verantwortlichen in den Parlamenten erkennen, wenn es wirklich ums Ganze geht.“ Es habe in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder Situationen gegeben, wo Regierung und Opposition auch nach schärfsten Auseinandersetzungen zusammengekommen seien – etwa bei den Fragen der Westbindung, der Ostverträge oder beim Asylkompromiss 1993. „Ich hoffe, dass das auch jetzt nicht ausgeschlossen ist.“
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz beklagt seit langem, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf Angebote zur Zusammenarbeit etwa für einen parteiübergreifenden Kompromiss zur Begrenzung der ungeordneten Zuwanderung nach Deutschland nicht eingehe. Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten monieren, dass das Verhältnis zwischen Bund und Ländern so schlecht sei wie seit langem nicht mehr. Der Bund treffe viele Entscheidungen treffe, ohne die davon tangierten Länder daran zu beteiligen.
Sorge um Rechtspopulismus in Deutschland
Steinmeier zeigt sich auch besorgt über den stärker werdenden Rechtspopulismus in Deutschland. Er rief die Menschen zu einer verantwortungsbewussten Stimmabgabe bei den bevorstehenden Wahlen auf. „Wenn wir in die Geschichte zurückschauen, stellen wir fest: Extremisten waren immer das Unglück unseres Landes.“
Steinmeier wies in diesem Zusammenhang auch auf das soeben bekannt gewordene Treffen rechtsextremer Kreise mit AfD-Funktionären in Potsdam hin. Dies zeige, „dass wir sehr wachsam sein müssen“.
Die AfD liegt in den Meinungsumfragen bundesweit stabil über 20 Prozent. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo im September neue Landtage gewählt werden, kommt sie auf über 30 Prozent. Den Umfragen zufolge ist sie in allen drei Bundesländern die mit Abstand stärkste Kraft.
AfD-Verbotsverfahren würde „vermutlich auch sehr lange dauern“
Deutschland habe mit seiner Demokratie, wie sie das Grundgesetz geprägt habe, bisher sehr gut gelebt, sagte Steinmeier. „In diesem Land ist vieles gelungen, wonach andere sich sehnen.“ Gelungen sei dies, weil es auch nach scharfen politischen Auseinandersetzungen die Bereitschaft zum Kompromiss gegeben habe. „Ich würde mir sehr wünschen, dass sich das jeder Wähler vor der Stimmabgabe sehr nachdrücklich in Erinnerung ruft.“ Er hoffe, dass jeder, der wähle, „das nicht nur in einer Stimmung von Wut oder Frust tut – sondern auch im Bewusstsein über die Folgen“.
Steinmeier machte deutlich, dass er wenig von einem Verfahren zum Verbot der AfD hält. Er könne die Erfolgsaussichten nicht beurteilen, ein Verfahren würde vermutlich auch sehr lange dauern. „Ich rate dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was unmittelbar in diesem Jahr möglich und notwendig ist: Wir sollten die besseren Antworten geben, wir sollten demokratische Mehrheiten organisieren und diese stärken.“
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