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#Strom- und Gaspreise: Warum das Ende der Preisbremsen kein Drama ist

Die Preise für Gas und Strom sind deutlich gesunken. Ein Energieökonom widerspricht deshalb Habecks Warnung.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse sorgen sich nicht nur Unternehmen, ob sie die von der Regierung zugesagten Subventionen noch bekommen. Auch unter Verbrauchern ist die Verunsicherung groß, welche Folgen die Haushaltskrise für sie hat. Als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Anfang der Woche seinem Unmut über die aktuelle Lage Luft machte, verstärkte er diese Sorgen noch: Sollte die CDU/CSU auch gegen den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) klagen, könnte das zu höheren Gas- und Strompreisen für die Bürger führen, warnte Habeck. Und er stichelte: Die Dankesschreiben könnten die Bürger dann an die Union richten.

Julia Löhr

Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

Inzwischen zeichnet sich ab: Die Ampelkoalition wird auch ohne eine abermalige Klage der Union den WSF nicht weiterlaufen lassen. Zu offensichtlich ist, dass sie auch für diesen Schattenhaushalt – aus dem im Wesentlich die Preisbremsen für Gas und Strom bezahlt werden – gegen die Grundsätze der ordentlichen Haushaltsführung verstoßen hat. Der Krisenfonds soll zum Jahresende aufgelöst werden. Für die Verbraucher ist das aber nicht unbedingt eine schlechte Nachricht.

Gaspreise noch stärker als Strompreise gefallen

„Ich halte das mögliche Auslaufen der Preisbremsen für Gas und Strom für durchaus verkraftbar“, sagt Lion Hirth, Energieökonom an der Berliner Hertie School. Neuverträge für Strom gebe es heute vielerorts für unter 30 Cent je Kilowattstunde, „weit weniger als das Strompreisbremsenniveau von 40 Cent. Beim Gas ist der Unterschied sogar noch größer.“ Es handele sich dabei um keine neue Entwicklung, betont Hirth. Günstige Neuverträge habe es auch schon früher im Jahr gegeben. Verbraucher könnten mit wenigen Klicks im Internet den Anbieter wechseln. Aus seiner Sicht ist es damit nicht mehr nötig, dass der Staat die Preise vergünstigt.

Laut dem Vergleichsportal Verivox beträgt der durchschnittliche Strompreis für Neukunden aktuell rund 29 Cent je Kilowattstunde, der Grundpreis ist dabei schon eingerechnet. Dieser Wert beziehe sich auf einen Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden, schreibt das Portal, die Tarife hätten eine Preisgarantie von mindestens 12 Monaten. Das aktuelle Strompreisniveau entspricht damit dem aus dem Oktober 2021. Es gab allerdings auch schon mal günstigere Zeiten: Anfang 2021 kostete die Kilowattstunde Strom im Durchschnitt weniger als 24 Cent.

Noch stärker als die Strompreise sind zuletzt die Gaspreise gefallen. 8 Cent kostet die Kilowattstunde im Schnitt derzeit für Neukunden. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Energiekrise vor etwas mehr als einem Jahr waren es etwa 40 Cent. Das aktuelle Niveau liegt zwar immer noch doppelt so hoch wie Anfang 2021, als Deutschland die Hälfte seines Gasbedarfs günstig aus Russland deckte. Aber es liegt deutlich unter den 12 Cent, auf die der Staat 80 Prozent des Verbrauchs mit der Preisbremse subventioniert. Allerdings ist die Wechselbereitschaft der Verbraucher traditionell gering, was unter anderem die Monopolkommission immer wieder kritisiert.

„Staat kann nicht jeden gegen alles absichern“

Eigentlich sollten die Preisbremsen bis Ende März 2024 weiterlaufen, so hatte es der Bundestag kurz vor dem Urteil aus Karlsruhe beschlossen. Im Wirtschaftsplan für den WSF waren für die Gaspreisbremse für 2024 noch knapp 2 Milliarden Euro eingeplant, für die Strompreisbremse 4,4 Milliarden Euro. Auch wenn sich im Sommer schon abzeichnete, dass die tatsächlich notwendigen Hilfen ohne eine abermalige Krisensituation wahrscheinlich deutlich niedriger ausfallen würden – die Ampelkoalition wollte Bürgern und Betrieben Sicherheit geben. „Diese Versicherungsfunktion fällt jetzt weg“, sagt Energieökonom Hirth. Er hält das aber für vertretbar. „Der Staat kann nicht jeden gegen alles absichern.“ Wer heute einen Zweijahresvertrag abschließe, habe für diesen Zeitraum Preissicherheit.

In diesem Jahr sind aus dem WSF bis Ende Oktober 14,3 Milliarden Euro für die Gas- und Fernwärmepreisbremse abgeflossen sowie 15,2 Milliarden Euro für die Strompreisbremse, wie eine Übersicht aus dem Wirtschaftsministerium zeigt. Zusammen mit den Hilfen für Krankenhäuser und kleineren Posten summieren sich die Ausgaben auf rund 37 Milliarden Euro. Nach Einschätzung von Fachleuten hätte das Geld aus dem WSF so nicht fließen dürfen. Nur die Gassoforthilfe und der Einstieg beim Gasimporteur Uniper fanden in dem Jahr statt, in dem die Kredite für den WSF aufgenommen wurden – 2022.

Wie geht es bei den Netzentgelten weiter?

Angst, dass der Staat die gewährten Preisbremsen jetzt zurückfordern könnte, müssen Verbraucher dennoch nicht haben. Die Ampelkoalition will auch für 2023 nachträglich eine außergewöhnliche Notsituation erklären, die ein Abweichen von der Schuldenbremse erlaubt. Die Verabschiedung des Nachtragshaushalts im Kabinett ist für kommende Woche Mittwoch geplant. Die Kredite aus dem WSF werden so quasi in den regulären Haushalt „umgebucht“.

In den Ministerien und Fraktionen wird derzeit geprüft, ob dieser Nachtragshaushalt noch vor Weihnachten abgeschlossen werden kann. Für das Gesamtjahr werden wohl insgesamt rund 40 Milliarden Euro nötig sein. Das Geld für die noch verbleibenden Preisbremsenmonate hat der Bund dem Vernehmen nach schon an die Energieversorger überwiesen – die den Rabatt dann den Kunden gutschreiben.

Noch offen ist dagegen die Frage, wie es bei den Netzentgelten weitergeht. Über diese zahlen die Stromkunden für den Ausbau der Stromnetze und für die Sicherstellung der Netzstabilität. 5,5 Milliarden Euro wollte der Bund dafür im kommenden Jahr aus dem WSF nehmen, um den Anstieg abzufedern. Ob das Geld im Haushalt 2024 beschafft werden kann, muss sich in den kommenden Wochen zeigen. Ohne den staatlichen Milliardenpuffer kämen nach einer Schätzung des Vergleichsportals Check24 auf einen Musterhaushalt Mehrkosten von rund 100 Euro durch die steigenden Netzentgelte zu, doppelt so viel wie nach der bisherigen Planung.

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