#Supreme Court scheint Obamacare nicht abschaffen zu wollen
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„Supreme Court scheint Obamacare nicht abschaffen zu wollen“
Der Oberste Gerichtshof tut abermals wahrscheinlich nicht, was Donald Trump will. Nach der ersten Anhörung im aktuellen Streit um das Krankenversicherungssystem „Obamacare“ sieht es so aus, als wollten die Richterinnen und Richter den „Affordable Care Act“ von 2010 auch dieses Mal nicht abschaffen. Es ist bereits das dritte Mal, dass sie über das Versicherungssystem von Trumps Vorgänger Barack Obama entscheiden sollen. Die Republikaner waren mit ihrem Versuch, es auf politischem Wege im Kongress abzuschaffen, 2017 auch an vereinzelten innerparteilichen Kritikern gescheitert.
Blieb noch der Supreme Court, wo man sich durch die kürzliche Berufung der Konservativen Amy Coney Barrett Chancen ausrechnete. Die Hoffnungen haben bei den öffentlichen Anhörungen zum Thema erst einmal einen Dämpfer erhalten. Zwar sagt das noch nichts über die Entscheidung aus, aber eine Tendenz war durchaus erkennbar. Der Vorsitzende Richter John Roberts und der von Trump eingesetzte Richter Brett Kavanaugh deuteten beide am Dienstag an, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts sei, ein 900 Seiten starkes Gesetzeswerk abzuschaffen, selbst wenn Einzelregelungen sich als verfassungswidrig erwiesen. Trump und mehrere von den Republikanern regierte Bundesstaaten fordern, dass die Richter „Obamacare“ für rechtswidrig erklären sollen – doch wenn sich genug konservative Richter der liberalen Minderheit von drei zu sechs Stimmen anschlössen, wären sie abermals gescheitert.
Ein Werk „rechtsgerichteter Ideologen“
Der Streit dreht sich formell um eine Strafzahlung, die Menschen trifft, die sich nicht versichern wollen. Formal gibt es diese Strafe noch, auch wenn sie auf null Dollar reduziert wurde. Sie soll als Hebel für eine Anfechtung des gesamten Gesetzes dienen. Menschen durch Androhung einer Strafsteuer zum Kauf einer Versicherung zu drängen, sei verfassungswidrig, so die Kläger.
Es sei grundsätzlich nicht der Job des Obersten Gerichts, wegen einer eventuell problematischen Vorschrift das komplette Regelwerk abzuschaffen, gab der Vorsitzende Richter Roberts zu bedenken. Die neue Richterin Barrett fragte in der Anhörung, warum der Kongress die Vorschrift nicht gleich beseitigt habe – den Senatoren und Abgeordneten stehe es frei, zusammen zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Richter Samuel Alito, ebenfalls konservativ, schlug einen ähnlichen Ton an. Das Gesetz funktioniere offenbar auch ohne die Strafsteuer: „Das Flugzeug ist nicht abgestürzt“, so Alito bei der Anhörung. Das deutete darauf hin, dass auch konservative Richter die Zukunft von „Obamacare“ der Politik überlassen wollen.
Der gewählte künftige Präsident Joe Biden bezeichnete die versuchte Abschaffung in einer Rede am Dienstag als Werk „rechtsgerichteter Ideologen“. Ein Großteil der Menschen stehe hinter dem Gesetz, sagte er mit Blick auf die Beliebtheit des „Affordable Care Act“, den in Umfragen zwischen 55 und 60 Prozent der Amerikaner unterstützen. Die gewählte künftige Vizepräsidentin Kamala Harris sagte, „Obamacare“ abzuschaffen, werde die Amerikaner zurück in eine Zeit führen, in der Versicherungen etwa Frauen höhere Beiträge berechnen konnten, nur weil sie Frauen waren. Biden hat im Wahlkampf versprochen, das System zu reformieren und eine öffentlich finanzierte Komponente einzuführen.
„Medicare for All“ ist nicht mehrheitsfähig
Der „Affordable Care Act“ von 2010 verbesserte die Situation vieler Patienten erheblich. So konnten Versicherungen vorher Menschen ablehnen, die Vorerkrankungen hatten – auch eine frühere Schwangerschaft oder entsprechende Komplikationen konnten darunter fallen. Das geht mit „Obamacare“ nicht mehr. Laut den Behörden konnten sich durch die Reform mehr als 20 Millionen Amerikaner mehr versichern. Dennoch sind immer noch 28 Millionen Bürgerinnen und Bürger ohne Krankenversicherung. Sie sind zu jung für die Seniorenversorgung Medicare und verdienen zu viel für Medicaid, das den Ärmsten ärztliche Behandlung sichern soll. „Obamacare“ können oder wollen sie sich nicht leisten.
Die nach wie vor privatwirtschaftlich angebotenen Versicherungspolicen kosten viel Geld und decken etliche Gesundheitsprobleme nicht ab. Die durchschnittliche „Obamacare“-Versicherung kostete im Jahr 2017 393 Dollar im Monat. Hinzu kam ein Eigenanteil von durchschnittlich 4328 Dollar im Jahr, bevor die Versicherung Kosten übernahm. Für Familien waren es 2018 durchschnittlich 1021 Dollar Beitrag im Monat und ein Eigenanteil von jährlich 8350 Dollar. Die Medikamentenpreise steigen unterdessen immer weiter. Zahnarztleistungen müssen extra versichert oder selbst bezahlt werden.
Insgesamt gibt es also großen Verbesserungsbedarf. Der Vorschlag der Parteilinken um Bernie Sanders, eine allgemeine öffentlich finanzierte Krankenversicherung oder „Medicare for All“, ist innerparteilich bei den Demokraten zur Zeit nicht mehrheitsfähig. Umfragen zufolge unterstützen jedoch rund siebzig Prozent der registrierten Wählerinnen und Wähler diese Idee – das waren vor der Pandemie nicht viel weniger. Dass es nicht dazu kommt und zentristische Demokraten allenfalls eine öffentlich finanzierte Option in der Krankenversicherung wollen, liegt auch an der erfolgreichen Lobbyarbeit der großen Versicherungskonzerne.
Der Supreme Court könnte der Politik bald abermals das Signal geben, dass die Auseinandersetzung über die Zukunft von „Obamacare“ in erster Linie eine politische und keine juristische ist. Das wäre eine Niederlage für Trump und die Republikaner, denn ohne Mehrheit in beiden Kammern lässt sich die Reform nicht zurückdrehen. Es wäre eine gute Nachricht für Millionen Menschen, für die das jetzige System funktioniert und für viele Amerikaner mit Vorerkrankungen. Die Millionen Menschen wiederum, für die „Obamacare“ nach wie vor nicht funktioniert, müssten ihre Hoffnungen auf Biden und den nächsten Kongress setzen.
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