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#Syrischer Arzt in Frankfurt wegen Folter angeklagt

Syrischer Arzt in Frankfurt wegen Folter angeklagt

Für das Frankfurter Oberlandesgericht ist das schon ein vertrauter Anblick: Journalisten, die sich im Morgengrauen anstellen, um einen Platz im Verhandlungssaal zu bekommen. Mit Campingstühlen und Kaffee harren sie aus, bis es losgeht. Das Prinzip ist an diesem Mittwoch dasselbe wie in anderen großen Prozessen der jüngeren Vergangenheit, gegen den Oberleutnant Franco A., den inzwischen verurteilten IS-Mann Taha Al-J. oder den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Wer zuerst da ist, bekommt zuerst einen der 19 Presseplätze. Wer weiter hinten steht, hat eine Chance, im Medienübertragungsraum wenigstens den Ton aus dem Saal zu hören. Dieser Modus hat sich etabliert.

Die Abstände müssen eingehalten werden, was die verfügbaren Plätze erheblich reduziert, es gilt eine FFP2-Masken-Pflicht. Berichterstatter aus allen Ecken der Bundesrepublik sind auch diesmal dabei. Aber etwas ist trotzdem anders: Noch nie war die Zahl der Journalisten aus dem Ausland so groß. Etwa die Hälfte der knapp 40 akkreditierten Medien kommt nicht aus Deutschland.

In verschiedenen deutschen Kliniken praktiziert

Das war zu erwarten. Nach dem weltweit ersten Prozess um den Völkermord an den Jesiden, der im November mit einer Verurteilung zu lebenslanger Haft endete, beginnt am OLG nun der zweite Prozess mit Bezug zu den Ereignissen in Syrien und dem Irak infolge des arabischen Frühlings, auf den die Augen der ganzen Welt gerichtet sind. So wie im Fall der IS-Verbrechen an den Jesiden könnte der Staatsschutzsenat abermals Geschichte schreiben.

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Nur haben die Richter es diesmal nicht mit einem mutmaßlichen IS-Anhänger zu tun, sondern einem Schergen des Assad-Regimes: Der 36 Jahre alte Alaa M. soll 2011 und 2012 als Arzt in einem Militärkrankenhaus und einem Gefängnis des Militärgeheimdienstes in Homs Menschen gefoltert haben. Er ist der erste mutmaßlich aktive Folterer, der sich vor einem rechtsstaatlichen Gericht verantworten muss. Das Oberlandesgericht Koblenz hat vor einer Woche den Geheimdienstmitarbeiter Anwar R. zu lebenslanger Haft verurteilt, weil unter seiner Leitung im Al-Khatib Gefängnis in Damaskus gemordet und gefoltert wurde – im Unterschied dazu soll der nun in Frankfurt vor Gericht stehende Alaa M. selbst Gefangenen, die vom Regime der Opposition zugerechnet wurden, Gewalt angetan haben.

Das OLG hatte zunächst einige Fälle aus der Anklageschrift nicht zugelassen, die Vorwürfe seien nicht konkret genug gefasst. Nach Beschwerde des Generalbundesanwalts entschied der Bundesgerichtshof kurz vor Weihnachten aber, die Anklage sei vollständig zu verhandeln.

M., der im Mai 2015 mit einem Visum nach Deutschland kam und daraufhin in verschiedenen Kliniken als Arzt praktizierte, ist wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Liste der von ihm angeblich begangenen Taten reicht von Schlägen mit verschiedenen Gegenständen über angezündete Genitalien bis zu einer Injektion mit einer tödlich wirkenden Substanz. Im Sommer 2020 wurde er an seinem Arbeitsplatz festgenommen, einer Rehaklinik in Bad Wildungen, wo er mit deutscher Approbation als Facharzt für Orthopädie gearbeitet hatte.

Auf Recherchen des Magazins Der Spiegel hatte 2020 sein damaliger Anwalt mit der Antwort reagiert, M. habe von den Foltervorwürfen im Militärkrankenhaus erst kürzlich aus Berichten von Medien im arabischen Raum erfahren. Was die Vorwürfe gegen ihn betreffe, einen Christen, der weder radikal-islamische Kämpfer behandeln noch gegen die syrische Regierung habe kämpfen wollen, könne es sich nur um Verleumdungen aus dem radikal-islamischen Umfeld handeln. Ob es bei dieser Aussage bleibt, wird sich erst in der kommenden Woche zeigen, für die M.s Anwälte am Mittwoch eine umfassende Einlassung ankündigen, die wohl zwei Tage dauern werde.

M. selbst, unter dessen tief ins Gesicht gezogener Kapuze nach dem Abzug der Kameras ein gepflegter Mann im Anzug zum Vorschein kommt, berichtet zunächst von seinem Lebenslauf, den Tatzeitraum allerdings aussparend: In eine christliche Familie geboren, studierte er in Aleppo Medizin und war in Militärkrankenhäusern und später in staatlichen Einrichtungen tätig. Im Jahr 2009 habe er begonnen, Deutsch zu lernen. Er habe auswandern wollen, sagt er, wegen der „tausendmal besseren“ Weiterbildungsmöglichkeiten – und um ein besseres, sichereres Leben zu haben. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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