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#Er war noch nicht einmal ein Geheimtipp

Er war noch nicht einmal ein Geheimtipp

Es war die Beharrlichkeit, die Deniz Undav überzeugte. Mehr als ein Jahr lang sprachen diese Leute aus Brüssel mit seinem Berater, ließen einfach nicht locker. So sehr hatte noch nie ein Verein um ihn gekämpft. Also unterzeichnete der Fußballprofi aus dem Bremer Umland, von dem bis dato kaum jemand unterhalb der Weser Notiz genommen hatte, zum Sommer 2020 einen Dreijahresvertrag bei dem Klub, von dem wiederum kaum jemand in Belgien Notiz genommen hatte. Dafür könnte der 25 Jahre alte Stürmer sich heute jeden Tag auf die Schulter klopfen: Mit ihm im Zentrum der Dinge ist bei der Royale Union St. Gilloise, so der Name des Vereins, inzwischen so etwas wie ein Wunder gegen alle Wahrscheinlichkeit geschehen. Stattdessen zieht Undav jedoch eine bescheidenere Übung vor. „Manchmal muss ich mich kneifen“, sagte er neulich in einem Interview.

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Havelse, dann bei der zweiten Mannschaft von Eintracht Braunschweig und schließlich beim Drittligaklub SV Meppen: Wenig wies darauf hin, dass die Laufbahn des wendigen, gerade 1,78 Meter großen Offensivspielers einmal so viel Fahrt aufnehmen würde. Die 24 Tore, die er über zwei Spielzeiten in Meppen ablieferte, waren ein ansehnlicher Arbeitsnachweis – zum Geheimtipp für die Spitzenklubs reichte es nicht.

Gleich in seiner ersten Saison in Brüssel trug Undav indes mit 19 Treffern erheblich dazu bei, dass der bald 125 Jahre alte Traditionsverein (elf Meistertitel bis 1935) nach 48 Jahren in die belgische Eliteliga zurückkehren konnte. Dort sind inzwischen beide, Union wie Undav, plötzlich an der Spitze angelangt. Die aus vielen, oft unterklassigen Spielern zusammengestellte Mannschaft des Aufsteigers: Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung. Und Undav: Mit 16 Toren erfolgreichster Torschütze der Jupiler League.

Kein Wunder also, dass man in dem mit Charme gealterten Stade Joseph Marien, einer denkmalgeschützten Kampfbahn für 9000 Zeugen, nach 21 Spieltagen schon von internationalen Wettbewerben träumt – wenn nicht gar von der zwölften Meisterschaft. Hier genießt man es selbstredend, für den Moment der beste Brüsseler Verein zu sein. Ein Titel, den der innig abgelehnte RSC Anderlecht (derzeit Rang drei) in den vergangenen Jahrzehnten wie sein Eigentum verwaltete. In der Kabine hingegen sind solche Phantasien tabu. Gleich nach dem Ende der Winterpause in zwei Wochen treffen die Blau-Gelben nacheinander auf einige der besten Mannschaften zwischen Brügge und Genk. Dann muss sich erweisen, ob gute Synergien und eine extreme Lauf- und Kampfbereitschaft weiter gegen Teams mit höherer Qualität im Kader ausreichen.

Die Fähigkeit, das eigene Ego zurückzustellen und mehr als die Gegner zu laufen, zählt bei Union im Zweifel noch mehr als anderswo. Danach wählt der nordirische Sportdirektor Chris O’Loughlin seit Jahren die Neuerwerbungen aus – gestützt auf einer umfangreichen Datenbank, die auch mentale Qualitäten erfasst. Und danach selektiert der erfahrene Trainer Felice Mazzu Woche für Woche die Startelf. Beide wissen, dass die englischen Klubeigentümer Alex Muzio und Tony Bloom, der auch Eigentümer von Brighton & Hove Albion ist, fest hinter ihnen stehen. Die greifen auch schon mal tiefer in die Tasche, um versierte Spieler wie den englischen Innenverteidiger Christian Burgess (zuletzt Portsmouth) nach Lier zu locken – das ist die Kleinstadt südwestlich von Antwerpen, wo das Team mangels geeigneter Plätze in Brüssel trainiert.

„Ich glaube nicht, dass wir in dieser Saison jemals in der Laufstatistik geschlagen wurden“, begeisterte sich Burgess kürzlich über den Spirit im bunt gemischten Team gegenüber dem „Independent“. Das beginnt ganz vorn, wo Undav zusammen mit dem aus Genk abgeworbenen Dante Vanzeir eine enorm fleißige, bestens eingespielte Doppelspitze in der 3-5-2-Formation abgibt: „Da haben sich zwei gesucht und gefunden.“ Den Spaß, den das gerade bereitet, hört man schnell heraus, und weiter mag der deutsch-türkische Wanderarbeiter gar nicht denken: „Es ist alles schön im Moment, aber es kann so schnell gehen im Fußball.“ Nämlich auch in die andere Richtung.

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