Wissenschaft

#Auch Schimpansen-Weibchen kommen in die Wechseljahre

Die Menopause ist im Tierreich ein äußerst seltenes Phänomen. Nur wir Menschen und einige Walarten leben noch viele Jahre nach dem Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit, wie die Forschung bislang ergeben hat. Doch nun belegt eine neue Studie, dass auch weibliche Schimpansen einer Population in Uganda in die Wechseljahre kommen und rund 14 Jahre nach dem Ende ihrer Fortpflanzungsfähigkeit überleben können. Die Entdeckung liefert weitere Hinweise zur Evolution der Menopause und ihrem biologischen Zweck bei uns Menschen und anderen Säugetierarten.

Die überwiegende Mehrheit der Säugetiere bleibt bis zum Ende ihres Lebens fruchtbar. Wir Menschen und einige Zahnwalarten bilden jedoch eine Ausnahme: Wir kommen in die Wechseljahre. Bei uns Menschen tritt die Menopause meist zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. In dieser Zeit nehmen die Fortpflanzungshormone ab und die Eierstöcke stellen dauerhaft ihre Funktion ein, weil sie keine Eizellen mehr herstellen können. Wie und warum sich die Menopause nur bei einigen wenigen Arten entwickelt hat, ist jedoch bislang unklar. Die evolutionären Vorteile sind nicht offensichtlich. Nach einer gängigen Hypothese hat sich das Überleben nach den Wechseljahren bei uns Menschen entwickelt, damit Großmütter die Fortpflanzung ihrer Töchter fördern oder ihre Enkel mitaufziehen können. Diese Theorie ist jedoch nicht belegt.

Hinweise auf Menopause bei Schimpansen in Uganda

Ein Forschungsteam um Brian Wood von der University of California hat nun Hinweise darauf gefunden, dass auch Schimpansen-Weibchen in Uganda in die Menopause kommen. Die Wissenschaftler analysierten das Verhalten und die demografische Entwicklung von 185 Weibchen einer Ngogo-Gemeinschaft wildlebender Schimpansen im Kibale-Nationalpark über einen Zeitraum von 21 Jahren. Anhand dessen berechneten Wood und seine Kollegen eine Kennzahl, die als postreproduktive Repräsentation (PrR) bezeichnet wird. Diese Zahl gibt den durchschnittlichen Anteil der Lebenszeit an, während der sich erwachsene Tiere nicht mehr fortpflanzen können. Zudem untersuchten sie, welche Hormone im Urin von 66 Schimpansen-Weibchen im Alter zwischen 14 und 67 Jahren auftraten.

Die meisten Säugetiere, darunter auch andere Schimpansen-Populationen, weisen einen PrR-Wert nahe Null auf. Das heißt, sie kommen nicht in die Wechseljahre, sondern sind bis zum Tod fruchtbar. Die Ngogo-Schimpansen hatten jedoch einen PrR-Wert von rund 0,2, wie Wood und seine Kollegen entdeckten. Das bedeutet, dass die Weibchen im Durchschnitt 20 Prozent ihrer Erwachsenenjahre in einem Zustand leben, in dem sie sich nicht mehr fortpflanzen können, dem sogenannten postreproduktiven Zustand. In der Studie dauerte dieser im Schnitt rund 14 Jahre. Wir Menschen und einige Wale leben bis zu doppelt so lange nach der Menopause weiter – selbst ohne die Hilfe moderner Medizin. Bei den beobachteten Schimpansen nahm die Fruchtbarkeit wie bei uns Menschen etwa ab dem 30. Lebensjahr ab, circa ab dem 50. Lebensjahr traten keine Geburten mehr auf. 34 der 185 Weibchen wurden älter als 40 Jahre, 16 Schimpansinnen sogar älter als 50 Jahres.

Die Urinproben ergaben zudem je nach Alter der Schimpansen-Weibchen unterschiedliche Mengen von Fortpflanzungshormonen wie Gonadotropinen, Östrogenen und Gestagenen. Beim Übergang zum postreproduktiven Zustand veränderte sich deren Zusammensetzung: die Gonadotropine FSH und LH nahmen stark zu, die Östrogene Östradiol und Östron sowie das Gestagen Pregnandiol nahmen ab. Ähnliche hormonelle Veränderungen treten auch während der Menopause von uns Menschen auf: Einige Sexualhormone nehmen bei Frauen in den Wechseljahren ab (Östrogene und Gestagene), andere nehmen zu (FSH, LH). „Unsere Ergebnisse sind die erste Dokumentation einer wildlebenden nicht-menschlichen Primatenpopulation, die eine erhebliche und statistisch signifikante postreproduktive Repräsentation aufweist“, fasst Woods zusammen.

„Großmutter-Hypothese“ widerlegt?

Anders als bei uns Menschen beteiligten sich die älteren Schimpansen-Weibchen in Uganda jedoch nicht an der Aufzucht von Kindern, wenn sie sich selbst nichtmehr fortpflanzen konnten. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die „Großmutter-Hypothese“ bei diesen Menschenaffen nicht zutrifft. Allerdings leben erwachsene Schimpansen-Weibchen – anders als Männchen – in der Regel nicht mehr in derselben Population wie ihre Mütter. Dadurch können ältere Weibchen nicht direkt Einfluss auf die Fortpflanzung ihrer Töchter nehmen. Studien deuten zudem darauf hin, dass sie auch keinen Einfluss auf die Fortpflanzung ihrer Söhne nehmen. Die älteren Weibchen stehen stattdessen eher in Konkurrenz zu anderen, jüngeren Weibchen. Wood und seine Kollegen halten es daher für möglich, dass der Verlust der Reproduktionsfähigkeit auch dazu dienen könnte, diese Konkurrenzsituation aufzulösen.

Die evolutionäre Entwicklung der Wechseljahre könnte aber auch andere Gründe haben. Da Schimpansen zu unseren nächsten Verwandten zählen, könnte das Überleben nach der Menopause auch bei uns Menschen neben dem Großmutter-Effekt noch einen weiteren, bisher unbekannten Zweck erfüllen. Allerdings bleibt unklar, ob dies derselbe Zweck wie bei anderen Primaten ist und ob wirklich alle Schimpansen-Weibchen nach den Wechseljahren weiterleben. Falls dem so ist, wurde es bislang nirgendwo anderswo beobachtet – möglicherweise aufgrund negativer Einflüsse des Menschen wie Krankheitsepidemien, spekulieren die Forschenden.

Denkbar sei jedoch auch, dass die Ngogo-Schimpansen nur vorübergehend die Fähigkeit erworben haben, nach den Wechseljahren zu überleben, geben Wood und seine Kollegen zu bedenken. „Eine Erklärung für diese Diskrepanz ist, dass eine erhebliche PrR eine vorübergehende Reaktion auf ungewöhnlich günstige ökologische Bedingungen in Ngogo sein könnte, einschließlich eines geringen Raubtieraufkommens, einer hohen Nahrungsverfügbarkeit und eines erfolgreichen Wettbewerbs zwischen den Gruppen“, erklärt Woods.

„Die Studie beleuchtet die Entwicklung der Wechseljahre und wirft gleichzeitig Fragen dazu auf“, schreibt der Evolutionsbiologe Michael Cant von der University of Exeter in einem Kommentar zu der Studie. „Sie unterstreicht auch, wie wichtig schwierige Langzeit-Feldstudien sind, um das grundlegende Verständnis der menschlichen Biologie und des Verhaltens zu verändern.“

Quelle: Brian Wood (University of California) et al., Science, doi: 10.1126/science.add5473

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