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#Berlin hat sich mal wieder verhoben

Berlin hat sich mal wieder verhoben

Mit der Ankündigung ihres Rücktritts hat die Präsidentin der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin, Sabine Kunst, die beabsichtigte Wirkung erzielt: Die am 25. September in Kraft getretene Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes steht wieder zur Diskussion. Konkret geht es um die Entfristung für Postdoktoranden. Bisher konnte die Hochschule mit jungen Wissenschaftlern eine feste Stelle vereinbaren, wenn sie ihr Qualifikationsziel erreichen, nach dem neuen Hochschulgesetz muss sie es tun. Für eine solche Regelung fehlt Berlin allerdings die Gesetzgebungskompetenz.

Heike Schmoll

Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

Ähnlich wie beim Mietendeckel hat Berlin seine Möglichkeiten überspannt und ist aus Schaden offensichtlich nicht klug geworden. Das belegt eine Stellungnahme des Berliner Verfassungsrechtlers Matthias Ruffert, der den Entfristungsparagraphen 110 des Berliner Hochschulgesetzes für verfassungswidrig hält. Ruffert lehrt an der Juristischen Fakultät der HU Öffentliches Recht und Europarecht.

„Befristete Arbeitsverträge an Hochschulen sind bundesrechtlich im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geregelt“, heißt es in der Stellungnahme. Dessen Ziel war, „die Erneuerungsfähigkeit der an den Hochschulen betriebenen Lehre und Forschung sicherzustellen“. Würde jeder Postdoktorand fest angestellt, wäre die Erneuerungsfähigkeit in kürzester Zeit beendet, der Exzellenzstatus erheblich gefährdet. Die Anzahl der befristet beschäftigten Wissenschaftler liegt in Deutschland bei 180.000 – eine im internationalen Vergleich einmalige Zahl.

Beeinträchtigung des Bundesrechts

Durch den Vollzug einer „landesrechtlichen Regelung“ wäre die „Durchsetzung des Bundesrechts beeinträchtigt und dieses mindestens nicht mehr vollständig oder nur verändert“ anwendbar, argumentiert Ruffert. „Dem Land Berlin fehlt die Kompetenz“ für eine solche Regelung, weil sie den Sinn der bundesgesetzlichen Bestimmung konterkariere. Im Fall eines zulässigen Rechtsstreits vor dem Bundesverfassungsgericht hätte die Regelung keinen Bestand und würde für nichtig erklärt.

Das Grundgesetz ordnet die Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht dem Bund als Gegenstand der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung zu. In der Tat handelt es sich bei § 110 Abs. 6 Satz 2 BerlHG um eine arbeitsrechtliche, keine hochschulrechtliche Regelung. Das ergibt sich nicht zuletzt aus der Begründung im Gesetzgebungsverfahren, in der die „gute Arbeit“ im Mittelpunkt steht. Im Wesentlichen müssten dann diejenigen fest angestellt werden, die keinen auswärtigen Ruf bekommen.

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung entfällt die Landeskompetenz, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch macht (Sperrwirkung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es ein deutliches Anzeichen dafür, dass eine landesrechtliche Bestimmung einen Bereich betrifft, den der Bundesgesetzgeber bereits geregelt und damit die Sperrwirkung aktiviert hat, wenn die landesrechtliche Regelung die Durchsetzung des Bundesrechts beeinträchtigt und sein Regelungsziel allenfalls noch eingeschränkt erreicht werden kann. Nach dem neuen Berliner Hochschulgesetz könnte neues, sogar leistungsfähigeres Personal über Jahre nicht zur Qualifikation eingestellt werden.

Auf die Union kommt es an

Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht kann die Bundesregierung durch einen Kabinettsbeschluss, eine Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestags einreichen. Die ersten beiden Möglichkeiten scheiden aus, im Bundestag muss die Klage gegen das Hochschulgesetz die Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion finden. Der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus hat sie gegenüber Berliner CDU-Abgeordneten zugesagt. „Es ist bedauerlich, dass es ein weiteres Mal unserer Gerichte bedarf, um den rot-rot-grünen Senat in seine Schranken zu weisen“, beklagt der forschungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Adrian Grasse, gegenüber der F.A.Z. Den Versuch, die Novelle des Hochschulgesetzes im Eilverfahren durchs Parlament zu peitschen, habe seine Fraktion von Anfang an kritisiert. „Wissenschaftssenator Müller muss sich daher den Vorwurf gefallen lassen, fahrlässig den Ruf unseres Exzellenzstandortes aufs Spiel gesetzt zu haben“, so Grasse.

Der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller verhandelt gerade für die SPD in der Arbeitsgruppe Wissenschaft den Koalitionsvertrag der künftigen Ampelkoalition im Bund. Im Unterschied zur Normenkontrollklage zum Berliner Mietendeckel, von der Hunderttausende betroffen waren, könnte die Entscheidung über das Berliner Hochschulgesetz lange dauern, sofern sie nicht vom Bundesverfassungsgericht vorgezogen wird.

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