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#Tempel an die Börse

Tempel an die Börse

An Schanghais Uferpromenade sitzt eine Frau und spricht über Leben als Leiden. Dabei hätte es Kathy schlimmer treffen können. Sie ist Chinesin, 45, Bauunternehmerin, Teil des reichsten Zehntelprozents im Land. Materiell erstklassig versorgt, spirituell auf der Suche.

Beim letzten Treffen vor eineinhalb Jahren hatte sie in einer Ledercouch in der Kaminbar eines Londoner Designerhotels gelegen. Gewärmt von Feuer und Scotch, planten Kathy und ihr Mann, ein taiwanischer Investor, mit den eben erworbenen Namensrechten eines britischen Oberklasse-Internats den Angriff auf Chinas privaten Bildungsmarkt.

Nun sind die Grenzen geschlossen. Nun lädt sie zu weißem Schokoladenkuchen in Schanghai. Es gibt Tiramisu à la rose in dieser Teestunde am Samstagnachmittag. In Himbeeren gerollte Schokoladenlollis, Kirschblütenmilchpudding, geräucherten Lachs und einen eigens für chinesische Geschmäcker gekelterten Sekt von Moët Hennessy, der bei Zimmertemperatur getrunken werden kann. Weil das Gedeck mit dem beigelegten Logo eines Diamantenherstellers gereicht wird, ist der Preis „ermäßigt“, 399 Yuan, etwa 50 Euro. Roher, noch nicht gereifter Pu-Erh-Tee aus der südchinesischen Provinz Yunnan kostet pro Person 25 Euro extra.

Schwerreiche finden in Mönchen ihren Meister

Kathys Ehe ist schon wieder Geschichte, zuletzt war das Leben eher leer. Nun hat sich ein Weg aus dem Leid aufgetan, den Buddha gewiesen hat. Das im Schanghaier Kolonialstil gehaltene Café befindet sich in der Lobby des Wanda Reign, eines wegen seiner für eine halbe Milliarde Dollar errichteten Pracht sogenannten Sieben-Sterne-Hotels. In einem der oberen Stockwerke wartet ein Mönch.

„Mein Meister“, sagt Kathy. Nach ihrer Scheidung hat sie den Mönch auf einer Reise durch Yunnan in einem Kloster an den Ausläufern des Himalajas kennengelernt und ihn vor einer Woche samt Gehilfen einfliegen lassen, in der Business Class. Seitdem wohnen die Tibeter im Doppelzimmer mit Flussblick für 330 Euro die Nacht, Kathy zahlt.

Rolls-Royce sind in Schanghai keine Seltenheit.


Rolls-Royce sind in Schanghai keine Seltenheit.
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Bild: AFP

In einer Stadt, in der es nach jüngster Zählung mehr Milliardäre gibt als in New York und Straßenkehrer, die ein Rolls-Royce nicht mehr zum Staunen bringt, ist der eigene Buddha-Meister aus dem tibetischen Hochland ein letztes Statussymbol. Dass sich selbst die Sieger von Chinas Wettrennen um Wohlstand dem Glauben zuwenden, könnte aber auch die Suche einer verwirrten Supermacht nach ihrem inneren Kompass sein.

Das Vorbild durch ein einfaches Leben

Ihren Meister hatte Kathy eigentlich in eine Suite einquartieren wollen, doch der hatte abgelehnt, er wolle ein „einfaches Leben“. Der Meister sei so ehrwürdig, sagt die Schülerin, bewegt von der Bescheidenheit. Es drängt sie zum Fahrstuhl, den Meister den Freundinnen vorführen. Ihr Gast sitzt im Zimmer in rot-gelbem Gewand auf einem der beiden Betten, Beine gekreuzt und Augen geschlossen. Aus seinem Mund dringt die heilige Silbe Om.

Wer an China und Religion denkt, dem fallen vielleicht verfolgte Christen ein, die nur in illegalen Hauskirchen unbeobachtet Gottesdienst feiern können. Platz für einen anderen Glauben als das Geld bleibt zwischen den Mühlsteinen von leninistischem Machtapparat und real existierendem Turbokapitalismus kaum.

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